Ein Gastbeitrag von Markus Bernhart (ready2order, CEO)
Kleine und mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In keiner anderen großen Wirtschaftsnation ist der Anteil dieser Unternehmensgruppe so groß. 2018 zählten rund 2,59 Millionen Unternehmen in Deutschland zu KMUs – das sind immerhin 99% aller Unternehmen. Laut eines Berichts des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wird jeder zweite Euro von KMUs erwirtschaftet. Zudem schaffen sie deutlich mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze: Das sind knapp 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Deutschland.
Verglichen mit der Bedeutung für die deutsche Wirtschaft überrascht das Angebot digitaler Lösungen für KMUs. Endverbraucher können dank Anbietern wie Revolut und N26 schon längst auf die Zukunft des Banking zugreifen – direkt über ihre Smartphones.
Wohingegen nur wenige moderne Business- and Payment-Lösungen für KMUs geschaffen werden, die in Sachen User Experience auf einem ähnlich innovativen Stand sind. Worauf Händler, Gastronomen und Dienstleister jetzt schon zurückgreifen können, sind POS- und Payment-Lösungen. Dadurch werden zahlreiche Unternehmensprozesse digitalisiert und alle wichtigen Finanzthemen von KMUs zusammengefasst:
Vom Kassieren und Abrechnen über die Buchführung bis hin zu Kundenbindungs- und Management-Programmen sowie dem Warenwirtschaftssystem. Smarte Kassensysteme in Verbindung mit Bankkonto, Kassenbuch und Payment-Gerät haben sogar das Potential, die Kreditvergabe für KMUs zu revolutionieren. Neben der naheliegendsten Form der Digitalisierung – dem Onlinevertrieb – gibt es vier wichtige Möglichkeiten der Digitalisierung für KMUs, die wir im Detail untersuchen möchten.
Corona befeuert Nachfrage nach kontaktlosen Bezahlmöglichkeiten – KMUs müssen reagieren
Die Corona-Krise hat das bargeldlose Bezahlen auch in Deutschland, das als Land der Bargeld Liebhaber gilt, kräftig angekurbelt. Laut einer Studie des EHI (Retail Institute e. V.) wird der Transaktionsanteil des Bargelds an den deutschen Einzelhandelskassen, infolge der Corona-Krise in diesem Jahr, um fünf Prozentpunkte zurückgehen. Die Corona-Krise hat jedoch nicht nur den Trend zu bargeldlosem Bezahlen beschleunigt, sondern gleich die Erwartung nach kontaktlosen Bezahlmöglichkeiten befeuert. Um sich vor dem Corona-Virus zu schützen, erwarten immer mehr Verbraucher im Geschäft oder Restaurant kontaktlos bezahlen zu können.
Laut einer Visa-Umfrage würden rund die Hälfte (49%) der Kunden in Deutschland zu einem Geschäft wechseln, das kontaklose Bezahlmöglichkeiten anbietet. 44% geben sogar an, dass sie gar nicht in einem Geschäft einkaufen würden, bei dem Kontakt zu einem Kassierer oder das Berühren von Geräten nötig sind. 38% finden, dass die Verwendung kontaktloser Zahlungsmethoden zu den wichtigsten Hygienemaßnahmen gehört, die von den Geschäften befolgt werden sollten. Bei dieser neuen Offenheit gegenüber kontaktlosen Bezahlmöglichkeiten handelt es sich nicht um einen kurzlebigen Trend, von dem wir uns nach Ende der Pandemie wieder verabschieden. Händler, Gastronomen und Dienstleister müssen in der Lage sein, die Zahlungsmöglichkeit zu akzeptieren, die ihre Kunden erwarten und ihr Kassensystem entsprechend umstellen oder ergänzen.
74% der Zeit von KMUs fallen auf Aufgaben, die nicht direkt auf die Entwicklung ihres Kerngeschäfts einzahlen. Ein großer Teil davon fällt unter das Thema Buchhaltung. Innovative Kassensysteme können helfen bei der korrekten und vollständigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle eines Unternehmens wertvolle Zeit zu sparen.
Außerdem wird sichergestellt, dass die Anforderungen des Gesetzgebers zu jedem Zeitpunkt erfüllt sind. Prozesse werden so optimiert, dass die Daten (zum Beispiel vom Tagesabschluss) automatisch an ein Buchhaltungsprogramm oder an den Steuerberater weitergeleitet werden. Auch auf eine unangemeldete Prüfung sind Händler, Gastronomen und Dienstleister bestens vorbereitet. Per Knopfdruck können alle für die Prüfung notwendigen Daten ausgewertet und vorgelegt werden.
Daten richtig nutzen, um Kunden besser zu verstehen
Ohne ein klares Verständnis vom Kaufverhalten der Kunden, riskieren Unternehmen Einblicke in vorhandenes Optimierungspotenzial zu verlieren und dadurch Umsatzeinbußen oder gar den Kaufabschluss. In der Regel besitzen KMUs viele Daten und Informationen über ihre Kunden. Die sind allerdings oft nicht zentral an einem Ort gespeichert. Die Herausforderung ist, diese Daten in eine zentrale Datenbank einfließen zu lassen, aufzubereiten und zu analysieren. Digitale Tools können KMUs dabei helfen, ihre Kunden besser zu verstehen, Trends zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Mit innovativen Reporting- und Analysetools können Unternehmer ihr Geschäft besser verstehen sowie Bestseller und leistungsstarkes Personal identifizieren. Wichtige Einblicke in die Geschäftsentwicklung helfen dabei, die richtigen Entscheidungen bei den Themen Sortimentsänderungen und Personaleinsatzplanung zu treffen – vor Ort auf dem iPad, im Büro am Computer oder unterwegs auf dem Smartphone. Die neuesten Kassensysteme digitalisieren auch das Lagerbestandsmanagement: Abverkäufe können zum Beispiel ins Lager übermittelt werden, um Geschäfte schnellstmöglich nachbeliefern zu können.
Kreditvergabe automatisieren
Vor allem kleine Unternehmen verfügen oft nicht über genügend Kapazitäten, um sich aller betrieblichen Angelegenheiten gleichermaßen anzunehmen. Vieles wird noch manuell erledigt oder oftmals vor sich hergeschoben. Wir haben gezeigt, wie cloud-basierte Payment- und POS-Lösungen Workflows im Unternehmen optimieren können. Dieser Sprung in die Digitalisierung ermöglicht es Unternehmen, sich wieder voll auf ihr Kerngeschäft fokussieren zu können.
„Kleine Unternehmen verfügen oft nicht über genügend Kapazitäten, um sich aller betrieblichen Angelegenheiten gleichermaßen anzunehmen.“
Doch wie könnten Business Management Lösungen für KMUs in der Zukunft aussehen? Die Vision ist eine Plattform, die Kassensystem, Bankkonto, Kassenbuch und Payment-Gerät verbindet. Dort fließen alle relevanten Cashflow-Daten zusammen – das ermöglicht zum Beispiel eine realistische Evaluierung der Kreditwürdigkeit eines KMUs in Echtzeit. Durch Banken erstellte Bonitäts-Rankings geben nämlich nicht den tatsächlich Cashflow-Stand wieder, da sie auf Transaktionen auf den Bankkonten beruhen, aber zum Beispiel nicht den aktuellen Stand von Bar-Transaktionen abbilden. In Zukunft könnte das System sogar automatisch erkennen, wann Nutzer Kredite benötigen und diese dann proaktiv anbieten. Im Consumer-Bereich ist das schon längst Gang und Gäbe, zum Beispiel beim Online-Kauf auf Raten.