Wer sind die GAFAs im Corporate Banking?

Wer sind die GAFAs im Corporate Banking?

Immer wieder werden im Retail Banking die sogenannten GAFAs – also Google, Apple, Facebook und Amazon – als die möglichen neuen Player im Banking und Payment angeführt.

Ihre digitale Macht und die immer wieder beschriebene Alltagsrelevanz sowie die strenge Kundenbedürfnisbefriedigung scheint sie zu nahezu allem zu befähigen.

Aber wie sieht es im Corporate Banking aus?

Auf der #BEX20 gab es im Corporate Banking Panel, moderiert von Jochen, eine gute Diskussion über “wie digital ist Corporate Banking”? In dieser Diskussion, an der auch Rafael teilnahm, kam mir die Frage, ob einer der GAFAs auch diesen Bereich bedroht oder sind die GAFAs in diesem Bereich andere Player? Brauchen wir möglicherweise eine andere Abkürzung aus den Playern, welche die größte Relevanz im Alltag für große und größere Unternehmen haben?

Aber wer oder was könnte dies sein? Welche Systeme und Tools sind hier vergleichbar mit denen der GAFAs aus der Retail-Welt?
Wenn ich darüber nachdenke fallen mir vor allem CRM (Oracle, Salesforce etc.), ERP (SAP, Microsoft etc.) und sogenannte TMS (TIS, Kyriba etc) Systeme ein, da diese Systeme sich in den letzten Jahren mehr und mehr zur Alltagsschaltzentrale von Unternehmen – bzw. von deren Mitarbeitern – gewandelt haben.

Wer sind die GAFAs im Corporate Banking?

Sind also die SAPs, Oracles, Kyribas und Salesforces die GAFA der Corporate Welt? Haben wir also neben GAFA ab jetzt sowas wie SOKS?

Was meint das Team?

Jochen Siegert

Klar gibt es die GAFA-Kandidaten im Corporate Banking und das schon lange! Aber es gibt auch die Möchtegern-GAFAs, die eher auf dem absteigenden Ast sind analog eBay oder yahoo. Was macht denn die GAFAs aus? Starke Alltagsrelevanz, enge Bindung an den Kunden und irgendwann kaum einholbare, starke Plattform-/Netzwerkeffekte, die zu extrem erfolgreichen branchenübergreifenden Bundles führen. Da sind aus meiner Sicht zum einen die ERP-Anbieter wie SAP und Oracle sehr gut positioniert mit ihrer hohen Alltagsrelevanz/Abhängigkeit über sämtliche Prozesse des Unternehmens.

Sie sind auch schon längst in eine GAFA-Expansionsstrategie der Integration in andere Services übergegangen. Da gibt es zum anderen die wichtigen Softwaretool-Anbieter wie Microsoft und Salesforce. Last but not least die B2B-Marktplätze wie Ariba (jetzt SAP), Tradeshift, Coupa und Co. Genauso wie früher bei GAFA auch, fehlt noch die eindeutige Konzentration auf die ultimativen Champions → z.B. Amazon als DER globale Marktplatz und nicht eBay. Wer von den B2B-GAFA-Kandidaten zu den eigentlichen GAFAs wird, entscheidet sich aus meiner Sicht in den kommenden 5-10 Jahren!

Wer sind die GAFAs im Corporate Banking?

Treasury Software Management (TMS) Anbieter gehören für mich zu den überschätzten und Möchtegern-B2B-GAFAs. Wie Banking-Apps bei Endkunden haben sie zwar eine hohe Alltagsrelevanz, machen ihren Nischen-Job aber nur “OK” und sind darüber hinaus gefangen in ihrer eigenen Historie und Fragmentierung.

Bei Banking-Apps liegt auch auf der Hand, dass Apple & Google das Segment mal “endlich ordentlich” disrupten. Gleiches sehe ich als deutlich realistischere Gefahr im TMS-Segment durch die ERP-Systeme.

Zusammengefasst: Wir sind bei den potenziellen B2B-GAFAs in einer Situation wie bei den GAFAs Ende der 00er Jahre: Einige Champions (SAP inkl. Ariba, Microsoft, Salesforce, Oracle) haben sich schon heraus-kristallisiert, aber die starken Netzwerkeffekte haben noch nicht gegriffen. Was bedeutet das für Banking? Corporate Banken sollten vom fahrlässigen unterlassenen Handeln und der z.T. damaligen überheblichen Ignoranz ihrer Retailbanking-Kollegen lernen und JETZT schnell und smart agieren. Sonst gibts Paypal, Apple Pay, Google Pay, Amazon Pay & Credit etc. auch im Corporate Banking. Erste Achtungserfolge und zarte Pflänzchen im B2B-Payment, FX, -Lending, Supply Chain Financing gibt es schon längst!

Kilian Thalhammer

Ich denke, man muss sich erstmal bewusst werden was die “GAFAS” so ausmacht – Technologie getriebene Geschäftsmodelle, Netzwerkeffekte/“Marktplätze”, Daten als Grundlage von allem und über allem sowie “das Besetzen der Kundenschnittstelle”. Und v.a. ein durch und durch globaler Approach. Wird es das 1:1 im Corporate Banking geben – ich glaube nein. Auch muss man sehen, dass die “GAFA’s” im Bereich des normalen Banking eine spezielle Rolle spielen – sie sind nur bedingt “Teil der Party”. Angst haben trotzdem alle. Transportieren wir die Ansätze in die Corporate Welt (im Tier 1 Bereich) sehen wir folgende Bereiche:

  1. Kundenschnittstelle – hier die Frage “Was genau ist die Kundenschnittstelle?” – das Accounting System/ERP/Treasury oder doch das Banking – kaum einer denkt hier “In der Breite” – eher die Tiefe – aber besetzt ist sie von SAP & Konsorten.
  2. Daten – in Nischen Use Cases vorhanden – aber noch keine elementare Grundlage – darüber könnte man Zugang bekommen.
  3. Technologie – Legacy – aber es scheint kein “Problem” zu sein – sehe hier auch keinen direkten Differentiator.


Ganz anders stehen wir im SMB Bereich da – dieser – viel näher am B2C Space wird schon jetzt viel von den “alten GAFAs” beherrscht – dort funktionieren Mechanismen wie wir sie schon kennen.

Versuche von SAP et al dort Fuß zu fassen scheiterten bis dato – auch vermute ich, dass “nischige” SMB Banking Ansätze irgendwann wieder im “normalen Banking” aufgehen – ein Plattform Play ist hier möglich aber da sehe ich eher jemand wie Shopify.
Viel interessanter wäre die Frage – wie stellen sich Apple / Google /PayPal im B2B Payment auf? Da sehe ich noch kaum stringente Strategien – immer noch ein “ungeknackte Nuss” und Domäne der Banking Incumbents.

„Viel interessanter wäre die Frage: Wie stellen sich Apple/Google/PayPal im B2B Payment auf?“

Fazit

Hier scheint gerade etwas in Gang zu kommen was in seinen Ausmaßen vielleicht größer ist, als die Entwicklungen die wir im Retail Business gesehen haben. Die Player die eine neue, andere Relevanz im Banking bekommen können, sind auch hier keine Neuen, sondern haben sich in den meisten Unternehmen bereits breit gemacht. Mehr noch als im Retail scheint hier der richtige Kontext für Banking und Payment entscheidend.

Das Thema wird uns sicher weiter beschäftigen und ich frage mich gerade zudem, wer eine mögliche White-Label-Bank oder ein Corporate-Banking-Service-Provider wird? Das dann in einem nächsten Artikel.

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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