Die Solarisbank ist neben N26, Trade Republic und Raisin eines der Vorzeige Fintech-Start-Ups in Deutschland. Bereits seit Wochen gibt es Gerüchte einer neuen Finanzierungsrunde. Nach Medienberichten soll diese nun abgeschlossen sein. Insgesamt 38 Mio. Euro sollen geflossen sein. Auch der 2022 Cash-Burn ist bekannt. Wir analysieren, wie es aktuell um die Finanzen und das Geschäftsmodell der Solaris steht. Eines schon vorneweg: Rosig sieht anders aus.
Harte Financials
Die Kollegen von Finanz-Szene haben vor knapp vier Wochen eine lesenwerte Analyse der Fundingrunden und des Cash-Burns in Form von Tabellen veröffentlicht. Wunderbar aufgelistet lassen sich dort alle Summen nachvollziehen. Insgesamt wurden insgesamt 390 Mio Euro an Equity-Funding eingesammelt, aber gleichzeitig auch 196 Mio Euro verbrannt. Auffällig hierbei ist, dass der jüngste 2022 Cash-Burn mit 56 Mio Euro bis dato der jährlich höchste war und year-over-year nochmals um 33 % stieg.
Obwohl das Handelsblatt im Mai noch von einer bevorstehenden 50-60 Mio Euro starken Runde berichtete, beläuft sich die letzte Fundingrunde auf „nur“ noch 38 Mio Euro. Natürlich ist das auch noch eine Menge Geld, aber bei Lichte betrachtet sind das schlechte Nachrichten als gute verkauft, denn kein externer Investor ist dazu gekommen. Die Bestandsinvestoren haben die Runde geschultert bei gleicher Bewertung plus angeblich generösen Liquiditätspräferenzen. Sie haben sich und dem Management damit Zeit gekauft.
Man muss kein erfahrener Bilanzanalyst sein, um zu erkennen, dass die Solaris trotz operativen Gegenwinden im laufenden Jahr nun wirklich und sehr sehr dringend den angekündigten Turn-around in Richtung Profitabilität schaffen muss. „Profitabilität“ nennt man übrigens das, was wir in Deutschland von unseren Neobanken wie N26 und Solaris leider nur aus Ankündigungen kennen, aber bei UK Pendants längst Realität ist. Zugegeben: Diese auch aus anderen Gründen, aber am Ende ist Profit schlichtweg Profit und Verluste sind Verluste. In der aktuellen Zins- und Funding-Situation ist ein profitables Set-up jedoch ein äußerst wertvoller Wettbewerbsvorteil.
Challenges des “BaaS-Dilemmas”
Die Solarisbank füllte mit ihrem Tech-Stack und dem Banking-as-a-Service (BaaS) Angebot schnell eine Marktlücke und erarbeitete sich fast einen „must-go”-Status für deutsche Fintechs. Sie machte rasch einen sehr viel besseren Job als die damaligen Platzhirsche in dem BaaS-Bereich. Namen wie BIW-Bank, NetM-Bank, Fidorbank oder Wirecard-Bank tauchen nur noch stark verblasst im kollektiven deutschen Finanzwirtschaftsgedächtnis auf. Alle diese Anbieter, sind, bis auf die in Abwicklung befindliche Fidorbank, längst geschlossene Kapitel in der deutschen Finanzgeschichte.
Trotz ihres schnellen Markterfolgs hatte auch die Solarisbank in der Vergangenheit mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Neben den bekannten Problemen mit der Bafin ist hier vor allem das grundlegende und eigentlich vorhersehbare BaaS-Dilemma gemeint: Junge, kleine Fintechs haben ein starkes Interesse an einer Kooperation mit der Solaris.
Solange sie noch klein sind, ist auch das Monetarisierungspotenzial für die Solaris gering. Erst mit steigendem Erfolg, gemessen an Kunden/Konten eines Fintech-Partners, macht eine Kooperation für die Solarisbank wirklich Spaß.
Interessen der Partner gehen zunehmen auseinander
Dumm nur, dass Solaris und ihre Fintech-Partner bei einer Skalierung keine gleichgerichteten Interessen mehr haben. Je erfolgreicher und größer die Fintechs, desto selbstbewusster werden die Solaris-Klienten. Sie sind schlichtweg flügge geworden, weswegen das Eigen-Interesse an einer stärkeren Kontrolle der end2end Prozesse und Wertschöpfung wächst. Sie bemühen sich ihrerseits ggf. selbst um entsprechende Lizenzen und die Services des ausgelagerten BaaS-Partners Solaris werden sukzessive in das Unternehmen eingegliedert.
Ein perfekter negativer Sturm braut sich dann auf, wenn dazu noch am unteren Ende der Kundenpyramide die Gründungsaktivität zurückgeht und frisches Blut an Neukundenprojekten fehlt. Es wird auch nicht besser, wenn es zeitgleich zu einer Konsolidierung der etablierten Start-ups am oberen Ende durch Übernahmen (z.B. Penta) oder Insolvenzen (z.B. Bitwala/Nuri) kommt. Bildlich gesprochen heißt das: Es liegt dann ein gravierendes Problem vor, wenn sich die Kundenstruktur von der Form der Gizeh-Pyramide in die bekannte „Pyramide“ der deutschen Altersverteilung verändert.
Fazit: Solaris, c’mon …!
Während die anderen deutschen Vorzeige-Fintechs von ihren Gründern zur Profitabilität geführt wurden, machte Solaris von Anfang an mit Managementwechseln Schlagzeilen und erlitt das Finleap-Venture Schicksal häufiger C-Level Rochaden. Das Problem dabei ist, dass mit jedem neuen C-Level/CEO immer Unruhe in das Unternehmen kommt. Hinzu kommt eine meist mehr oder weniger hart modifizierte Strategie, die sich zwar bei einem Fintech schneller implementieren lässt als in einem Incumbent, aber: Es kostet dennoch wertvolle Zeit, sich mit sich selbst, statt dem Markt und/oder dem Kunden zu beschäftigen.
Der neue Solaris CEO Höltkemeyer sagte bei der diesjährigen OMR-Konferenz, dass die Bank zu abhängig von der Fintech-Branche geworden ist. Auch wenn das bedeutet, dass die Gründungshypothese voll aufgegangen ist, muss die Solaris nun neue Wachstumswege finden. Es wird sonst wirklich sehr schnell sehr eng für unser Vorzeige-Fintech. Und überhaupt! So oder so, die Solaris muss erst noch beweisen, dass sich BaaS außerhalb des klassischen Wholesalebankings überhaupt profitabel funktionieren kann. Also … Solaris, c’mon!
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