Software is eating the world – frisst sie jetzt auch das Geld?

EAT LED signage

Bitcoin, DIEM, CBDCs, Banken-Coins, digitaler Euro – das Thema der digitalen Währungen ist so laut wie wohl noch nie. Die Kombination aus Bitcoin Rallye, Börsengängen wie coinbase, aber auch den Antworten von mehr und mehr Notenbanken und Privatbanken auf Facebooks Digitalwährung, halten das Thema zu recht in der öffentlichen Diskussion. Frisst Software jetzt auch Geld?

Aber was bedeutet das? Echtes digitales Geld?


Wird die zukünftige digitale Weltwährung anders als bisher vor allem an Hand von Funktionen gewählt? Features von Geld waren bisher meist sehr ähnlich. Aber was kommt in der Zukunft? Wird sich dies mit digitized Money grundlegend verändern? Was, wenn unser Geld plötzlich über echte Features verfügt, wie wir es von digitalen Produkten wie Apps gewohnt sind?

Mit der in der digitalen Welt möglichen Programmierbarkeit von Geld könnten verschiedene Währungen sich anders als heute nicht nur in ihrem Wert, ihrer Stabilität und ihrer Verbreitung unterscheiden, sondern könnten auch über digitale Funktionen verfügen, die den Einsatz und den Wert für den Nutzer beeinflussen können. 

Software is eating the world - jetzt auch Geld? CBDC und digitale Währungen geben neue Möglichkeiten

Was könnten mögliche Features für unser Geld der Zukunft sein?

  • zweckgebundener Wert  zur Vermeidung von Missbrauch 
  • zeitlich befristeter Wert zum gezielten Einsatz
  • Begrenzung auf Beträge 
  • Zug um Zug Geschäfte 
    • Settlement nach Lieferung 
  • Gekoppelte Identität 
    • Alter 
    • Adresse 

Ist das realistisch? 

Könnten Notenbanken einen solchen Wettbewerb über Funktionen fördern und wer kann davon profitieren?  Und schließt ein Feature möglicherweise auch andere direkt aus? Erleben wir etwa bei Geld unseren „Tesla Moment“? Plötzlich überstrahlt die Software im Auto die über Jahrzehnte dominierende Hardware?

Was meint Ihr? Ich habe das Team gefragt und interessante Aussagen bekommen

Jochen Siegert

Schauen wir uns die digitalen Zahlmethoden an, haben diese häufig die historischen Probleme des “Produktes” Bargeld versucht zu lösen. Karten mit Autorisierungen am POS lösen das Problem, dass der Kunde für Einkäufe nicht immer die richtige Summe Bargeld mit sich herumtragen muss, vor allem bei hochpreisigen Käufen. Online-Zahlverfahren lösen mit Käuferschutz & Co das Problem, dass sich Käufer und Verkäufer nicht kennen und Bargeld/Vorkasse oder Barzahlung bei Warenempfang für digitale Prozesse unbrauchbar sind. 

Der Handel singt seit Jahrzehnten das hohe Lied auf die aus seiner Sicht viel zu hohen Paymentgebühren, die ein komplettes Ökosystem an Dienstleistern ernährt, das jene Schwachpunkte des Produktes Bargeld lösen. Aus diesem Grund ist für mich die Programmierbarkeit des Geldes eine ganz logische und notwendige Weiterentwicklung, die viel Innovation, Veränderung und vor allem Bereinigung in den Markt bringen kann.

Software is eating the world - jetzt auch Geld? CBDC und digitale Währungen geben neue Möglichkeiten

Kommen diese Funktionen als grundlegendes “Feature” des Bargelds, stellt sich die Frage ob und welche Berechtigung bisherige Lösungen und Dienstleister noch am Markt haben? Aus meiner Sicht müssen CDBCs die Programmierbarkeit grundlegend mitbringen. Eine reine “Blockchainisierung” des Giralgeldes an sich löst keinerlei Problem. Ähnlich ging es so vielen anderen vollmundig angekündigten Blockchainprojekten von Großkonzernen in den letzten Jahren.

Diese haben in der Regel kein wirkliches Problem gelöst und sind in überwiegender Zahl wieder verschwunden .Die Möglichkeit der Programmierung und Ausstattung des Produktes Bargeld mit neuen Produktfeatures ist dagegen umso wichtiger. Es bleibt spannend zu sehen wie die Zentralbanken, die für CDBCs zuständig sind, sich diesem globalen Produkt-Wettbewerb stellen.

Der Wettbewerb läuft aktuell bei der Ermöglichung der Infrastruktur von Featuresets unterschiedlicher globaler CDBCs, als auch privater crypto (Stable-)Coins. Somit gilt im Sinne von Marc Andreesen der “Software is eating the world” postulierte: Software is also eating the papermoney.

Kilian Thalhammer

Das ist zwar ein visionärer Denkansatz, aber warum sollte man den nicht verfolgen?  Bis dato haben sich Währungen ja entweder durch “Stabilität” oder durch “Image” und Verfügbarkeit“ unterschieden, nun werden sie es über Features tun. Das ist zwar etwas „abstrakt“, aber nach Überwindung der tradierten „Denke über Geld“, sind viele Möglichkeiten vorstellbar. Warum nicht beispielsweise “Print your own Money”, wie man es bei Postbriefmarken schon kann. Ich denke, Identität ist da ein wichtiger Treiber und auch Hebel. Doch die Frage ist: Wer oder was ist der Kern? „Identity“ oder  “Money”? Kann es zwei Kerne geben oder gilt der “Highlander” ? 

Weiterhin sehe ich “Geolocation” als einen sehr starken Treiber.

Alexander Bechtel

Es gibt ein großes Problem, wenn du Geld programmierst: Es wird zum Gutschein oder zur Wertmarke. Sobald du Geld gewisse Features gibst, verliert es seine Fungibilität, d.h. dein EUR, mit den du keine Zigaretten kaufen kannst, hat nicht mehr denselben Wert wie mein EUR, mit dem ich alles kaufen kann. Programmierbares Geld ist super spannend, aber eigentlich programmieren wir Gutscheine / Wertmarken /etc. und kein Geld.

„Es gibt ein großes Problem, wenn du Geld programmierst: Es wird zum Gutschein oder zur Wertmarke.“

Etwas anderes ist es, wenn wir Geld in programmierbare Umgebungen geben. D.h. das Geld bleibt Geld, aber es kann mit Smart Contracts verknüpft werden und somit können ähnliche Use Cases umgesetzt werden. Das Geld selbst hat aber keine Features. Die Features kommen bspw. über deinen Account. Sobald du das Geld an mich überweist, kann ich damit machen was ich will. Wenn das Geld allerdings selbst programmiert ist, dann ist es egal wer diese Geld hält, es wird immer die vorher einprogrammierten Features besitzen und daher kein Geld mehr sein, sondern eine Wertmarke mit gewissen Eigenschaften, die eher keinen 1-zu-1 Wechselkurs zum EUR hat.

Maik Klotz

Smart Money sind im Grunde Lebensmittelgutscheine auf Steroide. Schon heute gibt es für beispielsweise Arbeitslosengeld X (Hartz IV) solche Lebensmittelscheine, die zweckgebunden eingesetzt werden können. Mit programmierbaren Geld kann man so etwas auf die Spitze treiben. Das digitale Taschengeld darf nicht für Zigaretten und Alkohol ausgegeben werden, Hartz 4 nur in bestimmten Geschäften. Der Phantasie, was Geld dann darf und was nicht, ist keine Grenzen gesetzt.

Aber damit kommen wir zu einem hauptsächlichen Problem: Geld bedeutet Freiheit, zumindest in demokratischen Staaten. Eine Kryptowährung wie zB Bitcoin geht einen Schritt weiter und bietet nicht nur Freiheit, sondern kommt ohne Intermediär aus und kann damit von keinem Staat manipuliert werden. Smart Money ist aber etwas anderes, denn irgendwer definiert die Regeln des Geldes. Kaum vorstellbar, dass eine Gesellschaft ein Zahlungsmittel akzeptiert, welches im schlimmsten Fall die Nutzer:in gängelt. Ja, denkbar ist ganz viel. Ob das am Ende auch gut ist, steht auf einem anderen Blatt.

Miriam Wohlfahrth 

Ich denke auch, dass es das große Thema der Zukunft sein wird und das Bargeld immer mehr verschwindet, ähnlich wie bei Tesla und dem Verbrennermotor. Meiner Meinung nach wird die zunehmende Vernetzung der Geräte und Anwendungen des alltäglichen Lebens automatisch dafür sorgen, dass sich programmierbares Geld immer stärker durchsetzt.

Der wahre Nutzen einer digitalen Währung ist es doch, wenn ein Kühlschrank den Lieferroboter für die passende Lieferung bezahlt, ohne dass wir jedes Mal um Erlaubnis gebeten werden müssen.

Das steht und fällt natürlich mit dem Vertrauen in die Währung und dem Schutz unserer digitalen Identität. Ich bin gespannt wie es hier weiter geht. Die Zentralbanken sind jetzt gefordert ihre digitalen Währungen intelligent zu gestalten. Ohne kryptografische Codezeilen wird das nicht möglich sein. Hier ergeben sich sicher viele neue Möglichkeiten für Startups.

Software is eating the world - jetzt auch Geld? CBDC und digitale Währungen geben neue Möglichkeiten

André

Ich glaube an Feature Money und bin gespannt welche Auswirkungen dies auf die Relevanz von Währungen haben wird. Ein Symbol dafür ist für mich der Start der Überlegungen einer Einführung einer sCBDC in UK. Der Austritt aus der EU erhöht den Druck auf das Finanzsystem. Und daher geht man einen Schritt nach vorn und kann nun losgelöst von den Konsensentscheidungen der EU nach vorn laufen. Ich sehe aber nicht nur Notenbanken selber in der Rolle “Feature-Money” anzubieten, sondern auch Dritte. Ob dies gedeckt durch Notenbanken erfolgt oder auf Basis eigener „Stable-Coins ist aus meiner Sicht noch offen. Das Argument das programmierbares Geld nicht mehr fungible sein soll und damit nutzlos, ist für mich zudem keines. Ein Feature kann sein, dass Features sich bei der Übergabe verändern.

Thema der kommenden 10 Jahre


Dieses Thema wird uns in den kommenden Jahren weiter beschäftigen. Im Sommer diesen Jahres wird weißer Rauch über den Räumen der EZB aufziehen und um diese Entscheidung herum wird die Industrie Lösungen konzipieren. Sicher ist nur, dass keiner auf uns wartet, sondern das wir hier mal wieder ein Thema haben, in der die zukünftige Infrastruktur geschaffen wird. Feature Money als Grundlage einer vernetzten, digitalen Welt. 

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

Weitere interessante Beiträge

  • Das waren die zehn wichtigsten Krypto-News im Dezember 

    Das waren die zehn wichtigsten Krypto-News im Dezember 

    Trump, SEC und die Genobanken: Sie alle haben den Krypto-Space in den vergangenen Tagen geprägt. Was dahinter steckte und was…

  • Wie Exporo Impact Investing fördern will 

    Wie Exporo Impact Investing fördern will 

    Die Firma will Investitionen in erneuerbare Energien einfacher machen. Im Podcast spricht Chef Simon Brunke über Herausforderungen bei dieser Mission.

  • Wie der ePerso die finanzielle Inklusion fördern – oder behindern kann

    Wie der ePerso die finanzielle Inklusion fördern – oder behindern kann

    Der ePerso revolutioniert die Identifizierung: Sparkassen nutzen ihn nun eigenständig. Doch wie wirkt sich das auf die finanzielle Inklusion aus?…

Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!