Komplexität des grenzüberschreitenden Handels hemmt das Wachstum

Gesichter Marcos Raiser do Ó

Seit seiner Gründung im Jahr 2010 treibt Stripe die Entwicklung und das Wachstum der Online-Wirtschaft massiv voran und unterstützt mit seiner Softwarelösung die Zahlungsabwicklung und das Erschließen neuer Geschäftsfelder. Nach dem 500 Mio. Euro Funding aus der Series H im Frühjahr letzten Jahres ist das Unternehmen nicht nur personell weiter gewachsen, sondern viele weitere Kooperationen und Business-Lösungen auf den Markt gebracht.

Wir sprechen mit Marcos Raiser do Ó, Leiter der Geschäfte in der Region DACH sowie Zentral- und Osteuropa, über die Herausforderungen für den exportstarken deutschen Markt, über die Verantwortung von der Finanzdienstleistern beim Klimaschutz und über Trend-Themen wie Embedded Finance.

Stripe ist Sponsor der Payment Exchange am 31.3. und 1.4.22 unter dem Motto „Le Cirque de payer“.

Bei Stripe ist viel los gewesen im letzten Jahr. Verliert man da selbst als Head of DACH nicht langsam den Überblick?

Den Überblick habe ich nicht verloren, aber es stimmt. Letztes Jahr ist wirklich einiges passiert und Stripe hat sich nicht nur in Deutschland sehr gut entwickelt. Ein paar Beispiele: Seit November können nun auch deutsche Nutzer mit Stripe Terminal Zahlungen entgegennehmen. Die sogenannte Creator Economy hat sich 2021 außerdem stark weiterentwickelt. Stripe unterstützt jetzt zum Beispiel Twitters neue Funktion „Ticketed Spaces“, aber auch Plattformen wie Substack, Clubhouse, Patreon, Spotify und TikTok. Mit Payment Links haben wir eine No-Code-Lösung auf den Markt gebracht. Seit unserer Series H sind wir natürlich auch personell gewachsen. Und nicht zuletzt sind wir mit Stripe Climate zum weltweit größten Abnehmer von Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre geworden.

Was war für das deutsche Team im vergangenen Jahr die größte Herausforderung? Welche Themen, die Stripe global umsetzt, sind besonders auch für den deutschen Markt relevant?

Wie in ganz Europa beschäftigen wir uns auch in Deutschland sehr ausgiebig mit dem Digitalen Binnenmarkt der EU. Die Komplexitäten des grenzüberschreitenden Handels sind auch innerhalb Europas für viele Unternehmen ein echtes Hemmnis für Wachstum. Das geht mit den Komplexitäten der Mehrwertsteuersätze los und endet keineswegs bei Währungsumrechnungen außerhalb des Euroraums. Das alles können die wenigsten Online-Unternehmen ganz alleine lösen. Deshalb haben wir im vergangenen Jahr Stripe Tax gelauncht, eine Lösung, die es Unternehmen weltweit ermöglicht, automatisch die Mehrwertsteuer in über 30 Ländern zu berechnen und zu erheben.

Stripe Tax wurde vollständig in Europa entwickelt, nämlich von unserem Team in Dublin. Das ist höchst relevant für Europa und insbesondere auch für den bekanntlich sehr exportstarken deutschen Markt. Besonders relevant finde ich außerdem Terminal, unseren Service für Online-Unternehmen, die auch am POS Zahlungen annehmen wollen. Terminal ist übrigens gerade für Plattformunternehmen interessant, und da kommt dann wiederum Stripe Connect ins Spiel, unsere Lösung für Marktplätze und Plattformen. Die Plattformisierung der Internet-Wirtschaft schreitet voran, und auch in Deutschland planen viele Unternehmen, Online-Plattformen zu starten – bis weit in den deutschen Mittelstand hinein.

Wie lange werden wir BNPL noch als eines der Themen der Branche feiern – in Deutschland ist der Ratenkauf ja schließlich ein alter Hut …

Es stimmt schon, dass Ratenkauf in Deutschland seit langer Zeit verankert ist – in anderen Ländern allerdings weniger. International gibt es einigen Diskussions- und Klärungsbedarf zu BNPL, nicht zuletzt auch um Fragen der Regulierung und des Konsumentenschutzes. Diese Diskussion sollte auch ganz sicherlich geführt werden. Klar ist: Konsumenten wünschen sich diese Zahlungsoption, und auch für Händler ist sie interessant.

Stößt deiner Meinung nach der E-Commerce an seine Grenzen?

Wenn man sich die gesamte weltweite Wirtschaftsleistung anschaut, werden immer noch erst wenige Prozentpunkte davon wirklich online erbracht. Wir sehen keinen Grund, warum dieser Prozentsatz in der Zukunft nicht viel höher liegen könnte – warum nicht bei 50, 60 oder 70 Prozent? Das Internetzeitalter hat aus unserer Sicht eben erst begonnen, man sollte sich da nicht täuschen. Auch die Corona-Pandemie hat ja gezeigt, wie viel zusätzliche Wirtschaftsaktivität plötzlich online stattfinden kann. Immer mehr Unternehmen, die bisher eher offline aktiv waren, setzen sich heute mit der Frage auseinander, wie ihr Erfolg im Internet aussehen könnte. Und gleichzeitig gibt es auch die umgekehrte Entwicklung: Online-Unternehmen eröffnen Showrooms und Geschäfte in der wirklichen Welt. Für solche Unternehmen ist dann Stripe Terminal eine mögliche Lösung.

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Ende 2020 startete unter anderem das Produkt Stripe Climate. Warum und wie sehr können Unternehmen der Finanzindustrie Vorreiter und Aufklärer in Sachen Klimaschutz sein? Und sollten sie das auch?

Beim Thema Klimaschutz sehe ich uns alle in der Verantwortung: Politik, Unternehmen und auch jeden Einzelnen. Nur wenn wir alle zusammenarbeiten, können wir das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen. Alles andere möchte man sich gar nicht ausmalen! Mit Stripe Climate haben wir ein Produkt, das uns ermöglicht, zusammen mit unseren Nutzern einen wirklichen Beitrag zu leisten, CO2 aktiv aus der Atmosphäre zu entnehmen. Unser Ziel ist es, mit unseren Investitionen einen Markt für die Kohlenstoffentnahme zu entwickeln. Die Schaffung und Entwicklung von neuen Märkten und Geschäftsmodellen ist dann wieder sehr nah dran an unserer Kerntätigkeit. Erst im Dezember haben wir neue Investitionen bekannt gegeben, und dies war schon die dritte Runde in den letzten anderthalb Jahren, mit der Stripe Climate einen Beitrag zur Kohlenstoffentnahme aus der Atmosphäre leistet. Gemeinsam mit unseren Kunden möchten wir dazu beitragen, den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter zu beschleunigen.

An anderer Stelle hast du schon einmal gesagt, dass für dich Embedded Finance das Thema der Stunde ist. Woraus speist sich deine Begeisterung und wer wird deiner Meinung nach Gewinner bzw. Verlierer sein?

Ich sehe Embedded Finance als ein notwendiges Zukunftsthema und definitiv eines der spannendsten dieses Jahr. Embedded Finance ermöglicht Unternehmen aller Branchen, die eigentlich keine Finanzprodukte im Angebot haben, eigene Kreditkarten, Kontoverwaltung oder andere Finanzdienstleistungen anzubieten, um etwa die Kundenbindung zu erhöhen. Jedes Online-Unternehmen kann gewissermaßen ein Fintech werden. Die neuen Ideen und die Nachfrage in diesem Bereich wachsen gerade enorm, da sich für Unternehmen ganz neue Geschäftsfelder erschließen lassen.

Stripe und Embedded Finance – was ist hier 2022 zu erwarten?

Mit Stripe Issuing bieten wir ja bereits eine Lösung an, die es Unternehmen ermöglicht, eigene physische oder virtuelle Kreditkarten auszugeben. Das funktioniert in Sekunden. Unsere Kunden setzen Issuing zum Beispiel schon bei Lieferungen, beim Reisemanagement und beim Ausgabenmanagement ein. International haben wir außerdem andere Banking-as-a-service-Produkte wie Stripe Treasury im Angebot; diese werden wir mit der Zeit natürlich auch in Deutschland ausrollen, auch wenn wir noch keinen konkreten Termin nennen können. 

Worauf liegt global bzw. in der Region DACH bei Stripe der Fokus 2022?

Schon heute unterstützt Stripe viele der größten und ambitioniertesten Unternehmen der Welt. Wir wollen weiter global expandieren und in immer mehr Märkten verfügbar sein. Außerdem möchten wir Partnerschaften ausbauen. Denn die sehen wir als Schlüssel zum Erfolg. So freuen wir uns auch besonders, kürzlich dem Bitkom beigetreten zu sein. Hier und an vielen anderen Stellen setzen wir uns für wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritt ein.

Danke an die Sponsoren der Payment Exchange 2022!

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Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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