Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichte Mitte Juni 2021 ein Entwurfsschreiben zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von Token. Behandelt werden in dem Entwurf Veräußerungen, Mining, Forks, Initial Coin Offerings (ICO’s), Staking, Lending und Airdrops. Doch nach wie vor lässt die finale Version des BMF-Schreibens zur Besteuerung von Kryptowährungen auf sich warten.

Zwischenzeitlich ist ein Urteil des FG Baden-Württemberg, ebenfalls vom Juni 2021, veröffentlicht worden. Es hat den Gewinn aus dem privaten Verkauf von Kryptowährungen innerhalb eines Jahres für als sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerpflichtig erklärt. Das Urteil bewegt sich damit auf der Linie des Entwurfs des BMF-Schreibens. Zumindest eine gewisse Gewissheit zur steuerlichen Behandlung des Handels mit Kryptowährungen dürfte zumindest bis auf Weiteres gegeben sein.

Kryptowährungseinheiten gelten als Wirtschaftsgüter

Der Kläger hatte im genannten Fall damit argumentiert, dass Kryptowährungseinheiten keine Wirtschaftsgüter seien. Das BMF als auch das Gericht stuften indes Kryptowährungseinheiten als sonstige Wirtschaftsgüter ein, deren Veräußerung (im Privatvermögen) innerhalb eines Jahres (Spekulationsfrist) zu steuerpflichtigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften führt.

Wurden mit veräußerten Kryptowährungseinheiten Einkünfte erzielt, unter anderem durch Lending oder Staking, verlängert sich die Spekulationsfrist auf zehn Jahre. Dies ist bedauerlich, da diese Vorschrift aufgrund von Steuersparmodellen mit beweglichen Wirtschaftsgütern, für die Abschreibungen für Abnutzung (AfA) geltend gemacht werden konnten, geschaffen wurde. Der Gesetzeswortlaut ist allerdings eindeutig und insoweit mit einer Änderung des BMF-Schreibens nicht zu rechnen. Hier sollte schnellstmöglich vom Gesetzgeber Abhilfe geschaffen und eine (Rück-)Ausnahme für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter hinzugefügt werden.

Gewerbliche und sonstige Einkünfte durch Mining, Handel, Staking und Lending

Beim Mining wird die Gewerblichkeit vermutet. Soweit die Vermutung nicht widerlegt werden kann, erzielt der Steuerpflichtige insoweit gewerbliche Einkünfte.

Auch durch den Handel mit Kryptowährungen können gewerbliche Einkünfte (statt Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften) erzielt werden, wenn die Schwelle zur Gewerblichkeit überschritten wird. Anders als beim Mining wird dies aber nicht grundsätzlich vermutet.

Staking und Lending führen grundsätzlich zu steuerpflichtigen sonstigen Einkünften. Kann beim Mining die Vermutung der Gewerblichkeit widerlegt werden, sind die Erträge ebenfalls als sonstige Einkünfte steuerpflichtig. Sie lösen aber keine Gewerbesteuer aus.

Status Quo: Besteuerungssystem für Kryptowährungen

Nach unserem Dafürhalten sollte ein angemessenes System zur Besteuerung für Erträge aus Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen (Kryptoerträge) implementiert werden, das auch effektiv durchgesetzt werden kann.

Es würde sich unseres Erachtens anbieten, generell ein an die Kapitalertragbesteuerung angelehntes Besteuerungssystem für Kryptoerträge zu etablieren. Bereits heute werden – aufgrund der 5. Geldwäscherichtlinie – Kryptoverwahrer europaweit als Finanzdienstleister und somit Verpflichtete unter den Geldwäscheregelungen erfasst. Spätestens mit Inkraftreten und Anwendung der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) werden dann auch Kryptobörsen europaweit aufsichtsrechtlich reguliert.

Strukturell steht dann einer „Regulierung“ auch auf steuerlicher Seite und einer flächendeckenden Erfassung der handelnden Steuerpflichtigen und Transaktionen – ähnlich wie beim Wertpapierhandel über Banken und Börsen – und somit einer effektiven Besteuerung grundsätzlich nichts mehr im Wege. Der Gesetzgeber sollte hier zügig handeln. Das, damit sich die Finanzverwaltung nicht doch noch den Vorwurf eines strukturellen Vollzugsdefizits gefallen lassen muss. Das würde zur Verfassungswidrigkeit der Besteuerung führen.

Finanzverwaltung sollte bei Besteuerung reagieren

Der Kläger hatte im genannten Fall damit argumentiert, dass ein strukturelles Vollzugsdefizit vorgelegen habe. Dies wurde vom Gericht für 2017 verneint und für das Urteilsjahr (2021) ausdrücklich offengelassen. Nachdem Kryptowährungen medial nun wirklich omnipräsent geworden sind, wäre es in der Tat schwer nachvollziehbar, wenn der Status Quo bezüglich der Besteuerungspraxis noch mehrere Jahre unverändert bliebe. In der Zwischenzeit sollte die Finanzverwaltung die ihr zustehenden Ermittlungsmöglichkeiten voll ausschöpfen. Auch, um zu zeigen, dass sie es ernst meint. Gleichzeitig aber auch, um den bisher bestehenden potenziellen Anreiz, sich bei der Angabe der steuerpflichtigen Kryptoerträge lieber unehrlich zu geben, zu reduzieren.

Über den Autor:

Anh-Vu Tran ist Partner der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Als Rechtsanwalt und Steuerberater ist er auf die umfassende Beratung von Kapitalverwaltungsgesellschaften, Asset Managern und institutionellen Anlegern insbesondere bei der Kapitalanlage spezialisiert.

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