Als Team von Payment and Banking versuchen wir, einen kontinuierlichen Überblick über die Branche zu behalten und berichten über kleine wie große Fintechs und Insurtechs, über etablierten Banken ebenso wie über Neo-Banken, über digitale Strategien, über große Investitionen nationaler und internationaler Geldgeber, schreiben über Exits und liefern Analysen zu aktuellen Themen.

Manche Unternehmen erscheinen dabei häufiger in der Berichterstattung als andere. Das wollen wir ändern und starten mit „was macht eigentlich …“ eine neue Rubrik, in der wir den vielen tollen Unternehmen der Branche Aufmerksamkeit schenken werden, die einen hervorragenden Job machen, im täglichen Business aber manchmal ein wenig unter dem Radar bleiben. Wir wollen wissen, was die Gründer gerade umtreibt, was Stand der Stunde ist, welche Pläne aktuell verfolgt werden und womit uns das Unternehmen sogar bald überraschen wird.

Dieses Mal sprechen wir in der Rubrik „was macht eigentlich…?“ mit Viktor Butsch, Co-Gründer des Hamburger E-Commerce-Technologieunternehmens payever.

Ihr passt perfekt in die Rubrik „was macht denn eigentlich…?“. Obwohl ihr vernetzt seid, fliegt ihr weiterhin ein wenig unter dem Radar. Warum ist das so?

Das ist eine bewusste Entscheidung. Wir haben uns bisher vornehmlich auf Themen fokussiert haben, die unser Business betreffen, hier vor allem auf unsere Lösungen und Use Cases, die wir umsetzen. Hinzu kommt, dass wir anders als viele andere Startups keinen Fokus auf große Finanzierungsrunden legen und daher auch nicht so viel in Richtung Investoren kommuniziert haben. Alles in allem ist das wohl der Grund, warum wir tatsächlich bisher von außen kaum wahrnehmbar sind.

Allerdings werden wir zukünftig mehr über uns sprechen müssen, weil es die Mitarbeitersuche erleichtert, wenn wir bekannter sind und werden. Das ist aktuell eine der größten Herausforderungen, vor der wohl alle Unternehmen stehen. Wir haben uns immer eher darauf konzentriert, mögliche Kunden und Partner, also Händler und Banken, anzusprechen. Hier setzen wir auf Partnerseite vor allem auf unser Netzwerk und 1:1 Ansprache unter anderem auf Messen oder Direktanfragen sowie die Kundenakquise durch unsere Partner.

Ihr seid personell in den letzten Jahren gewachsen, hattet dann aber Pech. Direkt nach dem Umzug in ein neues Büro in Hamburg brach die Pandemie aus.

Ja, das war nicht optimal, denn durch unser Wachstum in den letzten Jahren haben wir weitere Mitarbeiter bei payever eingestellt. Die Pandemie hat Hiring und das Onboarding schwieriger gestaltet als gedacht. Aber damit sind wir ja nicht allein.

Diese Pandemie hat uns ja organisatorisch alle auf dem falschen Fuß erwischt. Für uns als junges IT-Unternehmen, das schon vorher die entsprechenden Voraussetzungen für Remote Work hatte, war dies aber wohl noch vergleichsweise gut umsetzbar. Und ein größeres Büro hatte in dieser Situation dann auch seine Vorteile.

Gleichzeitig können wir uns business-seitig aber nicht beklagen. Im Gegenteil: Wir sind durch Partnerschaften weiter organisch gewachsen. Ein Schwerpunkt unseres Geschäfts liegt im Bereich Embedded Finance, bei dem wir als Partner für Banken, Versicherer und andere Finanzdienstleister unterschiedliche Finanzprodukte entwickeln bzw. integrieren und damit für Händler und deren Kunden verfügbar machen. Wir haben in den vergangenen beiden Jahren gespürt, dass das Thema Payment durch Corona abermals deutlich angezogen hat.

Neben der Betreuung großer Kunden und Partner öffnen wir uns bei payever aktuell auch gegenüber kleineren Kunden, bewegen uns also in den Longtail. Bisher kamen unsere Partner und großen Kunden über Empfehlungen, vertriebsseitig und im Marketing waren wir selbst nicht sehr aktiv. Verbunden mit diesem zusätzlichen Fokus werden wir hier vermehrt Zeit und Kraft investieren müssen.

Euch gibt es seit gut acht Jahren. Bitte beschreib doch einmal die Reise seit Gründung bis heute.

payever wurde von uns beiden, Artur Schaht, und mir, Viktor Butsch, Ende 2013 gegründet. Wir sind keine Gründergeschichte im klassischen Sinne. Ursprünglich wollte ich promovieren, aber die Aussicht auf weitere Jahre an der Uni war für mich ziemlich ermüdend, zum anderen lernten ich parallel auch meinen Mitgründer Artur  kennen, der bereits Gründungserfahrung hatte. Wir haben damals viel geredet und Ideen ausgetauscht. Und am Ende hat er mich für den Aufbau eines Unternehmens begeistert.

Das Interesse an Payment und an digitalen Produkten im e-Commerce wuchs und auch wir stellten uns viele Fragen, zum Beispiel, warum es Finanzierungsprodukte nur bei großen Händlern gab? Dabei war die Antwort recht simpel. Weil es zu dem Zeitpunkt sehr schwierig war, diese in einen Check-out- oder Verkaufsprozesse zu integrieren. Hinzu kam, dass es damals die ganzen digitalen Identity-Tools noch nicht gab. Zur Identifikation musste man noch physisch Post musste. Das gibt es ja heute immer noch. Aber insgesamt hat sich der Markt rasant entwickelt. Und wir selbst haben neben unserem Bezahlangebot ein umfassendes Baukastensystem entwickelt, das es jedem Händler – großen wie kleinen – erlaubt, die Lösungen zu wählen, die er will.

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Was waren die Gründe dafür, dass ihr euch statt eines VCs einen Bankenpartner gesucht hattet?

Da wir digitale Payment-Lösungen schon aus rein regulatorischen Gründen nicht selbst bauen konnten oder wollten und das Ganze auch sehr kapitalintensiv ist, haben wir uns einen Bankenpartner gesucht, der uns dabei unterstützt. Dieser Weg erschien uns damals geeigneter, als über VCs Fremdkapital ins Haus zu holen, wie es andere Fintechs seinerzeit gemacht haben. Mit der Santander Consumer Bank haben wir damals einen idealen Partner gefunden.

Wir starteten mit payever zunächst damit, Bankenprodukte in den Online-Shop zu bekommen, und haben für die Händler die Möglichkeit geschaffen, diese Integration möglichst einfach vorzunehmen und bieten die Schnittstelle, die in der Plattform eingebunden wird. Wir begannen zunächst mit Lösungen zur Finanzierung und haben dies über die Jahre hinweg auf weitere Zahlarten ausgedehnt. Auf diesem Weg sind wir zunächst ein klassisches Payment Gateway geworden. Aktuell gehen wir unter anderem an den POS (Point of Sale).

Wie lautet dein Pitch in wenigen Sätzen?

payever kommt aus dem Payment ist aber viel mehr. Wir bauen umfassende Commerce-Services und -Lösungen für unsere Kunden von Groß bis Klein, denn ist die Lösung erst einmal gebaut, dann kann sie überall eingesetzt werden. Unser Ziel ist es, Partnerschaften weiter auszubauen, gleichzeitig wollen wir nun vermehrt in die Direktakquise von Kunden und werden Marketing- und Salesaktivitäten aufbauen. Strategisch gesehen sind das sehr komplementäre Geschäftsmodelle, denn man wird für Partner interessanter je mehr Kunden man bereits hat und tut sich in der Kundenakquise leichter je mehr Lösungen und Integrationen man anbieten kann.

Dabei haben wir eine sehr diverse Preisstruktur, die je nach Lösung oder Angebot von einer geringen Gebühr an den Händler bis zu einmaligen Implementierungskosten, monatlicher Wartung und Provision für den Partner reicht.

Wer genau sind denn eure Kunden?

Aktuell haben wir ca. 5.000 Kunden und das sind in der Regel Online-Händler, die entweder eins unserer Tools nutzen oder klassisch über unsere API bzw. eines der viele Shopsystem-Plugins unterschiedliche Zahlarten in ihren Check-Out Prozess integrieren können. Das Schöne ist, dass wir vom Ein-Mann Unternehmen bin hin zu großen Elektromärkten wie z.B. Mediamarkt alle Kunden mit unserem Angebot bedienen können. Wie bei einem Baukastensystem können die Kunden modular unsere Lösungen einsetzen. Das Spektrum, das die jeweiligen Händler nutzen, ist dabei groß.

Wen seht ihr auf dem deutschen Markt als den größten Mitbewerber?

Tatsächlich haben wir nicht den einen direkten Wettbewerber, der 1:1 das gleiche macht wie wir bei payever. Einerseits könnte man meinen, wir konkurrieren mit Unternehmen wie Klarna oder anderen Payment Service Providern jeweils in einzelnen Bereichen. Gleichzeitig arbeiten wir aber genau mit diesen Unternehmen parallel zusammen. Dabei verfolgen wir einen Plattformansatz, integrieren aber auch einzelne unserer Lösung mit anderen externen System oder Plattformen.

yellow and white trophy

Wir sind eben nicht nur im Payment-Markt oder als Fintech unterwegs, sondern bieten insgesamt unterschiedliche Commerce Lösungen an. Einen Mitbewerber wie Klarna fürchten wir daher nicht, da wir uns früh entschieden haben, einen komplett anderen Ansatz zu verfolgen.

Embedded Finance gehört ja unzweifelhaft zu den Themen dieser Tage. Nun bietet ihr ja auch Integrationsmöglichkeiten für diese Finanzierungform an. Ist der Trend auch bei euch spürbar?

Ganz klar ja. Wir sind in diesem Umfeld ja schon länger unterwegs, vielleicht sogar bevor der Begriff Mode wurde. Das Interesse an Finanzierungsprodukten ist durch den Buy Now Pay Later Hype natürlich noch größer geworden. Vor allem aus dem Bankenumfeld nehmen die Anfragen zu, da diese den Anschluss nicht verlieren wollen und stark in neue digitale Projekte investieren wollen oder müssen.  

Zurzeit seid ihr in sieben internationalen Märkten aktiv und wollt in weitere expandieren? Welche Länder sollen es werden?

Unsere Strategie ist es, dass ein Markteintritt immer mit einer Partnerschaft eines Akteurs, der vor Ort bereits eine starke Präsenz hat, verbunden sein muss. Dieses Vorgehen macht uns in unserer Roadmap flexibel. Wir sind jetzt neben Deutschland schon länger auch in Österreich, Norwegen, Dänemark und Schweden aktiv, neu hinzugekommen sind die Niederlande, UK und Finnland. Unser Banken-Partner, die Santander bspw., geht diese Schritte jeweils mit.

Du sagst es: payever arbeitet eng mit der Santander zusammen, die auch seinerzeit investiert hatte. Sind weitere Kapitalgeber mit an Bord?

Das EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft, das ganz am Anfang extrem hilfreich für uns war, um sich auzuprobieren und zu schauen, wohin die Reise gehen wird. Hinzu kam der Hightech Gründerfonds (HTGF) sowie der Innovationsstarter Fonds hier in Hamburg, die uns mit einer kleinen Anschubfinanzierung zusätzlich unterstützten.

Wir arbeiten allerdings seit Jahren profitabel und können viele Dinge aus eigener Hand finanzieren, aber sicher haben wir Pläne, die Kapital notwendig machen könnten. Daher möchte ich nicht ausschließen, dass wir irgendwann noch einmal Investoren mit an Bord holen müssen. Aktuell ist das aber nicht unser vordringliches Ziel.

Stellt ihr in der Nutzung eurer Produkte Unterschiede zwischen den Ländern fest?  

Die Produkte im Payment sind geringfügig an die jeweiligen Herausforderungen in den einzelnen Ländern angepasst. Vor allem in den Nordics trägt die größere Akzeptanz und die Verbreitung von mobile Payment enorm zur Vereinfachung bei. Das sehen wir auch an unseren Statistiken, dass in diesen Märkten signifikant mehr mobil eingekauft bzw. bezahlt wird.

Grundsätzlich ist unser Ansatz jedoch, Produkte zu standardisieren, um dem Plattformansatz von payever gerecht zu werden. Wir wollen Produkte von Beginn an so einfach wie möglich gestalten, damit Händler so wenig Support benötigen, wie möglich. Gleichzeitig sind wir aber flexibel genug, um Anpassungen vorzunehmen, sowohl für unsere Partner als auch große Kunden.

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