Was macht eigentlich…Spotcap?

Was macht eigentlich....Spotcap?

Als Team von Payment & Banking versuchen wir, einen kontinuierlichen Überblick über die Branche zu behalten und berichten über kleine wie große Fintechs und Insurtechs, über etablierten Banken ebenso wie über Neo-Banken, über digitale Strategien, über große Investitionen nationaler und internationaler Geldgeber, schreiben über Exits und liefern Analysen zu aktuellen Themen.

Manche Unternehmen erscheinen dabei häufiger in der Berichterstattung als andere. Bis vor kurzem war es auch um das Berliner Unternehmen Spotcap ruhig geworden. Dann die Nachricht: Spotcap verkauft sein verbliebenes Kreditgeschäft an den finnischen Konkurrenten Ferratum. Bis dato war das Berliner Unternehmen eine Weile zweigleisig gefahren, der Business-Pivot erfolgte jedoch bereits 2019.

In unserer Rubrik „Was macht eigentlich …?“ sprechen wir mit Gründer Jens Woloszczak über die Neuausrichtung, warum sich Spotcap nun mehr auf den deutschen Markt fokussieren will, warum Spotcap keine Bank mit einer eigenen Banklizenz werden wollte und sich künftig  Lending-as-a-Service Provider versteht. Was ist der Markt in anderen Ländern bereits ein größerer als in Deutschland?

Bis vor wenigen Tagen haben wir lange nichts von Spotcap gehört …

Das stimmt. Wir haben in den letzten zwei Jahren mit dem Umbau unseres Business-Modells begonnen und so etwas wie einen kleinen Business Pivot hingelegt. Wir sind weg von dem reinen Kreditvergabe-Modell hin zu einem Solution Provider. Heißt: Wir vergeben die Kredite nun nicht mehr selbst, sondern bieten jetzt Banken und Fintechs die technische Lösung dahinter an.

Jens Woloszczak

Wir bezeichnen das als Lending-as-a-Service in Anlehnung an das bekannte Software-as-a-Service (SaaS) Modell. Im Zuge dieser Entwicklung haben wir die Direct Lending Gesellschaften sukzessive seit Ende 2019  verkauft.

„Es wäre ökonomisch sinnvoll gewesen, hätte sich Spotcap weiter als Bank ausgerichtet“

Warum dieser Schritt?

Wir wollten uns langfristig auf ein Businessmodel fokussieren und nicht zwei Modelle bzw. Strategien parallel fahren. Neben den operativen und kommerziellen Unterschieden ist es vor allem beim Management von sowie der Suche nach neuen Investoren wichtig, ein transparentes und klar strukturiertes Modell mit attraktiven Unit Economics aufzuzeigen. Ein Direkt-Kreditvermittler zu sein bedeutet ein Stück weit auch, eine Bank zu sein. Allerdings verfügen  wir über keine Banklizenz, sondern arbeiteten mit Banken und Investmentfonds im Hintergrund, die uns das Geld für die Kreditvergabe geliehen haben. In den Ländern, in denen wir aktiv waren, ist das KMU-Kreditgeschäft relativ dereguliert und in der Regel ist nicht mehr als eine einfache Kreditlizenz erforderlich, oft sogar gar keine Lizenz. So war es uns möglich, in kurzer Zeit in diesen Märkten live zu gehen.  

Ende 2019 haben wir  zunächst unser Überseegeschäft an das an der Börse notierte Unternehmen Zip Co verkauft. Im Zuge des Verkaufs sind sie aber zeitgleich Kooperationspartner geworden. Das restliche Europageschäft haben wir vor wenigen Tagen an den finnischen Konkurrenten Ferratum verkauft.

Habt ihr in diesem Zusammenhang nie über eine Banklizenz in Deutschland nachgedacht?

Am Ende ist so etwas immer ein Abwgungsprozess. Natürlich gab es eine Zeitlang Überlegungen in diese Richtung. Allerdings sind der Antragsprozess sowie die Voraussetzungen sehr vielschichtig und komplex, und es kann mitunter mehrere Jahre dauern, bis man die Lizenz hat. Eine Alternative ist, sie eine Gesellschaft mit solch einer Lizenz zu kaufen.

Was macht eigentlich....Spotcap?

Hätten wir uns perspektivisch weiter als Bank ausgerichtet, dann wäre es sicherlich sowohl strategisch als auch ökonomisch durchaus sinnvoll gewesen. Einerseits kann man mittels Einlagenrefinanzierung Kredite sehr viel günstiger anbieten, gleichzeitig erlaubt solch eine Lizenz auch die Ausweitung des Produktangebots,  um die Kundenbeziehung und -bindung weiter in den Vordergrund zu stellen. Die Kreditvergabe hat oft eine sehr transaktionale Seite.

Wann wurde euch bewusst, dass ihr das Business-Modell, sagen wir … anpassen musstet?

Der Impuls kam interessanterweise gar nicht alleine initial von uns, sondern von außen. Wir sind ja eine Weile zweigleisig gefahren und international vor allem als Kreditanbieter aufgetreten. Daher waren wir ständig im Austausch mit Banken, die immer öfter an uns herangetreten sind und sich erkundigt haben, ob wir unsere Plattform im Rahmen einer Partnerschaft als White-Label-Lösung können und wollen. Irgendwann stellten wir uns alle die Frage: Warum gegeneinander arbeiten, statt miteinander? Warum richten wir unsere Plattform  nicht noch stärker als eine White-Label-Lösung für Banken aus und werden Lizenzgeber dieser Software?

Mit unserer Software, gepaart mit den Erfahrungen, die wir im Rahmen der Kreditvergabe gemacht haben, fühlen wir uns jetzt sehr gut aufgestellt. Langfristig sehen wir einen starken Bedarf bei Banken, die das Thema Digitalisierung immer stärker vorantreiben und sich fragen müssen: „make or buy?“.

Auch für Investoren ist dieser Bereich attraktiv aufgrund hoher Bewertungsansätze, und er ist zudem auch weniger kapitalintensiv, da man als Direktkreditanbieter für eine starkes Wachstum des Kreditbuchs auch signifikante Level an Equity vorhalten muss.

Jens Woloszczak: „Da sind uns die GAFAs weit voraus“

Würde sich eure Technologie denn auch für andere Branchen eignen?

Bislang ist Financial Services das Universum, in dem wir uns bewegen, aber bei Banken muss es theoretisch nicht bleiben. Wir sprechen beispielsweise mit Playern aus dem Telekommunikationsbereich. Auch die wollen perspektivisch eine gewisse Form von Finanzierung anbieten – und für Risikoentscheidung braucht man gewisse Datenquellen. Vor allem Transaktionsdaten gewinnen immer mehr an Gewicht. Als Direktkreditvermittler haben wir diese schon vor PSD2 eingesammelt, verwertet und entsprechende Risikomodelle entwickelt. Ich glaube, dass der Wert von Daten die Zukunft in vielerlei Business-Modellen entscheiden wird. Da sind uns die GAFAs weit voraus! 

Vor wem hast du mehr Sorge: Vor den Startups oder vor den großen Tech-Giganten, die ja aktuell noch nicht im großen Stile im Finanzwesen tätig sind?

Falls Google diesen Bereich in den Fokus nimmt, werden sie die Möglichkeit haben, Dinge zu bewegen, wie es kein anderer schaffen würden. Amazon hingegen baut mittels AWS technische Lösungen, die wiederum für uns die Voraussetzung schaffen, Sachen besser zu machen: Machine-Learning, Algorithmen, Methoden, wie man semantische Analysen auf großen Transaktionsdaten fahren kann.

Der Lending-as-a-Service ist noch kein Gigantenmarkt, in dem sich viele Unternehmen tummeln. Dafür ist er bislang noch zu speziell. Es gibt vielleicht eine Handvoll an Fintechs, die Vergleichbares machen. In UK gibt es Ezbob, die bei einigen Großbanken in England als Lösung aktiv sind. Zudem gibt es noch einen Player in den USA, Ncino, der vor kurzem an die Börse gegangen ist und mit denen wir teilweise bei Ausschreibungen im europäischen Ausland konkurrieren.

„Der Lending-as-a-Service ist noch kein Gigantenmarkt, in dem sich viele Unternehmen tummeln. Dafür ist er noch zu speziell.“

In diesen Ländern ist die Bereitschaft, obwohl sich auch hierzulande vieles schon geändert hat, scheinbar aktuell höher, mit Fintechs technologisch zu kooperieren und Innovationen schneller auf den Markt zu bringen.

Die Komplexität der KMU-Kreditvergabe

Eure Lösungen richtet sich ja vor allem an KMUs – wann kommt die technische Lösung für Banken im Privatkundengeschäft?

Da wir ja selbst im KMU Bereich seinerzeit gestartet waren, lag es nahe, sich zuerst um diese Lösungen zu kümmern. Aber wir sind dabei, das zu evaluieren und auf den Privatkunden     auszuweiten. Die KMU-Kreditvergabe ist technisch und in der Risikobewertung allerdings auch komplexer als die Kreditvergabe für Privatkunden. Der Markt für letztere Gruppe ist allerdings auch um ein Vielfaches größer    

Was steht in den kommenden Monaten auf der Roadmap?

Wir wollen jetzt zunächst unsere Kundenbasis erhöhen, mittelfristig neues Kapital einsammeln und unsere Produkte weiter verbessern bzw ausweiten. Hierfür braucht es natürlich Zeit und eine gewisse Präsenz.

Hinzu kommt, dass wir vor dem Hintergrund der Neuausrichtung in Deutschland bekannter werden müssen, um auch hierzulande zu Ausschreibungen eingeladen zu werden. Wir haben in diesem Jahr an drei größeren Ausschreibungen teilgenommen – aber eben nicht in Deutschland  Doch auch wenn es sich allmählich wandelt,  wird Spotcap vor allem noch als Kreditvermittler wahrgenommen – selbst von meinen Freunden und Eltern.

In der Reihe „Was macht eigentlich…“ bereits erschienen:

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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