Wir erleben gerade einen Infrastruktur-Meltdown von Banken im Fintech-Bereich. Passiert hier gerade die Finanzkrise 2.0 im Segment der Infrastruktur-Banken, Banking-as-a-Service für Start-ups? Welche Auswirkungen hat die SVB-Pleite und die der anderen Infrastruktur-Banken auf das Ökosystem?

Silvergate Bank

Die an der New Yorker Nasdaq gelistete Silvergate Bank, mit spezialisierten Infrastrukturservices für die Kryptowelt, wird abgewickelt und stellt ihr Geschäft ein. Die Bank hat ganz früh die Chancen von Kryptowährungen für sich erkannt und agierte als Bank für die Krypto-Industrie. Sie hatte auch die IP- und Vermögenswerte des Libra/Diem-Stablecoin-Projektes von Meta/Facebook für $182 Mio. übernommen. Silvergate hatte im Jahr 2021 rund um den letzten Crypto-Hype eine atemberaubende Steigerung der Marktkapitalisierung hingelegt auf knapp $7 Mrd. und ist aktuell, trotz Abwicklung, noch $90 Millionen wert. Die Bank ist offensichtlich ein weiteres Opfer der aktuellen Krypto-Krise. 

Entwicklung Aktienkurs Silvergate Bank seit 2019 in USD. 

Railsr / Railsbank

Der britische Embedded-Finance und Banking-as-a-Service-Anbieter Railsr, früher bekannt als Railsbank hat Insolvenz beantragt. Die 2016 gegründete Railsbank war zwischenzeitlich ein Unicorn mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar. Sie hatte 2020 im Rahmen der Wirecard-Insolvenz die Wirecard Card Solutions übernommen, das Card-as-a-Service-Angebot von Wirecard, welches von vielen Fintechs genutzt wurde. Railsr war operativ aktiv in Großbritannien, USA und Australien. Die Solarisbank in Deutschland war der härteste Wettbewerber von Railrs und hat 2021 den britischen Wettbewerber Contis übernommen.

Silicon Valley Bank / SVB Financial 

Die Silicon Valley Bank wurde am Freitag von der US-Einlagensicherung geschlossen. Sie war seit Jahren mit einem kleinen Team auch in Deutschland aktiv. Zehn Prozent der Kunden aus Europa kommen aus Deutschland. Der Aktienkurs der Silicon Valley Bank ist am letzten Donnerstag von 272,83 US-Dollar um über 60 Prozent eingebrochen und handelte teilweise kurz unter 100 US-Dollar. Noch im Jahr 2021, zu ihrem Höhepunkt, kostete eine Aktie der Bank 717 US-Dollar. Am Freitag ging der Kursrutsch vorbörslich deutlich weiter auf 39 US-Dollar, bis dann der Handel ausgesetzt wurde.

Grund für den Einbruch der Bank, die im Geschäftsjahr 2022 noch ein Nettoergebnis von 1,5 Mrd. US-Dollar lieferte, war der Notverkauf von Wertpapieren in Höhe von gut 21 Mrd. US-Dollar. Die Bank realisierte damit Verluste in Höhe von 1,8 Mrd. US-Dollar. Offensichtlich benötigte die Bank dringend Liquidität, da Kunden Einlagen abzogen – ein klassischer Bankrun. Gleichzeitig wurde eine Kapitalerhöhung um 2 Mrd. US-Dollar angekündigt, die aber gescheitert ist, wie auch ein Notverkauf am Freitag.

SVB hatte wichtige Bedeutung für Start-up Modelle

Die Silicon Valley Bank hatte eine essenzielle Bedeutung für VCs und Start-ups. Laut eigener Aussagen bediente die Bank die Hälfte der US-Start-ups und 44 % aller risikokapitalfinanzierten Technologie- und Gesundheitsunternehmen, die 2022 an die US-Börse gingen. Das bekannteste Produkt der Bank ist Venture Debt für Start-ups. Also Kreditlinien, die Gründer aufnehmen können und damit, anders als bei Venture-Capital Eigenkapitalbeteiligungen, keine Firmenanteile abgeben müssen.


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Venture Debt ist sehr beliebt für Zwischenfinanzierungen, für wiederkehrende operative Refinanzierungen, aber auch einfach als eine Ergänzung zu Equity-Finanzierungen. Diese Form der Finanzierung von jungen Start-ups ist bekanntlich hochriskant. Die im letzten Jahr in Insolvenz gegangene Krypto-Neo“bank” Nuri hatte sich nach Medienberichten zuletzt über Venture Debt finanziert. Das zeigt, dass mit den gestiegenen Insolvenzen auf der Start-up-Seite auch deren Kreditgeber Probleme bekommen. Die Silicon Valley Bank litt nach eigener Aussage unter den stark gestiegenen Zinsen in Kombination mit hohem Cashburn der Start-ups und der generell angespannten Finanzierungslage auf der Venture-Capital-Seite.

Ähnlich wie die Solarisbank oder auch Railsr und Silvergate nutzten Fintechs die Silicon Valley Bank und deren Lizenz im Banking-as-a-Service Modell z.B. für Paymentprocessing.  Noch schlimmer, da unmittelbarer, dürfte es die Start-ups und VCs treffen, die ihre Guthaben bei dem jetzt geschlossenen Kreditinstitut parkten. In der Zeit negativer Zinsen reichte die SVB diese nicht auf Einlagen weiter. Sie war so ein attraktiver „Parkplatz“ für Gelder von VCs und Start-ups, die jetzt dazu keinen Zugang mehr haben.

Kursentwicklung Silicon Valley Bank in der letzten Woche bis Donnerstag vor Handelsaussetzung am Freitag in USD
Kursentwicklung Silicon Valley Bank über 5 Jahre in USD

Meltdown hat Einfluss auf Fintechs und deren Produkte und Jobs.

Es zeigt sich nun: Hat die Startup-Industrie einen Husten, so leiden Banking-Anbieter für diese Zielgruppe schnell an einer Lungenentzündung. Gleichzeitig sind die Probleme der drei Infrastrukturbanken eine Katastrophe für deren andere aktive B2B-Kunden, also die Fintechs und Start-ups. Angefangen vom Wegfall des operativen Banking-as-a-Service-Partners bis zu weiteren Finanzierungsproblemen, wo jetzt der Zugang, auch zu Venture Debt, noch schwieriger ist.

Wir hatten im Kontext der Wirecard-Pleite schon einmal gesehen, welchen Einfluss der Wegfall eines Bankingpartners haben kann. Etliche Fintechs konnten von einem Tag auf den anderen nicht mehr ihr operatives Geschäft betreiben, weil das Kreditinstitut mit der Lizenz offline ist. In Folge sind Start-ups selbst in die Insolvenz geschlittert und schafften die Transition auf einen alternativen Bankpartner nicht mehr. 

UPDATE 13.03.23 16:30
Die Entwicklungen überschlagen sich schneller, als wir bei unserem WordPress-Tool „aktualisieren“ drücken können.. Daher ein kurzes Update:

  1. Jetzt ist auch die vierte Infrastruktur-Bank insolvent: Die Signature Bank in New York ist kollabiert. Sie war, wie Silverlake im Crypto-Bereich aktiv.
  2. Es gibt einen Bailout für die Kunden der Silicon Valley Bank in den USA. Alle Einlagen sind gesichert. Die UK-Bank der Silicon Valley Bank wurde geschlossen und kurzfristig von HSBC übernommen. Vermutlich gehen die StartUps und VCs dort auch mit einem blauen Auge aus der Sache heraus.
  3. Die BaFin hat die deutsche Filiale der Silicon Valley Bank mit einem Moratorium belegt.
  4. Railsr (ehem Railsbank) wurde von einem Konsortium von Risikokapitalgebern, die als „Embedded Finance Ltd“ firmieren, rekapitalisiert. Für die Fintech-Kunden der Bank geht es wohl weiter. Gerade die Partner auf der Railsr-Kartenplattform, die bereits schon einmal den Wirecard-bank Kollaps durchleben mussten, bleiben also verschont von einem Déjà-Vu. Railrs hatte damals die stark nachgefragte Card-as-a-Service-Plattform von Wirecard übernommen mit den Kunden, die über mehrere Tage offline waren.

Was sagt das Team dazu? Warum passiert das alles jetzt?

André M. Bajorat

Auch wenn die Modelle und die Gründe für die Probleme sehr unterschiedlich sind, so ist der Effekt ein echtes Problem für das Ecosystem. Aber auch in den unterschiedlichen Gründen sehe ich weiter noch eine Gemeinsamkeit: ein Klumpenrisiko. Die Modelle von BaaS Providern oder Banken wie Silvergate oder SVB eint, dass die Dienste und Angebote sehr stark auf eine spezielle Zielgruppe ausgerichtet sind und waren. Und wenn diese Zielgruppe schwächelt, wankt der Anbieter. So langweilig es klingt, aber hier kommt eine Stärke der klassischen Institute zum Tragen, die sonst oft ein Problem ist: ein diverses Angebots- und Kundenportfolio. 

Jochen Siegert

Puh, das sind alles keine guten Nachrichten für die Fintech-Industrie. Auch wenn die jetzt betroffenen Anbieter primär im angelsächsischen Raum aktiv waren, werden Fintechs vermutlich auch die Folgen in Deutschland spüren. Der Zugang zu Venture Debt wird noch schwerer, ggf. fällt das Produkt Venture Debt als Finanzierungsoption für Start-ups komplett weg.

Viel dramatischer aber die Auswirkungen auf Unternehmen, die über ein Embedded-Finance- bzw. Banking-a-a-Service-Modell operativ von einem der Anbieter abhängig sind. Wie bereits beim Fall der Wirecard-Bank gesehen: Die Fintechs waren komplett auf ihren Bankpartner angewiesen und wenn dieser wegfällt, steht das eigene Produkt still. Diese operativen Herausforderungen ergänzen nun die bekannten Herausforderungen auf der Finanzierungsseite. Wir müssen daher davon ausgehen, dass die Probleme der genannten Banken auch massive Probleme, Insolvenzen und mehr Entlassungen auf der Start-up-Seite nach sich ziehen werden. 

Keine Krise ohne Chance: Andere Banken, angefangen mit den BaaS-Anbietern wie Solarisbank, Raisin-Bank, Sutorbank, aber auch etablierte Banken, können die Lücke füllen, die aufgerissen wurde.

Christina Cassala

Das deutsche Ökosystem dürfte zunächst davon weniger betroffen sein, weil die SVB hierzulande nur mit einer kleinen Belegschaft am Start war und hiesige Fintechs mit anderen Playern ihre Modelle als Partner umsetzten. Dennoch ist das Signal fatal, umso mehr, da es sich wieder einmal um handwerkliche Fehler zu handeln scheint. Die Nachrichten über Railsr und Silvergate lassen aufhorchen und die Pleite der Silicon Valley Bank kann am Ende als Funke dienen, der einen ganzen Flächenbrand auslöst. Ganze Geschäftsmodelle wie BaaS und Embedded Finance könnten in Frage gestellt werden. Es gilt jetzt, besonnen zu handeln, doch für etliche Fintechs und Start-ups dürfte diese Hilfe jetzt schon zu spät kommen.

Maik Klotz 

Die Silicon Valley Bank ist, sagen wir mal, angeschlagen. Und mit „angeschlagen“ kann man sagen: Kernschmelze. Am Freitag, 10.03.23, hat das kalifornische Ministerium für Finanzschutz die Silicon Valley Bank (SVB) geschlossen und die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) zum Insolvenzverwalter ernannt. Das wäre dann die größte Bankenpleite in den USA seit der Washington Mutual Bank 2008.

Warum das alles passiert ist? Die einen sagen, die SVB ist gescheitert, weil sie eine Bank für VC-finanzierte Technologieunternehmen war, von denen einige fragwürdige Kapitalausstattungen hatten und furchtbar unrentabel waren. Andere sagen, dass die von der SVB gekauften Staatsanleihen an Wert verloren, weil die US-Notenbank die Zinsen erhöhte und gleichzeitig Einleger ihr Geld zurückhaben wollten. Die Wahrheit ist vermutlich komplexer. So oder so: ohne Arme, keine Kekse.

Die nächsten Wochen werden aufregend. Auch für die deutsche Fintech- und Start-up-Branche. Man kann nur die Daumen drücken und hoffen, dass diese Krise kleiner ist, als sie sich ankündigt. Wirklich.

Miriam Wohlfarth

Krise wird leider irgendwie zum Normalzustand!

Als Gründerin eines Fintechs muss man daher in diesem Moment ganz schön viel aushalten. Trotzdem lasse ich mir den Optimismus nicht nehmen!

Gerade bin ich froh, dass das SVB- oder Railsbank-Thema uns bei Banxware nicht betrifft. Trotzdem ist es für die Branche ein sehr großes Problem. Viele Venture-Capital Unternehmen haben ihr Geld bei der SVB. Die derzeitige Schieflage wird eventuell dazu führen, dass die VCs ihre Gelder abzuziehen versuchen. Daher kann die Situation für die SVB schnell eskalieren. Das wiederum wird sich dann auch wieder negativ auf die ohnehin angespannte Funding Situation in der Start-up- und Fintech Branche auswirken.

Funfact: Und das sagt ChatGPT

Wie lösen wir das Problem mit der Silicon Valley Bank ? 

Die Silicon Valley Bank (SVB) ist eine Bank, die sich auf die Finanzierung von Start-ups spezialisiert hat. In jüngster Zeit ist die Bank jedoch in Schwierigkeiten geraten und musste schließen. Wie wir aus verschiedenen Quellen erfahren haben, hat die Bank einen Teil der Kundeneinlagen in Anleihen investiert, um Geld zu verdienen. Das Problem dabei ist, dass Notverkäufe von Anleihen in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation mit Verlusten einhergehen können [2].

Es gibt jedoch keine Informationen darüber, wie das Problem mit der Silicon Valley Bank gelöst werden kann. Es bleibt abzuwarten, wie die Banken und Investoren, die von der Schließung betroffen sind, damit umgehen werden. Es bleibt auch unklar, wie die Schließung der Bank die Start-up-Szene und die Wirtschaft insgesamt beeinflussen wird. Einige Berichte haben jedoch darauf hingewiesen, dass auch deutsche Gründer von der Krise betroffen sein könnten.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Silicon Valley Bank ein wichtiger Teil des Start-up-Ökosystems war und dass ihr plötzliches Ende ein Schock für viele Start-ups und Investoren im Silicon Valley war.

Welche Auswirkungen hat dies auf das Start-up und VC Ökosystem? – speziell im Fintech Bereich 

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank wird voraussichtlich Auswirkungen auf das Ökosystem der Start-ups und VC’s haben, insbesondere im Fintech-Bereich. Laut einem Artikel auf Business Insider gilt die SVB als Hausbank der Start-up-Szene im Silicon Valley und hat in der Vergangenheit zahlreiche Start-ups und Fintech-Unternehmen finanziert. Der plötzliche Zusammenbruch könnte daher zu einem Vertrauensverlust in die Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und Fintech-Unternehmen führen.

Allerdings gibt es auch Stimmen, die argumentieren, dass ein dezentraleres Start-up-Ökosystem ohnehin schon seit einigen Jahren angestrebt wird und durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde. Es wird versucht, eine breitere Verteilung von Talent und Kapital zu erreichen, um nicht mehr so abhängig von einer einzigen Bank oder Region zu sein. Auch in Deutschland gibt es Initiativen wie das Deutsche Börse Venture Network, das Start-ups von der frühen bis zur späten Wachstumsphase Zugang zu Kapital und maßgeschneiderten Services bietet.

Insgesamt bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank auf das Ökosystem der Start-ups und VC’s haben wird. Es bleibt jedoch wichtig, dass Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und Fintech-Unternehmen bestehen und dass Maßnahmen ergriffen werden, um ein breiteres, dezentraleres Ökosystem zu schaffen.

Event-Tipp:
Die SVB-Pleite und deren Auswirkungen sind auch Thema der Payment Exchange am 16./17. März in Berlin. Unter der Moderation von Kilian Thalhammer diskutieren Miriam Wohlfarth und Rafael Otero über „El gran colapso – Meltdown – SVB und die Fintech/Startup Branche„. Tickets für das Event gibt es hier.

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