Siegerts sündige Sonderserie der Erfahrungen aus der digitalen Welt

„Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!“ Von wegen…wenn es so einfach wäre. Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft, aber was wenn FinTechs oder StartUps erst garnicht als Konkurrenten wahrgenommen werden? Schwer zu glauben, da man ja zeitweise sogar von einem regelrechten FinTech-Hype gesprochen hat. Außerdem ist die digitale Transformation ja weit mehr als eine Form oder der Ausbau eines Onlineshops. Deswegen kaum vorstellbar das der Finanzsektor immer noch so resistent auf Digitalisierung und Innovation reagiert.  Diese Fragen stellt sich Jochen Siegert in seiner Reihe „Die 7 Todsünden der Digitalisierung“ und warnt davor, die Augen, Ohren und Türen weiterhin verschlossen zu halten.
Die 7 Todsünden der Digitalisierung (6/7)
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Sechste Todsünde: Konsequente Unterschätzung der Bedrohung durch StartUps und Online-Unternehmen

Das 1×1 der Internetökonomie sagt: Gewinne Kunden und Kundenpräferenz zuerst und dann gewinne Profite. Wie oft hörte ich jahrelang von Bankern, dass Amazon, Google und Facebook nur Geld verbrennen und nicht profitabel sind. Heute kennen wir die mittlerweile uneinholbare Marktdominanz dieser zwischenzeitlich hochprofitablen Anbieter. Gleiches galt auch bei Zalando: “Die sind doch nicht profitabel und mit einer Retourenquote von 50% kann man nie profitabel online Waren verkaufen” hörte ich x-mal abschätzig von klassischen Bank-Managern. Ein Blick in den Geschäftsbericht von Zalando zeigt heute das Gegenteil. Zalando als komplette Neugründung von Branchenfremden hat in wenigen Jahren eine hohe Relevanz und eklatanten Umsatz im Fashionbereich gewonnen, für die z.B. der Otto-Konzern Jahrzehnte benötigte. Durch den Fokus auf Profite in einer viel zu frühen Phase des Wachstums, baut man “nette” lokale Anbieter, die irgendwann übernommen werden, aber keine internationalen Online-Champions. Aus diesem Grund haben wir aus Deutschland, mit der Ausnahme SAP (gegründet 1972), keinen weltweit relevanten Online/Softwarekonzern etablieren können.
Die 7 Todsünden der Digitalisierung (6/7)
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Im Bereich FinTech höre ich dieses Argument derzeit häufig über eines der deutschen Vorzeige-FinTechs N26. N26 kann, trotz aller hausgemachten operativen- und PR-Pannen, immer weiter mit neuen Kundenzahlen positiv überraschen. Warum ist es eigentlich wichtiger ob ein junger Konkurrent profitabel arbeitet oder nicht, wenn dieser ein offensichtliches starkes Kundenbedürfnis geweckt hat, damit starkes Kundenwachstum an den Tag legt und somit in die Skaleneffekte auf der Kostenseite hinein wächst? Das “kostenlose” Girokonto alleine kann es ja nicht sein, denn dafür machen selbst große Banken seit Jahren TV-Werbung. Lieber sollten die etablierten Anbieter überlegen, wie man das offensichtliche Kundenbedürfnis ähnlich selbst bedienen kann, statt einen klaren Trend an der vermeintlichen fehlenden Anfangs-Profitabilität zu ignorieren. Schlimmer ist doch, wenn man viel zu spät aufwacht und sich fragt: “Wie konnte dieses oder jenes StartUp plötzlich soooo groß werden?” Betrachtet man das monatliche Neukundenwachstum von N26, haben diese längst viele Banken in Deutschland überholt! Die größte Wettbewerbs-Bedrohung durch die Digitalisierung kommt in der Regel nicht von den bislang üblichen etablierten Wettbewerbern. Vielmehr jedoch von Online-Konzernen, die bislang nicht für Finanzdienstleistungen stehen, oder von StartUps die bislang kaum jemand in der Bank kannte und beobachtet. Jeder Tag, der damit verbracht wird skalierende, aber unprofitable StartUp nicht Ernst zu nehmen, bringt die Bank näher an einen Kodak- oder Nokia-Moment. “Wir haben doch nicht falsch gemacht, aber irgendwie haben wir verloren” sagte der Nokia-CEO weinend während der Pressekonferenz zur Nokia-Übernahme durch Microsoft…
Die Todsünden der Digitalisierung (6/7)
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Bisher veröffentlichter Sündenkatalog:

1 Kommentar

Sind wir nicht gerade wieder mittendrin und ausgerechnet bei den Zahlungsdiensten? Die Chinesen wundern sich, dass so wenig auf QR basiert und hier hat Triodos den Werbegag mit der grünen Kreditkarte. Da sind immer noch Chips aus teuren Rohstoffen und Magnetstreifen drauf.

Der Mobilfunk hat sich in 40 Jahren stark gewandelt, der Geldautomat weitaus weniger. Habe einen kleinen Beitrag daraus gemacht: https://investabel.wordpress.com/2017/07/28/karte-bio-alles-gut-leider-nicht/

Mit freundlichen Grüßen
Ralf Breuer

31. Juli 2017
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