Diese Woche teilte Nuri (ehem. Bitwala) mit, dass die Krypto-Bankingplattform zum 18.12.22 eingestellt wird. Die verbliebenen über 100 Mitarbeiter müssen das Unternehmen verlassen, den Kunden wird eine Migration auf Vivid angeboten. Von den ursprünglich kolportierten 20 interessierten Bietern hat sich keiner durchringen können, die Firma aus der Insolvenz zu übernehmen.

Die Abwicklung sowie die Insolvenznachricht wurde durch viele großen Publikumsmedien aufgenommen. Das liegt vermutlich an der vorherigen starken medialen Präsenz der CEO Kristina Walcker-Meyer. Auch sie hatte noch einen digitalen „Abschiedsbrief“ auf Nuri.com hinterlassen. Ohne Selbstkritik steht dort zusammengefasst: Nuri waren die Guten, die jenseits der Grenzen die Chancen der Blockchain und Decentralized-Finance der Allgemeinheit zugutekommen lassen wollten. Nur der aus der politischen Situation heraus entstandene „doofe“ Fundingwinter kam irgendwie plötzlich dazwischen.

Doch kann man es sich wirklich so einfach machen? Die eigentlichen Gründe liegen leider tiefer.

 „PR-Artistik“ statt Business Traktion.

Während Nuri eine mit vielen Zeitungsartikeln und Konferenzpräsentationen offensichtlich sehr erfolgreiche PR-Strategie umsetzte, haben direkte Wettbewerber mehr Umsätze generiert, während sie PR-technisch deutlich ruhiger unterwegs waren. Kurzer Rückblick: Nuri wurde 2015 als Bitwala gegründet, und startete gleichzeitig mit anderen Start-ups, die ähnliche Services (Crypto-Trading, Crypto-funded Debitkarte, Staking) gegenüber deutschen Kunden boten. In dem Zusammenhang seien die bekanntesten Peers genannt: Bitpanda (Ende 2014 gegründet), Binance (2017) und Coinbase (2012). Nur irgendwie haben diese ihre Business-Modelle, gemessen an Umsätzen und Kunden, stärker skaliert. Später stiegen noch Neobanken & -Broker wie Revolut und Trade Republic (beide auch 2015 gegründet) in das Krypto-Segment ein. 

Nuri fiel gegenüber den Peers mit vielen Ankündigungen und einer vergleichsweise eher späten Produktumsetzung auf. Besonders eindrücklich kann man das am Feature des Sparplans erkennen. In unserem Fintech-Podcast mit Kristina vom November 2020 wurde der regelmäßige Sparplan in Bitcoin und Ether groß angekündigt, doch erst eineinhalb Jahre später wirklich an den Kunden gebracht.

Zwischenzeitlich konnten Nutzer in Deutschland längst über andere Anbieter in Bitcoin & Co regelmäßig in kleinen Summen per Sparplan investieren. Diese Tatsache hielt Nuri trotzdem nicht davon ab, den späten Einstieg doch noch PR-mäßig als vermeintlich erster Anbieter “schönzubiegen”. Sie behaupteten daher die „erste deutsche Banking-Plattform mit einem Krypto-Sparplan zu sein“. Aus Kundensicht, die Fintechs doch angeblich immer im Blick haben, waren z.B. Bitpanda, Coindex und andere in Deutschland mit ihren Sparplänen schneller am Start. Dies auch mit zum Teil deutlich flexibleren und bequemeren Features als Nuri.

Ein Blick auf die harten Finanzkennzahlen zeigt: PR und Marketing alleine kauft keine Erlöse. Das österreichische Unicorn Bitpanda, nur wenige Monate vor Nuri gegründet, wuchs beispielsweise 2021 um 764 Prozent und machte einen Umsatz von €477 Millionen, während Nuri laut Insolvenzverwalter im Jahr 2021 nur 12 Millionen Euro Umsatz generierte.

Celsius-Defi-Staking Pech

Mitten in die Bemühungen um Funding schlitterte Nuris Staking-Kooperationspartner für das Bitcoin-„Ertragskonto“ in die Insolvenz. Bis heute ist unklar, ob und in welcher Höhe Kunden ihre „Konten-Einlagen“ von Celsius (schöne Zusammenstellung hier) zurückerhalten. Das Defi-Pech hat die Gespräche mit Investoren sicherlich nicht verbessert, weil plötzlich eine rechtliche Unsicherheit bestand. Ist Nuri für die verlorenen Ertragskontoeinlagen der Endkunden gffs. in einer Mithaftung? Die schnell gelöschten Marketingaussagen von Nuri konnten zumindest den Eindruck eines Sparkontos erwecken, nur „besser“ als das von klassischen Banken – bis zu fünf Prozent für Bitcoin-Hodler in Zeiten von negativen Zinsen auf langweiligen klassischen Sparkonten. Transparente Informationen zum Totalausfallsrisiko waren irgendwo im Kleingedruckten versteckt. Ist das die eigentlich geplante schöne „neue Welt in der jeder in der Lage sein soll, seine finanzielle Zukunft selbst zu gestalten”, wie CEO Kristina in Abschiedsbrief schreibt?

KPIs, die irgendwie nicht passen

Kundenvertrauen ist im Financial Services das A und O. Vertrauen im Umgang mit Finanzen muss man sich hart erarbeiten, vor allem als ein unbeschriebenes Fintech-Startup. Da ist nicht hilfreich, wenn Nuri sich als Erfolgsmodell mit 500.000 Kunden verkauft, aber die tatsächlichen Kunden laut Insolvenzverwalter dann doch nur bei 200.000 liegen. Hier hätte auch Nuris Bankpartner Solarisbank, der die Kundenkonten führt, Einfluss auf die vermutlich aufgebauschte KPI-Kundenkommunikation nehmen sollen. Ähnliches wiederholte sich im Insolvenzverfahren. Auch in diesem wurde erst überoptimistisch von über 20 potenziellen Bietern in Zeitungsinterviews gesprochen, nur um wenige Wochen später zu erfahren, dass man „ermutigende Gespräche“ wohl doch unterschiedlich wahrnehmen kann. Vom Vertrauen, den der komplett vermurkste Prozess der ABG-Änderungen zusätzlich kostete, der einige Wochen später komplett wiederholt werden musste, ganz zu schweigen.

Ein weiterer Player aus Deutschland verschwindet

Wir wollen und werden hier nicht in die gleiche Kerbe schlagen wie andere hämische Kommentare, die sich mehr oder minder unverhohlen freuen, dass einmal mehr ein ach so gehypter Fintech-Player scheitert. Das Team von Bitwala gründete zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Vision. Das zeigt ja auch die Entwicklung ihrer Peers aus der gleichen Krypto-Gründungskohorte eindrucksvoll. Leider bringen nur Ideen und gutes Timing wenig, wenn es an der Umsetzung hapert. Das kann auch via überbordender Eigen-PR nicht kompensiert werden.

Schade, dass der Standort Deutschland wieder einen bekannten Fintech-Player verloren hat. Wir drücken den vielen engagierten Mitarbeitern die Daumen für die Jobsuche und hoffen auf die Lerneffekte bei anderen Gründern und Fintech C-Levels.

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