Vorgestellt: Was macht eigentlich … bezahl.de?

Als Team von Payment and Banking versuchen wir, einen kontinuierlichen Überblick über die Branche zu behalten und berichten über kleine wie große Fintechs und Insurtechs, über etablierten Banken ebenso wie über Neo-Banken, über digitale Strategien, über große Investitionen nationaler und internationaler Geldgeber, schreiben über Exits und liefern Analysen zu aktuellen Themen.

Manche Unternehmen erscheinen dabei häufiger in der Berichterstattung als andere. Das wollen wir ändern und starten mit „was macht eigentlich …“ eine neue Rubrik, in der wir den vielen tollen Unternehmen der Branche Aufmerksamkeit schenken werden, die einen hervorragenden Job machen, im täglichen Business aber manchmal ein wenig unter dem Radar bleiben. Wir wollen wissen, was die Gründer gerade umtreibt, was Stand der Stunde ist, welche Pläne aktuell verfolgt werden und womit uns das Unternehmen sogar bald überraschen wird.

Dieses Mal sprechen wir in der Rubrik „was macht eigentlich…?“ mit Lasse Diener, Mitgründer und CEO von NX Technologies/bezahl.de.

Zunächst ein paar Eckdaten: Seit wann gibt es euch und wie groß seid ihr mittlerweile?

Mein Co-Founder/CPTO Ulrich Schmidt und ich haben die FirmaNX Technologies, die hinter bezahl.de steht, vor etwa 3,5 Jahren in Köln gegründet. Wir sind mittlerweile auf über 90 Mitarbeitende angewachsen und verstehen uns als Pioniere für digitale Zahlungslösungen im Automotive und Mobility Umfeld. Der Kern unseres Produktes ist das Bezahlen in der Automotive Branche, allerdings wird bezahl.de künftig auch für weitere Industrien mit individuellen Forderungen spannend.

Um es nicht zu verwechseln: Wir sprechen hier also nicht von In-car Payment?

Nein, das ist nicht zu verwechseln. Wir sind die Payment-Plattform für den Autohandel – ein vollkommen unterschätzter Payment-Markt. Es gibt hierzulande viele, sehr große Autohandels-Gruppen, die in Deutschland und Europa Autohäuser betreiben. Viele Prozesse finden tatsächlich nach wie vor noch manuell und auf Papier statt. Das ist natürlich personalintensiv – und teuer. Unsere Plattform bezahl.de automatisiert den Zahlungsprozess von der Forderung bis hin zur Verbuchung im Backoffice ganzheitlich.

Das klingt, als sei der Autohandel nach wie vor eine sehr traditionelle Branche …

Absolut, ja! Der Autohandel ist eine klassische Handelsbranche, doch trotz seiner enormen Größe noch sehr traditionell. Allerdings nimmt die Digitalisierung auch hier aktuell Schwung auf. Relevant ist das Thema Zahlungsmanagement auch deshalb, weil sich Autohändlerinnen insbesondere in der aktuellen Krise, dem Ukraine-Krieg und der damit verbundenen Lieferketten-Problematik      mit der Optimierung und Digitalisierung Ihrer administrativen Prozesse auseinandersetzen. Bislang wurden solche Themen ausgeklammert und eine hohe Marge blieb unberücksichtigt liegen.

Wir begleiten den Autohandel dabei, das Potenzial in den internen Prozessen zu heben. Unsere Software lässt sich direkt in die bestehen Dealer-Management-Systeme (DMS) der jeweiligen Autohändler:innen integrieren. So können sie individuell die einzelnen Leistungen von bezahl.de nutzen.

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Von welcher Branchengrößen sprechen wir?

Wenn man den Verkauf von Autos und vor allem das Thema Serviceleistungen betrachtet, ist diese Branche tatsächlich riesig. Alleine in Deutschland sprechen wir von einem Umsatz in Höhe von 150 Mrd. Euro rein im Vertrieb von Autos im Autohandel und von weiteren 35 Mrd. Euro im After Sales. Den Markt auf Europa hochgerechnet ist er um das Fünffache höher.  

Habt ihr eine Idee davon, warum gerade das Thema Payment in der Automobilbranche oder bei den Autohändlern so vernachlässigt worden ist?

Wenn Autohäuser Geld investieren, dann liegt der Fokusbereich nicht im Backoffice, obwohl dort die meisten Kosten entstehen. In demonstrativen Prozessen wie dem Autoverkauf ist es zunächst wichtiger, Kund:innen Innovation, Digitalisierung, Virtual Reality und weitere innovative Themen zu präsentieren. Schließlich sollen sie ein technologisches Produkt kaufen. Daher kamen im Autohandel Prozesse im Hintergrund einfach lange Zeit zu kurz. Hinzu kommt: Es gab schlichtweg keine Lösung für Backend-Prozesse, die diese wirklich sehr große Nische bedient.

Was ist denn die Besonderheit bzw. die Herausforderung im Payment in dieser Branche? Ich sag‘ es salopp: Payment könnte ja jeder.

Wir bei bezahl.de verstehen uns nicht als ein reiner Payment Service Provider, der verschiedene Zahlungsmöglichkeiten insbesondere für hohe Summen anbietet. Wir bieten eine ganzheitliche Plattform-Lösung, die den gesamten Prozess abbilden kann. Bisher gibt es zwar viele Insellösungen, aber wir gehen das Thema holistisch an. Momentan führen wir beispielsweise „Buy now, pay later“ und Ratenzahlungen für Servicerechnungen im Automotive Aftersales ein.

Das bedeutet, dass wir den gesamten Forderungsprozess für Händler:innen managen werden. Zusätzlich können wir auch Embedded Insurance Produkte anbieten. Themen, die in anderen Branchen längst ein wichtiger Wachstumstreiber sind, sind für den Automotiv-Bereich bisher ungelöst, weil entsprechende Anbindungen unter anderem der BNPL-Provider fehlen. Wir verbinden nun alle Komponenten, binden sie in das bestehende System des Händlers ein und managen den Prozess.

Mit dem Vorteil, Erster am Markt gewesen zu sein, wachsen wir über Multiplikatoren, mit denen wir eng zusammenarbeiten und Lösungen bereitstellen. Die Branche ist nicht nur traditionell, sondern auch familiär.

Warum reichen die Insellösungen nicht aus?

Es treffen hier die verschiedene Bedürfnisse der Akteure aufeinander, die man verstehen muss. Die Automobilhersteller wollen mehr Informationen und Daten über ihre Kund:innen sammeln und bringen daher eigene Systeme in die Autohäuser. Parallel liegt es im Interesse der Autohäuser ihr Selbstbestimmungsrecht beizubehalten. Man darf nämlich nicht vergessen, dass Autohändler:innen meistens eigenständige Unternehmer:innen und in Verbänden organisiert sind. Man lässt sich nicht gerne in die Prozesse schauen. Nur der kleinere Teil der Handelsbetriebe gehört den Herstellern selbst.

Am Ende führt das aber dazu, dass individuelle, einzelne Lösungen um bestehende Systeme herum gebaut wurden. Autoverkäufer:innen haben schlussendlich viele verschiedene Systeme am Arbeitsplatz, die bedient werden müssen. Das führt zu Unübersichtlichkeit. Wir helfen ihnen Transparenz herzustellen – in Echtzeit. 

Was habt ihr in den vergangenen Jahren am Markt gelernt und musstet ihr euer Produkt noch einmal anpassen?

Von vornherein haben wir Lösungen mit dem Markt gemeinsam mit unseren Kund:innen entwickelt. Wir haben lange und viel mit den Autohäusern gesprochen, Workshops etc. veranstaltet, um den Markt und die Bedürfnisse zu verstehen. Wir haben alle Gegebenheiten sehr genau unter die Lupe genommen und konnten auf diesem Weg ein Produkt auf die Beine stellen, das echte Mehrwerte bringt und den Markt nachhaltig digital verändert.

Ihr sagt, ihr habt die Lösung gemeinsam mit den Händlern entwickelt. Was sind denn deren drei Top Needs im Backend der Autohändler?

  • 1. Automatisierte Prozesse, um Insellösungen miteinander zu verbinden. 
  • 2. Transparenz darüber, welche Leistungen bezahlt sind, wo Rechnungen offen sind    
  • 3. Den Kunden als Asset zu verstehen und ihn mit Informationen zu versorgen.
silver bmw m 3 parked in building

Ein Beispiel hierfür: Der Kunde oder die Kundin erhält eine Papier-Rechnung und wird nie wieder darüber informiert, ob das Geld überhaupt angekommen ist. Jetzt wird der Prozess Richtung Kund:innen digital. Künftig erhält er oder sie in Echtzeit Informationen zu unterschiedlichen Zahlungsmöglichkeiten, dem Zahlungsstatus und vielen weiteren Features. Das reduziert nicht nur die Arbeit der Händler:innen, sondern führt auch zur größeren Zufriedenheit der Kund:innen.

Das bedeutet aber auch, dass sich die Prozesse für die einzelnen Mitarbeiter:innen in einer Automobilhandelsgruppe verändert. Change Management ist da absolut eine der größten Herausforderungen. Wir digitalisieren ja nicht einfach nur den Papierprozess, sondern auch die Art, mit Kund:innen zu kommunizieren.

Was kostet das Autohaus die Nutzung von bezahl.de?

Wir erheben zunächst eine monatliche SaaS-Gebühr in Höhe von 99 Euro pro Autohaus und Standort. Zusätzlich arbeiten wir mit einem transaktionsbasierten, gedeckelten Businessmodell, in welchem die Händler:innen pro Forderung eine gewisse Summe zahlen. Das ist kein „entweder oder“- Modell, sondern eine Kombination vieler Faktoren. Ich vergleiche das gerne mit einem alten Handyvertrag, der sich auch aus mehreren Paketen zusammensetzt. So rechnen auch wir ab.

Soll es denn zunächst bei der Automotive-Branche bleiben oder habt ihr bereits weitere im Visier?

Der Möbelhandel steht aktuell vor ähnlichen Herausforderungen wie der Autohandel. Warum? Wir bieten Return on Invest für Händler:innen, indem wir Prozesse streamlinen, womit sie viel Zeit und Geld einsparen können. Künftig werden wir auch eine Plattform sein, die den perfekten Touchpoint auch zu Kund:innen hat. Wir starten gerade damit und sorgen dafür, dass wir Cross-Selling Potenziale nutzen können, um Kund:innen zum richtigen Zeitpunkt verschiedene Themen anzubieten. Das ist auch für weitere Branchen absolut relevant.

In der Branche scheint ihr, wie du beschreibst, schon recht bekannt zu sein. Innerhalb der Payment-Branche aber habt ihr wenig kommuniziert, oder täuscht mich der Eindruck?

Wir haben uns zu Beginn zunächst darauf fokussiert, unser Business aufzubauen und innerhalb der Automotiv-Branche zu kommunizieren. Mit unserem Wachstum und jetzt 90 Fintech-Expert:innen an Bord von bezahl.de werden künftig weitere Branchen interessant, so dass wir präsenter werden und weiteren Themenbereichen kommunizieren.

Arbeitet ihr mit Partnern zusammen, um die Fintech-Themen abzufedern, oder macht ihr alles inhouse?

Wir haben für unterschiedliche Bereiche Partner. Es wäre einfach nicht sinnvoll, alles selber zu bauen. Daher arbeiten wir mit Banken wie der HypoVereinsbank und Finanzdienstleistern wie FinTechSystems zusammen. Die Lizenzen entsprechend über die Partner zu beziehen hat für uns den Vorteil, dass wir uns voll und ganz auf unser Business und unsere Stärken fokussieren können. Das soll auch künftig so bleiben.

Steht die Internationalisierung auch auf der Roadmap?

Auf jeden Fall, ja, denn unser Ziel ist es, der führende Player für Zahlungsmanagement in Europa bzw. im SEPA-Euroraum zu werden. Aber noch ist der deutsche Markt so groß, dass wir uns gerade wirklich darauf fokussieren. Streng genommen sind wir ja schon international tätig, weil einige unsere Kund:innen bereits europaweit operieren.

Dann abschließend noch die Frage: wer ist Investoren-seitig bei euch mit an Bord?

Hinter uns steht ein Kreis aus Branchenexperten aus dem Bereich Automotive. Wir haben u.a. ein Family Office eines Venture Capital Pioniers mit an Bord und mit embedded/capital jetzt auch einen starken Partner aus dem Fintech Bereich. In unserer diesjährigen Seed-Finanzierungsrunde haben wir 5 Millionen Euro eingesammelt.

In dieser Serie u.a. bereits erschienen:

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Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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