Frankreich, das ist nicht nur guter Wein und Baguette, eine traumhafte Mittelmeerküste und Pret-a-porter, sondern auch das Land vieler digitaler Einhörner. Paris gilt als das Zentrum der dortigen Startup-Szene. Etwa die Hälfte der rund 10.000 französischen Start-ups sind im Großraum rund um die Hauptstadt aktiv. 

Hinter dem Erfolg der Start-ups der Grand Nation steckt neben unternehmerischem Geist auch politischer Wille und die Unterstützung seitens Präsidenten Macron. So stellte die französische Regierung zuletzt einen 2,3 Mrd. Euro schweren Investitionsplan vor, welcher innovative junge Unternehmen zunächst aus der Industrie helfen soll. Doch der Schwung und der politische Wille zum Wachstum scheint auch andere Digitalunternehmen und Fintechs zu beflügeln. 

Französische Fintechs auf dem Vormarsch

Und so wird auch die Zahl der französischen Fintechs, die nach Deutschland kommen und hierzulande eine Dependance eröffnen, um die hiesigen Mitbewerber anzugreifen, immer länger – und der Druck größer. Denn auch Tech-Investoren haben das Potenzial der französischen Fintechs erkannt. „Bravo an Rodolphe Ardant und sein gesamtes Team“, schrieb Emmanuel Macron im Januar auf LinkedIn, nachdem der Gründer mit seinem Start-up Spendesk gerade die Milliardenbewertung erreicht hatte.

Finary

Zuletzt konnte sich das französische Fintech Finary den erfolgreichen Abschluss einer Serie-A-Finanzierung in Höhe von 8 Mio. Euro melden. Die Runde führen Speedinvest und Y Combinator an. Ursprünglich wurde Finary mit dem Ziel gegründet, über eine Plattform Vermögenswerte lückenlos zu erfassen. Inzwischen richtet sich die Firma stärker auf das Geschäftsfeld Private Banking aus. Mit den frischen Finanzmitteln will das Fintech offenbar auch auf den deutschen Markt expandieren.

Qonto

Anfang des Jahres hatte Qonto insgesamt 486 Millionen Euro eingesammelt. Davon sollen über 100 Mio. Euro in den deutschen Markt investiert werden. Die Bewertung stieg mit der abgeschlossenen Series-D auf 4,4 Mrd. Euro – und Qonto damit in den Olymp der Einhörner auf. In Frankreich bereits erfolgreich, startete Qonto hierzulande Anfang 2020. Die Neo-Bank bietet ein Angebot für kleine und mittlere Unternehmen an. Mit dem aktuellen Funding im Rücken ist das Ziel auch für Deutschland klar: Man wollte das starke Wachstum auch im Jahr 2022 fortsetzen und noch stärker die Marktführerschaft etablieren, so Country Manager Torben Rabe gegenüber Payment and Banking. Laut Unternehmensziel sollen 75 Prozent der Neukunden von außerhalb Frankreichs kommen. Deutschland soll hiervon einen signifikanten Teil einnehmen. Das Fintech wurde 2016 mit Sitz in Paris gegründet, seit 2019 ist Qonto in Spanien, Deutschland und Italien aktiv. 

Spendesk 

Anfang 2022 stiegt auch das 2016 gegründete Pariser Fintech Spendesk in die Riege der Unternehmen auf, die mit mehr als 1 Milliarde Euro bewertet werden. Nach einer Erweiterung der Series-C-Runde sammelte Spendesk zusätzliche 100 Millionen Euro ein. Das französische Fintech-Unternehmen verzeichnete während der Pandemie ein starkes Wachstum: Eigenen Angaben nach verdoppelte es jedes Jahr seinen Umsatz und Kunden sollen 2021 über Plattform Ausgaben in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro getätigt haben. Auf Deutschland entfallen rund 30 Prozent des Umsatzes. Spendesk kombiniert Karten, Spesenmanagement und Rechnungsverwaltung mit Genehmigungen, Budgets, digitaler Buchhaltung und Reporting in einer einzigen Plattform. Eigenen Angaben nach wird die Komplettlösung von mehr als 3.500 Finanzteams verwendet.  

Swan

Nicht anders zu erwarten, gründete Nicolas Saison das Fintech Swan 2019 ebenfalls in der französischen Hauptstadt. Das Fintech arbeitet mit anderen SaaS-Anbietern und Fintechs zusammen und bietet ihnen White-Label-Lösungen für das Banking an. Dazu gehört unter anderem eine Bankkarte mit Konto, das sich innerhalb von kurzer Zeit in eigenen Lösungen integrieren lässt. Bestandsinvestoren beteiligten sich ebenfalls an dieser Runde. Mit dem frischen Kapital in Höhe von 18,7 Mio. Dollar aus einer Series-A Runde will das Unternehmen nun sehr zeitnah auch in Deutschland starten. 

Agicap

Nicht in Paris, sondern in Lyon, ging 2016 das Fintech Agicap an den Start. Seit Ende 2020 sind die Franzosen auch mit einem Büro in Berlin vertreten. Der hiesige Markt soll mit dem aktuellen Funding aus einer Series-B in Höhe von 82 Mio. Euro das Zugpferd des Unternehmens werden. Agicap wird mit 500 Mio. Euro bewertet. Das Fintech bietet KMUs ein Cashflow Management-Produkt im Abo-Modell an, mit dessen Hilfe die Unternehmen ihre Finanzen in Echtzeit im Blick haben können. 

Lydia 

Lydia versteht sich selbst als „Super-App“ für mobile Finanzdienstleistungen. Nach eigenen Angaben nutzen in Frankreich über ein Drittel der französischen 18- bis 35-Jährigen (5,5, Mio.) die App. Zum Funktionsumfang gehört unter anderem Giro- und Gemeinschaftskonten, Expresskredite, Sofortüberweisungen oder mobile Zahlungen. Lydia wurde 2013 gegründet und hat seitdem mehr als 160 Mio. US-Dollar von Investoren wie etwa Tencent oder Accel eingesammelt. Mit der Einbindung der  White Label Lösung des österreichischen Fintech Bitpanda ist Lydia eine erste Kooperation aus der Region DACH gelungen. Die Zusammenarbeit ermöglicht es Fintechs und traditionellen Banken, ihren Kunden rund um die Uhr Zugang zu Investitionen zu gewähren.  

Luko

Mit der Übernahme des in Berlin ansässigen Coya und dessen Versicherungslizenz hat sich das 2016 in Paris gegründete Insurtech Luko den Eintritt auf dem deutschen Markt gesichert. Mit der Lizenz will Luko künftig in Deutschland, Frankreich und Spanien auch selbst als Versicherer auftreten. Bislang entwickelten die Franzosen Policen rund ums Wohnen, bei denen andere Versicherungen die Risikoträger waren. Der französische Player Luko sammelte Ende 2020 50 Millionen Euro ein und hat seinen Hauptsitz in Paris.

Pennylane 

Erst 2020 gegründet, ist das französische Fintech Pennylane mit Sitz in Paris auf Wachstumskurs. Zuletzt sammelten die Franzosen Kapital in Höhe von 50 Mio. Euro. Die Firma will zum führenden Finanz-Betriebssystem für KMU in Europa werden. Aktuell arbeiten 180 Mitarbeitende an dieser Mission, um Unternehmen Werkzeuge zu Verwaltung ihrer Finanzen, Buchhaltung und Zusammenarbeit mit Steuerberatungsunternehmen anzubieten. Die frischen Mittel will Pennylane in erster Linie für den Personalausbau verwenden. Für das kommende Jahr ist dann die Expansion nach Spanien und Deutschland geplant.

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