Vor neun Jahren, im Sommer 2013, wollte es das Institut für sozialwissenschaftliche Analysen und Beratung (ISAB) genau wissen: Wie steht es um die finanzielle Bildung in Deutschland?
In Kooperation mit dem Institut für angewandte Datenanalyse befragten die Sozialforscher seinerzeit 4.973 Menschen ab 18 Jahren. Das Ergebnis war ernüchternd: Fast 30 Prozent sagten von sich selbst, sie fühlten sich nicht fit in Geldangelegenheiten. Und mehr als 49 Prozent sagten sogar, dass es für sie nicht lohne, sich mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen.
Doch seitdem ist viel Geld durch die Kassen geflossen. Wie steht es also anno 2022 um die finanzielle Bildung und damit auch um die finanzielle Teilhabe der Menschen in Deutschland? Und welche Rolle können Fintechs übernehmen, um den Zugang zu Bankdiensten zu erleichtern?
Mobiltechnologie bietet Möglichkeiten zur finanziellen Inklusion
Keine Frage: Der Aufstieg der Mobiltechnologie hat es neuen Marktteilnehmern im Finanzsektor ermöglicht, innovative Lösungen für diese Herausforderung anzubieten. Zahlreiche Unternehmen nutzen mobile Technologien, um unterversorgten Bevölkerungsgruppen kostengünstigere Produkte und Dienstleistungen anzubieten – vorwiegend in den Entwicklungsländern. Aber auch in Europa und in Deutschland wächst das Angebot.
Um Bildung im klassischen Sinne geht es der Initiative Financial Education Europe (FEE). Die gemeinnützige Organisation arbeitet mit Regierungen, Unternehmen und Projekten vor Ort zusammen, um das Verständnis der Menschen für Geld und den Umgang damit zu verbessern. Aus Deutschland ist beispielsweise Duygu Damar vom Institut für Finanzdienstleistungen eine wichtige Ansprechpartnerin. Die promovierte Juristin leitet derzeit ein Forschungsprojekt zur Altersdiskriminierung bei der Kreditvergabe in Hamburg.
Erst wenige Fintechs gehen das Thema an
Doch zur Theorie gesellt sich mehr und mehr auch handfeste Hilfe. Die App Fabit steht allen offen, die ihre finanziellen Gewohnheiten verbessern wollen. Ihre Kernzielgruppe sind verschuldete Verbraucher:innen der Generation X bis Z, die durchschnittlich 7.000 Euro Konsumschulden haben. Das Problemfeld geht jedoch weit über den schnöden Mammon hinaus. „47 Prozent der Menschen haben bereits Erfahrungen mit finanziellem Stress und dadurch ausgelösten physischen und psychischen Problemen“, erzählt Gründerin Susanne Krehl. Ein Drittel hat Angst davor Rechnungen nicht mehr zahlen oder lebensnotwendige Ausgaben leisten zu können aufgrund ihrer finanziellen Situation. Der Hauptgrund für die Schulden sind eine unwirtschaftliche Haushaltsführung und überbordender Konsum. Doch bislang sind Angebote von Fintechs, den Umgang mit Geld in der eigenen Praxis stetig zu verinnerlichen und positive finanzielle Gewohnheiten aufzubauen, rar.
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Versucht hat sich daran das Fintech Vantik – und scheiterte. Die Nutzer dieser App sollten beim Einkauf per Cashback für die Rente sparen können. Die Stimmung der Investoren kühlte jedoch in diesem Sommer ab, Finanzierungsrunden blieben erfolglos und Vantik musste aufgeben. Seine Kunden kommen jetzt zum digitalen Vermögensverwalter Evergreen. „Da wir keine Kreditkarte anbieten, sondern Vermögen für mittel- und langfristige Sparziele managen, müssen wir Abstriche bei der Conversion machen“, erläutert Evergreen-CEO Iven Kurz den Übernahmeprozess. „Auch interessierte Sparer:innen müssen von Evergreen überzeugt werden. Das ist natürlich kein Selbstläufer.“ Sie lassen sich aber fast überall finden, wenn man nur lange genug sucht, ist Benjamin Kaden, Leiter Asset Management bei Evergreen, überzeugt. „Wir versuchen allen Gesellschaftsschichten den Zugang zu Dienstleistungen der digitalen Vermögensverwaltung zu ermöglichen.“ Los geht es für die Nutzer schon ab einem Euro.
Und Evergreen setzt das Thema global auf. Über den hauseigenen Publikumsfonds soll Geld in einen Topf fließen, der Kreditvergaben in den Entwicklungsländern unterstützt. Finanzielle Bildung in Deutschland und finanzielle Inklusion in den Entwicklungsländern lassen sich also verknüpfen. Es wäre schade, würden Fintechs mit dieser Aufgabe allein gelassen.
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