Schnippschnapp: Deshalb zerschneide ich meine Debitkarten

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Den Kunden werden Debitkarten als perfekter Mix zwischen Kredit- und Girocard verkauft. Die Wahrheit aber ist: Die Karten sind nicht zu gebrauchen.

Die Payment and Banking-Szene ist unzweifelhaft niemals langweilig. Kein Monat vergeht, ohne dass neue Produkte, Banken, Fintechs und Payment-Lösungen auf den Markt kommen. Aber wer braucht das eigentlich alles und muss man das alles gut finden? Unser Autor Nils Wischmeyer beleuchtet in seiner Kolumne „Nils nörgelt“ ab monatlich ein Produkt, Thema oder eben den „letzten heißen Scheiß“. Etwas zu meckern gibt es schließlich (fast) immer.

Da war es wieder so weit. Ich wollte im Kölner Einzelhandel ein wenig einkaufen und zückte selbstsicher die Brieftasche. „Mit Karte, bitte“, sagte ich zur Verkäuferin.  Kurze Zeit später leuchtete bereits das Kartenterminal auf. Karte aufgelegt, piiiieeeep und … und Transaktion nicht möglich. „Ist das eine Kreditkarte?“, kam es von der anderen Seite der Theke. Ich verneinte, denn die Debitkarte wurde mir ja als Girocard-Ersatz angedient von meiner Bank. Doch auch der zweite Anlauf klappte nicht. „Ach, das ist so eine Debitkarte. Die geht hier nicht“, merkte die Verkäuferin an und ich musste die Münzen aus meinem Portemonnaie zusammenkratzen.

Es ist nur eine kleine Episode, die so nervig wie unbedeutend war. Doch sie steht an dieser Stelle für etwas, was ich leider seit Monaten beobachten muss: Meine von der Bank so hoch angepriesene Debitkarte hat (für mich bisher) ausschließlich Nachteile. Und da frage ich mich doch: Wie kann das bitte sein, wo die Debitkarte doch das Allheilmittel für die Kartenflut in meiner Brieftasche sein sollte?

Die Debitkarte wird groß beworben – zu Unrecht

Seit Monaten schon geht das so, lieber Banker und Fintech-Bosse, die ihr doch keine Banker sein wollt. Ihr tauscht nach und nach all meine – nun ja, geliebt wäre zu viel gesagt, aber geschätzten – Kredit- und Girokarten gegen diesen Dreck, den ihr Debitkarte schimpft und den ihr bewerbt, als wäre die Karte selbst eine Superapp. Meine Bank hat es – wie einige andere Banken auch – nicht nur geschafft, eine Debitkarte auf den Markt zu bringen, die ausschließlich für Verwirrung oder abgebrochene Transaktionen sorgt. Nein, sie ist auch noch vollkommen nutzlos im deutschen wie auch ausländischen Alltag.

Das fängt schon beim Design an. Da hat sie es geschafft, die Kartennummer auf der Rückseite tatsächlich auszudrucken, statt zu stanzen – und hat die Karte für die allermeisten Auslandszahlung wertlos gemacht. Denn während gestanzte Debitkarten im Ausland mit viel Glück noch als Kreditkarte akzeptiert wird, geben Kellner diese Karte zurück: „Only Credit Card, please“, heißt es dann. Ich nehme die Karte also zerknirscht zurück und verfluche meine Bank. Denn auf der Webseite heißt es: „Damit kannst du überall zahlen, wo du das Visa-Zeichen siehst.“ Mhm, irgendwie ja doch nicht. Und das dürfte nicht nur bei der Bank mit den drei Buchstaben sein, sondern bei vielen anderen auch ein Problem sein oder werden.

Im Heimatmarkt Deutschland funktioniert die Debitkarte nicht als Ersatz für die Girocard

Und da habe ich noch gar nicht von den tatsächlichen Problemen dieser Art von Debitkarte angefangen. Diese machen den Alltag nämlich erst so richtig nervig. Fangen wir dafür vielleicht mal im Ausland an und arbeiten uns an die heimischen Kassen vor. Denn der große Nachteil der Debitkarten ist natürlich, dass man damit im Ausland kein Hotel oder Mietwagen bezahlen kann, wenn etwa eine Kaution verlangt wird. Spätestens also, wenn ich mir mal Auto mieten will, brauche ich eine Kreditkarte – zusätzlich zu meiner Debitkarte. „Jetzt kannst du alles auf eine Karte setzen“, heißt es in der Werbung. Ich sage: **** (Zensiert durch die Redaktion).

orange van with surfboard on top

Ähnlich sieht es an deutschen Kassen aus. Die nehmen zwar immer häufiger Kredit- und Girokarten, aber gerade kleinere Läden haben ihre Terminals noch immer Girocard-only. Selbst in der Verwaltung großer Städte gibt es bislang noch kein einheitliches System. Das mag nervig und rückständig sein, es ist aber eben die Realität. Und an der gehen die Debitkarten – sorry to say!- schon wieder vorbei. Denn wo die Debitkarten nicht als Girokarten akzeptiert werden, brauche ich auch dort wieder eine andere Karte. Statt also eine Debitkarte für alles zu haben, brauche ich in meinem erweiterten Alltag drei Karten: Eine Kreditkarte fürs Ausland und zum Abheben von Geld an möglichst vielen Automaten, eine Girokarte für deutsche Rückständigkeit und eine Debitkarte, vorzugsweise um meine Brieftasche noch voller zu machen.

Für andere Karten soll ich nun blechen? Na, danke.

Besonders wütend macht mich dann nur, dass ich für diesen Minderservice – bei egal welcher Bank – auch noch Geld hinlegen soll. Denn die Debitkarte ist meist umsonst, logisch, sie ist ja auch quasi wertlos. Die Kreditkarte oder Girokarte aber dann soll kosten, gern mal ein paar Euro im Monat, obwohl sie früher für umme waren. Da fühle ich mich als Kunde leider ein wenig veralbert. Ihr etwa nicht?

In den vergangenen Monaten habe ich oft gesagt: Ach, das wird schon. Das pendelt sich ein, die Terminals werden es bald akzeptieren. Aber nein, die Terminals ändern sich nicht, deutsche Girocard-Verbundenheit ändert sich nicht, nur meine Stimmung ändert sich. Sie kippte von freudig zu neutral zu genervt, wann immer es zum Bezahlprozess kam. Dann kam auch noch die Meldung, dass die Umstellung auf eine Debitkarte meinen heiß geliebten Schufa-Score negativ beeinflussen könnte. Ach, liebe Banken, es bleibt mir nichts anderes übrig: Ich zerschneide meine Debitkarten – und bezahle wieder alles Cash. Hilft ja nichts.

Den Kunden werden Debitkarten als perfekter Mix zwischen Kredit- und Girocard verkauft. Die Wahrheit aber ist: Die Karten sind nicht zu gebrauchen.

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Autor

  • Nils Wischmeyer ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und schreibt unter anderem für die Süddeutsche Zeitung, die Wirtschaftswoche und die brandeins. An der Finanzbranche findet er (fast) immer was zum Nörgeln.

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