Als Team von Payment and Banking versuchen wir, einen kontinuierlichen Überblick über die Branche zu behalten und berichten über kleine wie große Fintechs und Insurtechs, über etablierten Banken ebenso wie über Neo-Banken, über digitale Strategien, über große Investitionen nationaler und internationaler Geldgeber, schreiben über Exits und liefern Analysen zu aktuellen Themen.

Manche Unternehmen erscheinen dabei häufiger in der Berichterstattung als andere. Das wollen wir ändern und starten mit „was macht eigentlich …“ eine neue Rubrik, in der wir den vielen tollen Unternehmen der Branche Aufmerksamkeit schenken werden, die einen hervorragenden Job machen, im täglichen Business aber manchmal ein wenig unter dem Radar bleiben. Wir wollen wissen, was die Gründer gerade umtreibt, was Stand der Stunde ist, welche Pläne aktuell verfolgt werden und womit uns das Unternehmen sogar bald überraschen wird.

In der aktuellen Ausgabe sprechen wir mit Johannes Laub, dem Gründer von CrowdDesk, über die Frage wie es ist, mit dem besten Freund eine Firma zu gründen, die Erfahrungen während des Corona-Lockdowns, die Zielgruppen des Unternehmens und über wilde CrowdDesk-Weihnachtsfeiern nach einem arbeitsintensiven Jahr.

Hallo Johannes, stimmt es, dass dein Mitgründer Jamal und du sich schon seit Kindheitstagen kennen?

Ja, das stimmt. Jamal und ich sind seit Grundschulzeiten befreundet. Schon als Jugendliche in der rheinhessischen Provinz haben wir uns überlegt, was wir gemeinsam unternehmerisch auf die Beine stellen können. Wir haben Anfang der 2000-er Jahre beispielsweise für Blumenhändler und Winzer Webseiten gebaut, ebenso für unsere Stadt, in der wir groß geworden sind.

Damit haben wir zwar ein bisschen Geld verdient, aber der große Wurf ist uns damals nicht gelungen. Auch nicht mit dem Versuch, Partys zu organisieren.

Da ich aber nebenher immer schon getradet habe, bin ich zunächst zur Bank und habe dort eine Ausbildung gemacht, Jamal ist in die Unternehmensberatung. Wir haben in Frankfurt gemeinsam in einer WG gelebt. Während meiner Zeit bei der Bank bin ich mit einer ganz anderen Welt in Kontakt gekommen, die sich nicht allerdings so gar nicht mit meinen Vorstellungen deckte. Damals arbeitete man dort noch mit MS DOS – kennt heute kein Mensch mehr. Die Zeit hat mich schon sehr geprägt, trotzdem bin ich danach erst einmal für ein paar Monate nach Australien und habe im Bereich Private Equity Venture Capital gearbeitet.

Was macht eigentlich...CrowdDesk
Jamal El Mallouki

Du hast dann mit Jamal zusammen studiert, richtig?

Ja, wir haben später beide an der EBS in Oestrich-Winkel studiert und waren schon fast auf dem Weg, seriös zu werden. Es ist dann doch zum Glück anders geworden. Bereits im Studium haben wir die Plattform LeihDeinerStadtGeld.de an den Start gebracht.

Das Unternehmen firmiert immer noch im Impressum von CrowdDesk. Betreibt ihr beides parallel?

Die Idee zu LeihDeinerStadtGeld.de war tatsächlich unsere Ursprungsidee. Wir hatten gelesen, dass die Stadt Quickborn innerhalb weniger Tage insgesamt vier Millionen Geld von den Bürgern eingesammelt hatte – allerdings ohne Technik und Lizenz, also rechtlich ziemlich heikel. Aber wir hatten erkannt, dass es offenbar ein Bedarf für Kommunen gibt, Geld aufzunehmen.

Mit unserem Business-Modell und unserer ersten Präsentation sind wir dann zu Earlybird nach Hamburg gefahren. Obwohl wir ziemlich auseinander genommen worden waren, half es uns, die Idee und das Konzept anzupassen.

LeihDeinerStadtGeld.de lief technisch und rechtlich super, es hakte im Vertrieb. Man muss wissen: Kommunen zu überzeugen, ist das dickste Brett überhaupt, das gebohrt werden kann, der Sales Circle dauerte viel zu lange und verdient haben wir auch nichts. Da wir beide zu diesem Zeitpunkt das Studium noch nicht abgeschlossen hatten, gab es auch kein Exist-Gründerstipendium für uns. Zum Glück habe ich noch bei meinen Eltern gewohnt, denn von 5.000 Euro Jahresgehalt, die wir uns am Anfang ausgezahlt haben, konnte ich kaum leben. Aber LeihDeinerStadtGeld.de war sozusagen eine Grundlage für CrowdDesk. 2015 haben wir den Pivot vollzogen.

Welchen Vor- bzw. Welchen Nachteil hat es, mit dem besten Freund zu gründen?

Was macht eigentlich...CrowdDesk

Wir waren von Anfang an einfach ein tolles Team. Beispielsweise haben wir viel Zeit damit gespart, eine Vertrauensbasis aufbauen zu müssen. Jeder weiß vom anderen um seine Stärken und Schwächen, was bedeutet, sich viel weniger abstimmen zu müssen. Gleichzeitig haben wir aber auch lernen müssen, dem besten Freund Feedback zu geben. Gerade zu Beginn haben wir uns wie die Kesselflicker über unwichtige Details gestritten.

Aber wir können uns aufeinander immer verlassen und die Trennung von Beruf und privat ist uns nicht wichtig. Ich finde es schön, wenn Mitarbeiter zu Freunden werden, man sich gut kennt. Andernfalls würde ich mich in einem Unternehmen nicht sehr wohl fühlen.

Gemeinhin sagt man uns ja sogar nach, uns optisch immer mehr angenähert zu haben. Und wenn ich alte Fotos betrachte muss ich zugeben: das stimmt!

Du hast selbst zunächst eine Ausbildung gemacht. Wie wichtig ist das klassische Studium, um für CrowdDesk arbeiten zu können?

Wir stellen ganz viele junge Leute ein und möchten Talente selbst weiterentwickeln. Wir nennen es das SC Freiburg Prinzip. Zuweilen beschäftigen wir Mitarbeiter auch aus anderen Branchen. Natürlich schauen wir uns Zeugnisse an, aber die sagen dann doch nur bedingt etwas aus. Nur wer Lust auf das Thema hat, kann bei uns auch etwas reißen. Das klassische Studium ist für uns kein Entscheidungskriterium. Da unsere Technologie noch so jung ist und kaum einer das Know-how über den Markt mitbringt, setzen wir eher darauf, unsere Mitarbeiter auszubilden. Da mir die persönliche Entfaltung selbst so wichtig ist, will ich diese Möglichkeit auch den Mitarbeitern schaffen.

In einem Interview hast du gesagt „Jeder CrowdDesk Weihnachtsfeier ist die wildeste.” Um Himmels Willen ….

Wir sind zwar ein extrem junges Team, verlangen aber von allen Hochleistung. Wir haben gemeinsame Werte und Ziele, die wir erreichen wollen. CrowdDesk hat sich im vergangenen Jahr auf nun 70 Mitarbeiter verdoppelt. Ohne Corona wären wir Ende dieses Jahr auf weit über 100 Mitarbeiter gewachsen. Und wer hart arbeitet, möchte am Ende des Jahres auch entsprechend feiern.

Wer entscheidet über die Neueinstellungen: Du und Jamal oder habt ihr mittlerweile eine eigene HR?

Wir haben eine krasse Lernkurve hinter uns. Wir haben irgendwann gemerkt, dass wir andere Prozesse brauchen und haben uns eine Expertin ins Team geholt. Wir haben klare Kriterien, nach denen wir einstellen und Jamal und ich lernen jeden Bewerber auch kennen.

Aber die finale Entscheidung trifft das Team. Damit fahren wir bislang gut. Aber wir lernen auch hier nie aus. Die schwierigste und wichtigste Frage bleibt “who” nicht “what”. Das Betriebsklima ist ein großes Asset von CrowdDesk.

Wie habt ihr die Wochen während des Corona-Lockdowns erlebt?

Da wir schon von Beginn an digital aufgestellt sind, war es für uns kein Problem, im Home Office zu arbeiten. Allerdings war der Lockdown vor allem für unsere neuen Mitarbeiter schwierig, weil ihnen plötzlich die Ansprechpartner fehlten. Daher mussten wir die Kommunikation anpassen.

Mittlerweile haben wir einen regelmäßigen Bürobetrieb mit weniger Plätzen, als Mitarbeitern, die ins Office kommen wollen, weswegen wir ein Roulette-System entwickelt haben, in dem man sich vorher eintragen muss, um einen Arbeitsplatz zugelost zu bekommen. Das ist eine ganz faire Lösung, denke ich. Aber ehrlich? Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn ich abends noch mal ins Büro komme und sehe, dass Kollegen beieinander sitzen und miteiander ein Bier trinken.

War es seinerzeit eine bewusste Entscheidung, immer schon remote arbeiten zu können?

Nein, das nicht. Wer aber heute ein Unternehmen aufbaut, vergibt sich sehr viele Chancen, gute Mitarbeiter zu finden, wenn er das nicht anbietet – vor allem Entwickler, die sich natürlich fragen, warum sie jeden Tag ins Büro kommen sollten.

Ab einer bestimmten Größe müssen sich viele Unternehmen neu aufstellen, Hierarchiestufen einbauen und Teile ihrer DNA verändern. Seid ihr an diesem Punkt schon?

Auf jeden Fall! Dass sich das Unternehmen weiterentwickelt hat, habe ich in den Momenten gemerkt, in denen nicht mehr ich treibe, sondern auch getrieben werde, weil es eine Mannschaft gibt, weil es Kunden gibt. Plötzlich ist der eigene Terminkalender voller Termine, die andere für einen gemacht haben. Am Anfang fand alles per Zuruf zwischen meinem Mitgründer und mir statt. Doch auf einmal mussten Absprachen mit Dritten getroffen werden. Diese strukturellen Prozesse finde ich grundsätzlich gut. Es wäre naiv zu glauben, ohne Hierarchiestufen auszukommen.

Als ihr CrowdDesk startete, gehörte ihr ja fast zu den Pionieren. Mittlerweile gibt es an 150 verschiedenen Anbieter. Wie würdest du die letzten fünf Jahre beschreiben?

Was macht eigentlich...CrowdDesk

In den letzten Jahren hat sich das Thema stark professionalisiert. Das Wissen der einzelnen Player ist hoch, die Netzwerke belastbar und die Bekanntheit von Crowdfunding ist enorm gestiegen. Einer neueren Umfrage zufolge kennen mittlerweile 76 Prozent der Menschen Crowdfunding, 16 Prozent davon haben schon oder planen, darüber zu investieren. Diese Zahlen haben sich in den letzten Jahren enorm erhöht. 

Was ich besonders interessant finde bzw. was mich persönlich bei dem Thema antreibt ist, dass die Branche schon so viele Asset-Klassen geöffnet haben. Mit Startups ging es los, weil der Zugang zu Kapital für junge Unternehmen schwierig und steinig ist. Aber auch für Kleininvestoren öffnete Crowdfunding viele Türen.

Schnell kamen weitere Asset-Klassen wie die erneuerbaren Energien, Immobilien und jetzt der KMU-Markt hinzu. Im vergangenen Jahr knackte das Volumen des deutschen Crowdinvesting-Markts erstmals die Grenze von 1 Milliarde Euro Das ist eine Gemeinschaftsleistung der ganzen Branche, die der Markt gebraucht hat. Wie viele verschiedene Plattformen es geben muss, kann ich nicht beurteilen.

Welches Thema treibt CrowDesk aktuell voran?

Unseren Marktplatz CrowdDesk NEXT, auf dem wir Emittenten und Vermittler miteinander zusammenbringen. Darauf können Unternehmen ihre digitale Emission einstellen. Auf NEXT angebundene Finanzanlagenvermittler, Emissionshäuser und Plattformen können dann auf diese Emission zugreifen und sie bei ihrer bestehenden Anlegerschaft anbieten. Die Idee dahinter ist, dass wir die Kooperation zwischen Emittenten und Vermittler sowie unter den Vermittlern selbst steigern. Finanzvermittler können auf eine Vielzahl unterschiedlicher Finanzprodukte zugreifen und diese vertreiben. Alle involvierten Akteure haben so eine bessere Marktübersicht und profitieren von der Vernetzung.

Ihr bedient eine Menge Asset-Klassen. Welche funktioniert am besten?

Der Markt ist ganz stark getrieben von Immobilienprojektentwicklungen. Dort haben wir einen super Hype erlebt, der weitergehen wird. Als Privatanleger hatte man bislang in die ertragsreiche, aber risikoreiche Phase des Grundstücks- und Immobilienverkaufs keinen Zugang.

Auch die KMUs haben einen wesentlichen Anteil am Hype, weil die Eigenkapitalquote in den Unternehmen kontinuierlich – unsere Einschätzung nach – in Richtung 35 Prozent steigen wird. Gleichzeitig wird es den Banken durch Basel I, II und III schwieriger gemacht, Fremdkapital zu vergeben. Diese Lücke muss gefüllt werden.

Europa muss hier eine einheitliche Lösung finden. In den USA beispielsweise liegt die Eigenkapitalquote bei 44 Prozent. Dort wird sehr viel mehr über Family and Friends, über Partner oder Fonds investiert. Das steckt hier noch in den Kinderschuhen, aber der Bedarf ist da und wird auch hier mehr und mehr kommen.

„In den USA wird sehr viel mehr über Family and Friends, über Partner oder Fonds investiert als in Deutschland.“

Welche Zielgruppe adressiert ihr, wer ist der klassische Investor.

Wir selbst sind keine Plattform, sondern im B2B-Bereich unterwegs, das heißt als Softwareanbieter bzw. als White-Label Lösung, haben wir keine Direktanleger. Unternehmen oder professionelle Kapitalvermittler kommen auf uns zu und nutzen unsere Software, um Kapital zu vermitteln, zu emittieren oder einzusammeln.  In einer anonymen Umfrage haben wir aber herausgefunden, dass es durchaus viele junge Anleger gibt, die das ganz nativ nutzen, aber in den Volumina dominieren die Mitte 30 bis 40-Jährigen. Diese Zielgruppe ist online-affin und bringt Kapital mit. Viele Investments sind purpose-driven. Mit digitalen Lösungen kann die Ratio bedient und Geld verdient werden, aber gleichzeitig auch Gutes getan werden.

Hat das Thema Crowdfunding durch Covid-19 nochmal an Schwung aufgenommen?

Alles in allem hat Covid-19 die Entwicklung beschleunigt. Wir haben gerade in den ersten Monaten nach dem Lockdown gesehen, dass mehr investiert wurde. Die Anleger waren zuhause und über das Internet gab es eine einfache Möglichkeit der Investition. Manche Kundengruppen haben zunächst abgewartet, andere haben umso mehr Gas gegeben, da sie merkten, welche Vorteile eine digitale Lösung bietet, die sie unabhängiger von Krisen macht. Viele sind gerade dabei ihr Geschäftsmodell mit uns digital aufzustellen, andere wollen heterogenere Finanzierungsstrukturen. Diese Kundengruppen haben uns einen Schub gegeben. Alles in allem hat Covid-19 die Entwicklung beschleunigt.

Wer ist denn bei euch investiert?

Wir haben einen Business Angel aus der Pharmaindustrie, der von Anfang an dabei ist. Außerdem ist Blue Dynamic aus Frankfurt bei uns investiert. Wir kommen aus der Bootstrapping-Zeit und daher wissen wir, wie es ist, profitabel zu arbeiten. Wir wollen uns aber selbst Druck machen und Investoren an Bord nehmen, um das Wachstum noch einmal beschleunigen zu können.

Wer würde gut zu euch passen?

Jemand, der das Thema versteht und der durch eigene Erfahrung bei der weiteren Skalierung helfen kann.

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