Marcus W. Mosen kommentiert Payment- oder Bankingthemen auf unterschiedlichen Portalen und erfreut seine Follower auf twitter (@mwmosen) mit pointierten Beiträgen zu Payment, Fintech oder Politik. Ab sofort finden Sie bei uns monatlich seine Gastkolumne „instant messages by…“ zum aktuellen Geschehen im Payment, Banking & Co.

Dirty Money in Zeiten von Corona

Wenn man als Payment-Nerd die (sozialen) Medien verfolgt, wird einem bewusst, daß man in einer Industrie arbeitet, in der es nie langweilig wird und beinahe jede News irgendwann mit dem bargeldlosen Bezahlen in Verbindung gebracht werden kann. Wie heißt es doch so schöne: „Money makes the world go round”. Selbst jetzt beim Coronavirus war es nur eine Frage von Stunden, bis die ersten Tweets mit der Frage auftauchten, ob Geldscheine nun gefährlich sind, da sie potenziell als „Überträger“ für Viren, Fäkalbakterien, Salmonellen und Co. fungieren können. Das fanden jedenfalls Wissenschaftler des Essener Uni-Klinikums heraus, die Fünf-Euro-Scheine dahingehend untersucht haben. Mir als Digital-Payment Fetischisten laufen kaum noch Fünf-Euro-Scheine über den Weg, denn „Bares“ ist für mich nicht „Wahres“. Vielleicht liegt meine Unterversorgung auch daran, dass die wenigsten Geldautomaten diesen Schein im Angebot haben…

Eine kurze Recherche im Internet bringt dann sehr schnell hochinteressante Erkenntnisse zutage. Um es vorwegzunehmen: Bargeld ist gefährlich – nicht nur für Geldwäscher! Die New Yorker Universität hat in einer lang angelegten wissenschaftlichen Untersuchung unter dem Namen „Dirty Money Project“ die Frage untersucht, ob Geldnoten als Medium für die Übertragung von Krankheiten dienen und ist dort zu der Erkenntnis gelangt, dass Papiergeld besonders anfällig für die Aufnahme von Bakterien ist. Die Untersuchung erfolgte weltweit, es ging also nicht nur um die bekannten 1- oder 2-Dollar Noten, die in den USA in unterschiedlicher Menge gerne als „Tipp“ Verwendung finden.

Es wurden auf jedem gebrauchten Schein sage und schreibe etwa 3.000 unterschiedliche Bakterien gefunden. Das lässt natürlich den Schluss zu, dass zumindest hunderte dieser Bakterien übertragen werden, wenn Geldscheine händisch den Besitzer wechseln. Und es ist dann auch nicht überraschend, dass die Keimbelastung mit dem Alter der Scheine zunimmt, u.a. auch deshalb, weil die Baumwollfasern immer rauer werden. Denn Papiergeld wird nicht aus Papier hergestellt, sondern aus Baumwolle, die wiederum auf Plantagen gepflückt wird, wo Kinderarbeit wahrscheinlich nicht ausgeschlossen werden kann. Aber das ist dann wieder ein anderes Thema!

Quelle: Marco Verch – https://www.flickr.com/photos/149561324@N03/38594886291

Interessanterweise ist Münzgeld sauberer! Denn Münzen aus Silber und Kupfer setzen Ionen frei, die Bakterien abtöten können. Die Anzahl der Keime ist dann reduzierter. Selbst Krankenhäuser verwenden für die Beschichtung ihrer Türklinken Kupfer. 1, 2 und 5-Cent-Münzen schneiden demnach im Hygiene-Vergleich besser ab, als ein 5-Euro-Schein. Wollte die EU Kommission nicht unlängst alle Kupfermünzen noch abschaffen? Was sagt denn die WHO dazu?

Da „frisches“ Papiergeld zumeist über Geldautomaten bezogen wird, führt dies automatisch zu der Frage, wie keimfrei das Pinpad eines Geldautomaten ist. Auch hier hat das Internet eine klare Meinung: Wer Geld aus dem Bankautomaten gezogen hat, sollte sich am besten sofort die Hände waschen. So berichtete es 2011 jedenfalls schon die Daily Mail. Demnach ist die Bakterienbelastung auf den Zahlenblöcken, also dort, wo wir den Pin eingeben, so massiv wie auf den Klobrillen öffentlicher Toiletten.

Und nun? Für jeden digitalen Paymentnerd ist die Antwort schnell parat: wir bezahlen alles mit Karte, kontaktlos, oder noch besser mit dem Smartphone. Und die ganz hippen machen das dann ausschließlich mit ApplePay. „Ba-Bing“ ist einfach die „cleanste“ Form des Bezahlens in diesen Tagen.

Und was lernen wir jetzt alle daraus? Bargeld gehört ab sofort in Quarantäne. Ebenso sollte bei Geldautomaten für eine Dauer von mindestens 10 Tagen der Stecker gezogen werden. Wenn schon jemand mit Bargeld unbedingt bezahlen möchte, soll er es bitte schön mit Kupfermünzen machen. Aber ob das dann wiederum den Bäckern und Metzgern gefällt, die sich trotzig der Kartenakzeptanz erwehren und fleißig Bons sammeln und dekorativ auf der Theke präsentieren, ist fraglich. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass in diesen Tagen und möglicherweise in den kommenden Wochen die Anzahl der Kartentransaktionen am POS zunehmen wird. Es sei denn, viele Konsumenten kommen selber unter Quarantäne, bzw. haben in den letzten Tagen bei einem Hamstereinkauf alle notwendigen Güter für die nächsten drei Monate eingekauft – und dies dann nur mit einer Transaktion bezahlt.

Egal wie es ausgeht, eines steht fest: „Dirty“ Money makes the world go round! Und wenn es dann noch in Form von Papier passiert, dann trägt es im Zweifel auch zur Weltumrundung von Bakterien und Viren bei. Dies sind alles gute Argumente für mehr Investitionen in die weitere Digitalisierung des allseits angeblich so beliebten Bargelds. Hoffen wir, dass die durch Corona ausgelöste Argumentationskette bald nicht mehr die relevanteste ist.

Zur Person Marcus W. Mosen

Dirty Money in Zeiten von Corona

Marcus W. Mosen, Babyboomer aus dem Spitzenjahr, kommentiert Payment- oder Bankingthemen u.a. bei Finanz-Szene.de und erfreut seine follower auf twitter (@mwmosen) mit pointierten Beiträgen zu Payment, Fintech oder Politik. Mosen hatte nach BWL-Studium in Koblenz und Birmingham seine ersten berufliche Stationen bei der Treuhandanstalt in Berlin und bei einem Telekommunikationsunternehmen in Düsseldorf. Seit 1999 hat er an verschiedenen Schaltstellen der deutschen und europäischen Paymentbranche die Entwicklungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs aktiv mitgestaltet.

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