Das Arbeiten in der FinTech Branche gleicht einem Kommen und Gehen, setzt ein hohes Maß an Professionalität in einem durchaus lockeren Arbeitsumfeld voraus und ist vor allem geprägt von Innovationen sowie guten, klugen und zukunftsorientierten Ideen, so der weitverbreitete Konsens. Doch wer sind eigentlich die Köpfe und Macher hinter diesen kreativen Denkprozessen, an der Schnittstelle zwischen Finanzen, digitalen Technologien und Gründertum? In unserer Reihe Die Gesichter der FinTech Branche stellen wir regelmäßig einer Person aus der Payment- und Banking-Industrie die gleichen zehn Fragen. Diesmal beantwortet Susanne Krehl, Managing Director Austria and Switzerland, des Berliner FinTech Barzahlen unsere Fragen.

Was waren Deine ersten Berührungen mit der Payment- und Banking-Industrie?

Tatsächlich bei Barzahlen. Im Jahr 2011 war das noch „Payment“ und nicht „FinTech“ und wir starteten vor dem Hintergrund des E-Commerce-Booms in Berlin. Der Gründungsgedanke zu Barzahlen entstand, weil einer unserer Gründer bei der Arbeit für einen Online-Händler gesehen hat, dass viele Zahlungsvorgänge bei der Auswahl der Zahlungsart abgebrochen werden. Barzahlen ist die Lösung, eine für jeden zugängliche Zahlungsart – das Bargeld – online zu bringen, ganz ohne Registrierung oder elektronische Zahlungsmittel.

Wenn wir FinTechs als junge, agile Start-ups definieren, dann können Unternehmen sicher viel von der offenen Unternehmenskultur lernen

Wann hast Du das Wort FinTech das erste Mal wahrgenommen?

Das erste Wahrnehmen kann ich nicht mehr rekonstruieren. Das erste Ernst-Nehmen war während eines PR-Stammtisches, wo wir plötzlich sehr viele FinTech-PR-Manager – größtenteils befanden sich die Unternehmen noch in Gründung – waren und uns überlegt haben, wie wir die Umwälzung dieser Branche für uns nutzen können.

Wie definierst Du FinTech?

Ich definiere FinTech sehr breit. Für mich ist FinTech die Transformation einer Branche. Der gesamte Finanzsektor digitalisiert sich bzw. muss sich digitalisieren. FinTech-Unternehmen im Sinne von Start-ups sind nur der erste Schritt auf diesem Weg. Die Start-ups bringen durch neue Ideen und ein aufkommendes Wettbewerbsverhältnis frischen Wind in die Branche und zwingen auch etablierte Player zur Entwicklung neuer Lösungen. In der Zukunft wird das noch mehr verschmelzen und ein gesamter, digitaler Finanzsektor entstehen.

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Was glaubst Du machen etablierte Unternehmen besser als FinTechs?

Redundanz in der Stellenbesetzung und Wissensmanagement. Dadurch, dass die Teams größer sind, ist das Wissen natürlich auf mehr Personen verteilt und nicht gleich verschwunden, wenn mal einer im Urlaub ist.

Was kann man von FinTechs lernen?

Wenn wir FinTechs als junge, agile Start-ups definieren, dann können Unternehmen sicher viel von der offenen Unternehmenskultur lernen. Meiner Erfahrung nach gibt es intern einfach wenig bis gar keine Politik und der Umgang mit Fehlern ist zukunftsorientiert. Es geht nicht darum, einen Verantwortlichen zu definieren, sondern immer darum: „Wie kriegen wir das jetzt hin?“

Wieso tun sich etablierte (große) Unternehmen bei der Digitalisierung eigentlich so schwer?

Das liegt meiner Erfahrung nach ebenfalls an der Kultur, die weitaus risikoaverser ist. Es dauert bis etwas Neues gewagt wird – am besten haben mehrere andere Unternehmen damit schon positive Erfahrungen gesammelt und man kann sich darauf berufen, falls es doch schief gehen sollte. Wir brauchen mehr Unternehmer, die neues wagen und mehr Manager, die den Mut haben, ihren Kopf aus dem Loch zu strecken und Entscheidungen zu treffen, die falsch sein könnten.

Was würdest Du beruflich machen, wenn Du nicht in der Payment- und Banking-Industrie arbeiten würdest?

Ich wäre vormittags Tauchlehrer und nachmittags Café- und Barbetreiber an einem Ort sehr nah am Äquator.

Bei welchem Unternehmen würdest Du gerne mal einen Tag arbeiten?

Über diese Frage habe ich lange nachgedacht und bin zu keinem Ergebnis gekommen. Ich glaube, ich sollte nach sieben Jahren Barzahlen mal wieder bei einem Unternehmen arbeiten, wo ich es furchtbar finde, um meine Gestaltungsfreiheit hier noch mehr zu schätzen zu wissen. Wir haben hier einfach die richtige Arbeitsatmosphäre und Unternehmenskultur. FinTechs brauchen ein „Wir-gegen-den-Rest-der-Welt“, um auch mit Rückschlägen umzugehen und eine Kultur, in der Mitarbeiter gerne mehr als die 40 Stunden des Arbeitsvertrages dort verbringen und sich voll einsetzen. Dazu ist es wichtig, die Mitarbeiter sowohl emotional als auch kompensatorisch am Erfolg zu beteiligen.

Ich würde gerne mal bei einem Bier herausfinden, welche Art Humor Yuval Noah Harari hat.

Mit wem würdest Du gerne ein Bier trinken?

Ich trinke quasi täglich Kaffee oder Wein mit erfahrenen, spannenden Menschen aus der FinTech-, Payment- and Banking-Welt. Daher lasse ich die mal außen vor. Ich würde gerne Wein trinken mit Meike Winnemuth. Ich lese gerade zum dritten Mal „Das große Los“, teile ihre Philosophie und hätte gerne eine detaillierte Kostenaufstellung ihrer Reise. Außerdem würde ich gerne mal bei einem Bier herausfinden, welche Art Humor Yuval Noah Harari hat. 

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