Was ist der Status Disruptors vs. Incumbents auf dem Markt der Merchant Acquirer und Payment Service Provider? Wir blicken auf die größten Merchant Acquirer und PSPs in Deutschland und Europa. Doch zunächst ein Schritt zurück: Wenn wir ein wenig das Geschichtsbuch des FinTech-Business aufschlagen, so war das Payment-Segment die erste Produktkategorie von Banken und Sparkassen, die von externen Tech-Playern “herausgefordert” wurde. Vor 20 Jahren war das Thema Merchant Acquiring (Verträge für MasterCard/VISA Akzeptanz) ausschließlich in den Händen von Banken und Sparkassen. In den allermeisten Fällen war es getrennt von Payment Service Providern (PSP), die sich auf das Routing der Transaktionen zwischen Terminal und Acquirer beschränkten.

Grafik: Die größten Merchant Acquiring & PSPs in Deutschland und Europa

Im Laufe der Zeit gab es erst eine vertikale Integration. Acquirer übernahmen Payment Service Provider wie z.B. die B&S Card Services der Sparkassen Finanzgruppe, die Payone übernahm, oder Payment Service Provider übernahmen kleine Acquirer bzw.  beantragten eigene Acquiring-Lizenzen.

Die Konsolidierung des Acquiring- und PSP-Geschäfts in Deutschland

Irgendwann ging dann die Konsolidierung weiter und die neuen Payment-Player haben sich, oft getrieben durch Private Equity Player, zusammen geschlossen. 

Die wichtigsten deutschen Transaktionen in dem Bereich waren:

  1. Verkauf der Deutsche Bank-Tochter Easycash als PSP Marktführer an die kreditwirtschaftliche GZS (Gesellschaft für Zahlungsysteme), die dann an PE Warburg Pincus verkaufte und vom Terminalhersteller Ingenico geschluckt wurde, der schließlich von Worldline übernommen wurde.
  2. Verkauf der Payment-Tochter der Deutschen Telekom Telecash an First Data.
  3. Verkauf der Commerzbank-Tochter Montrada an Equens, heute Worldline
  4. Verkauf des Deutsche Bank Acquirers & PSPs Deutsche Card Services an Evo-Payments die heute an der New Yorker Börse gelistet sind
  5. Übernahme der kreditwirtschaftlichen Concardis durch PE Advent die diese, nach knapp einem Jahr, zusammen mit dem PE Bain Capital in die dänische Nets einbringen um alles später an Nexi zu verkaufen.
  6. Zusammenschluss der Sparkassen-Tochter BSPayone mit Ingenico mit der Sparkassen Finanzgruppe als Minderheitsgesellschafter, das später in Worldline aufgegangen ist
  7. Verkauf der Wirecard Plattform aus der Insolvenzmasse an die Tochter der Banco Santander Getnet/PagoNxt

Alt gegen neu im Acquiring- und PSP-Geschäft: Incumbents vs. Disruptors

Neben den drei größten verbliebenen Payment-Playern Worldline, Nexi und Santander PagoNxt, gibt es noch die zwei großen FinTech-Player Adyen und Stripe.

Beide sind nicht das Resultat einer Marktkonsolidierung, sondern beide sind recht junge Neugründungen. Adyen, gegründet 2006 legte 2018 den größten europäischen IPO hin. Ihnen glückte z.B. PayPal in der Zahlungsverarbeitung der ehemaligen Mutter eBay herauszudrängen, als diese sich für mehr Zahlverfahren öffnete.

Wir hatten im Jahr 2018 Adyen im Podcast #160 zu Gast (Payment auf Marktplätzen) und dieses Jahr die Deutschland-Country Managerin von Adyen Alexa von Bismark im AMA Podcast #35. 

Der andere große Innovator in dem Segment ist Stripe, ein Irisch/US-Amerikanisches GrownUp das erst 2009 in Palo Alto im Silicon Valley gegründet wurde und Payments viel stärker aus der Entwicklerperspektive über APIs gedacht hat. Stripe hatten wir 2018 im Podcast #164 zu Gast(Technik als USP) und kürzlich 2022 in unseren Podcast #366 (Wie Stripe mit einfachen Lösungen komplexe Probleme angeht).

Sowohl Adyen als auch Stripe haben die etablierten Payment-Incumbents, trotz deren länderübergreifenden Konsolidierung, längst links überholt.

Beide Challenger processen jeweils jährlich mehr als €500 Mrd. Paymentvolumen und beide wuchsen 2021 jeweils 70% im Vergleich zum Vorjahr, während die kleineren Player Nexi und Worldline jeweils nur knapp 11% im gleichen Zeitraum zulegten.

Der Vorsprung der Herausforderer im PSP- und Acquiring-Markt wird größer

Eigentlich erwartet man, dass Wachstum mit einer bestimmten Größe abnimmt. Hier wachsen aber die größten Anbieter stärker als die deutlich kleineren Wettbewerber. Das organische Wachstum der beiden Challenger zur Marktführerschaft geht also weiter und der Abstand zu den alteingesessenen Anbietern wird immer größer.

Es ist vermutlich nur noch eine Frage des “wann” und nicht mehr des “ob” es in einem der nächsten Jahre dazu kommt, dass jeweils Adyen und Stripe pro Jahr ein Paymentvolumen verarbeiten, das so groß ist wie Nexi, Worldline und PagoNxt zusammen, trotz deren anorganischen Übernahmen. 

Der Payment-Bereich wurde früh als erster Bereich im Banking durch neue innovative Anbieter und Fintechs herausgefordert. Wie stark aber das Ignorieren von Innovation durch die etablierten Incumbents die Marktanteile verschieben kann, ist vermutlich immer noch nicht ganz verstanden.

Unsere neue Infografik soll die Notwendigkeit sich und das Produkt immer neu zu erfinden nochmals verdeutlichen. Ansonsten drehen sich die Vorzeichen und auch in anderen Bereichen des Bankings werden aus den Innovatoren neue Incumbents, die dann den ehemaligen Incumbents die Revenuepools weggenommen haben.

UPDATE 25.05.22

Dank externem Feedback wurde noch die Telecash-Transaktion eingefügt, die vergessen wurde. Auch wurden wir nach den Zahlen selbst und dem Vorgehen der Herleitung der Zahlen gefragt. Die Zahlen stammen jeweils 1:1 aus den Investor Relations Berichten über das Jahr 2021 der jeweiligen Firmen und stellen das gesamte verarbeite Paymentvolumen dar. Also kombiniert Acquiring- und PSP-Volumen. Es gibt andere Infografiken, da stehen die Incumbents deutlich „besser“ dar, weil lediglich das Acquiring-Volumen verglichen wird oder lediglich stationäres Payment Volumen dargestellt wird oder nur nationale / regionale Zahlen verglichen werden.
Wir denken jedoch, dass Erfolg beim Kunden und im Markt gemessen wird am Anteil des gesamtem verarbeiteten Payment-Volumens und das sind die Zahlen oben. So gesehen ist Payment eigentlich recht trivial und transparent messbar wieviel Geld von A nach B verschoben wurde. Aber um besser zu erscheinen wird künstlich Komplexität erzeugt, die eigentlich unnötig ist. Das hatte eine insolvent gegangene Firma in München-Aschheim zur Perfektion getrieben… Ein eigentlich triviales Geschäftsmodell wie Payment-Processing so komplex zu berichten, dass Profis es nicht mehr verstanden haben.

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