Das Bundesfinanzministerium will mit einer neuen Verordnung endlich eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Videoident-Verfahren schaffen. Für Finanzunternehmen und Dienstleister bringt das Veränderungen mit sich. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es in dem Entwurf?

Der Entwurf soll eine rechtliche Basis für die richtige Anwendung des Videoident-Verfahren schaffen. Er würde für Unternehmen gelten, die nach dem Geldwäschegesetz (GWG) als Verpflichtete gelten. Das sind Banken, Finanzdienstleister und E-Geld-Institute. Aber auch für Anwälte, Notare, Steuerberater oder Immobilienmakler können unter Umständen betroffen sein.

In dem Entwurf wird nun unter anderem festgelegt, in welchen Aspekten die Mitarbeiter, die das Videoident-Verfahren durchführen, geschult sein müssen, wie ihre Räumlichkeiten auszusehen haben, welche technischen Standards erfüllt werden müssen und welche Ausweisdokumente für das Verfahren geeignet sind.

Gibt es nicht schon Vorgaben für das Videoident-Verfahren?

Ja, aber bisher nur in einem Rundschreiben, das die Bafin 2017 veröffentlichte. Eine gesetzliche Grundlage fehlte bisher. Das Bafin-Rundschreiben gilt aber nur für Unternehmen, die auch deren Aufsicht unterliegen. Die weiteren Verpflichteten im Sinne des GWG hatten entsprechend bisher keine vernünftigen Richtlinien für den Videoident-Einsatz. Die vorgeschlagene Verordnung soll nun also eine rechtliche Grauzone ausleuchten und gleichzeitig vielen GWG-Verpflichteten weitere Mittel zur Identitätsfeststellung an die Hand geben.

Was bedeutet der Entwurf für Banken und Finanzdienstleister?

Wer bereits Videoident-Verfahren eingerichtet hat, wird vermutlich nicht viel ändern müssen, der Entwurf orientiert sich eng an den bisherigen Bafin-Vorgaben. Die größte Veränderung bringt ein anderer Aspekt des Entwurfs mit sich: Wer zukünftig Videoident anbietet, muss parallel auch die Identitätsfeststellung per eID, also per digitalem Personalausweis, ermöglichen. Diese Verknüpfung könnte für Finanzunternehmen, die diese Option bisher nicht im Angebot haben, Mehraufwand bedeutet, vor allem Neobroker und Neobanken verzichten bisher oft darauf.

Können eID-Dienstleister auf einen Boom hoffen?

„Boom“ ist vielleicht etwas zu stark formuliert. Auf die eID-Abwicklung spezialisierte Anbieter dürften mehr Anfragen und perspektivisch mehr Kunden bekommen, wenn der Entwurf so oder so ähnlich zum Gesetz wird. Viele Betroffene werden aber auch zu den großen ID-Dienstleistern gehen, die oft mehrere Verfahren im Angebot haben, etwa IDNow. 

Die Umsatz- und Margenstruktur der Anbieter könnte sich durch höhere eID-Adaption allerdings verändern. Die eID ist kostengünstiger als das Videoident-Verfahren, schließlich braucht es weniger Personal. Sie dürfte aber auch die Kunden der Dienstleister weniger kosten. 

Verhilft dieser Entwurf der eID zum Durchbruch?

Die eID fristet bisher eher ein Schattendasein. Zwar haben die meisten Personalausweise heutzutage diese Funktion, aber nur 14 Prozent der Bundesbürger nutzen den Service zumindest hin und wieder, so die Ergebnisse einer Studie des Vereins D21. Befürworter betonen, dass die eID weniger aufwändig sei als ein Videoident-Verfahren, schließlich erfordert es in der Theorie kein Videotelefonat und entsprechende Abstimmung mit einem Service-Mitarbeiter. 

Was ist mit teil- und vollautomatisierten Videoident-Verfahren?

Teilautomatisierte Verfahren könnten laut Entwurf auch eingesetzt werden. Sie müssen natürlich dieselben Voraussetzungen wie das klassische Verfahren erfüllen. Dann können aber Aufzeichnung und die vorgeschriebenen Identitätsprüfungen automatisch stattfinden – sofern ein Mitarbeiter am Ende noch einmal überprüft, ob alle Vorgaben eingehalten wurden.

Vollautomatisierte Verfahren dürfen zumindest erprobt werden, wenn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sein Okay gibt. Allerdings gibt es enge Vorgaben. Und wer ein solches Verfahren erproben möchte, wird regelmäßig Bericht erstatten müssen.

Wie geht es nun weiter mit der Verordnung?

Der Referentenentwurf ist nur ein erster Aufschlag, nun beginnt die Beteiligungsphase, in welcher Bundesländer, Verbände und andere Organisation Stellungnahmen mit Anmerkungen abgeben dürfen. Diese werden dann gegebenenfalls vom Ministerium in den Entwurf eingearbeitet, der dann ins Kabinett und schließlich in  den Bundestag geht, wo es ebenfalls noch zu Anpassungen kommen kann. Ob dieser Entwurf also in der bisherigen Form am Ende zum Gesetz wird, ist sehr fraglich. Bis zur abschließenden Verkündung im Bundesgesetzblatt dürfte so oder so noch eine Menge Zeit vergehen.

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