PSD2 im Banking – die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

PSD2 im Banking - die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

Der letzte Donnerstag war ein besonderer Tag für Open Banking in Deutschland. Nachdem es lange den Anschein machte, als würden viele der deutschen Banken mit ihrem Ansatz der Auslegung der PSD2 und den damit verbundenen, sehr frühen Ausnahmegenehmigung durchkommen, hat die Aufsicht nun ein klares Wort gesprochen und diesem Szenario eine deutliche Absage erteilt.

Wie schon häufiger hier im Blog und in diversen Podcasts beschrieben, sehen wir diese Art des ‘Open Banking’, vor allem vor dem Hintergrund der deutschen Vorreiterrolle beim Open Banking, sehr kritisch und haben dies in einem der letzten Podcasts über die Folgen für den Markt sehr klar gemacht. Insofern begrüßen wir von Paymentandbanking die Klarstellung der BaFin ausdrücklich und möchten auch den anderen Kollegen der Presse für die klare und offene Kommunikation im Sinne der Kunden danken.

Wir haben daher in die Runde gefragt und Meinungen gesammelt:

Jochen Siegert: „BaFin-Machtwort gut und wichtig

Es war schon ein besonderes Theaterstück auf dem Rücken des Kunden, was da in den letzten Monaten aufgeführt wurde. Innovative Banker, Handel und Fintechs gegen Verhinderer in den Banken und Lobbyisten in den Verbänden. Mein persönliches Highlight: Da bezeichnet der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands öffentlich die Nutzung der Kundendaten durch den Inhaber der Daten (also die Kunden selbst) als “Datenräuberei”, die bald endlich zu Ende sei.

PSD2 im Banking - die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

Ich weiß nicht wer den Geschäftsführer brieft, wenn dieser Massen-Use-Cases wie Multibankingübersichten, Zugang durch Steuerprogramme, Kontowechsel und vieles mehr als “Datenräuberei” bezeichnet. Einer dieser Unterstützer der Datenräuber ist ausgerechnet das größte und einflussreichste Mitglied seines eigenen Verbands – die Deutsche Bank in ihrer zurecht preisgekrönten Mobile-Banking-App. Ich war schon lange verwundert wie hartnäckig versucht wird, den klar gesetzten ordnungs-politischen Willen zum Open-Banking zu verhindern und wie kreativ künstliche Hürden eingezogen werden.

Verhinderungstaktik blockiert Öffnung

Ein seit Jahrzehnten gelebter Status Quo des Kunden soll plötzlich weitgehend verhindert werden? Die eigentlich intendierte weitere Öffnung blieb im Kleinklein der Verhinderungstaktik komplett stecken. Über das zumindest fragwürdige wettbewerbsrechtliche Verhalten der Kreditinstitute, wie im Podcast #216 ohrenöffnend erklärt, möchte ich gar nicht sprechen. Wer das BaFin-Schreiben durchliest, erkennt den durchaus sehr harschen Ton gegenüber dem Verhalten und der Blockade von Banken und Sparkassen.

Es ist gut, dass das BaFin ein Machtwort gesprochen und einen Pflock für den Kunden eingerammt hat. Die PSD2-Umsetzung gleicht einem riesigen Chaos. Siehe: Die hastige Umstellung der Kunden auf starke Authentifikation eins vor zwölf oder die fehlende Vorbereitung und Unsicherheit im Onlinehandel bzw. Onlinepayment. Gibt es eigentlich einen Bereich im Payment bei deutschen Banken und Sparkassen indem es aktuell nicht strategisch oder operativ lichterloh brennt und man sich dafür fast fremdschämt?

„Gibt es einen Bereich im Payment bei deutschen Banken und Sparkassen indem es aktuell nicht strategisch oder operativ lichterloh brennt?“

Glaubt das handelnde Personal in den Instituten und Verbänden, auf diese Weise Lösungen für die Herausforderungen gegen Technologiekonzerne zu haben, die so radikal kundenzentriert in Ökosystemen, Mehrwerten und Netzwerkeffekten denken? Ich nehme noch eine Portion Popcorn und schaue weiter – teils belustigt, teils erschreckt – den nächsten Akt. Eine Fortsetzung folgt ja garantiert.

Rafael Otero: „Die Hilflosigkeit der Branche“

Man kommt sich ja manchmal vor wie im Taka-Tuka-Land – frei nach Pippi Langstrumpf wollten Banken sich die Welt machen wie sie ihnen gefällt. „So nicht“, sagt da die BaFin. Nachdem der Regulator die Bankenlandschaft schon mit PSD2 dazu zwingen musste, endlich in den 2000ern anzukommen (wo offene Schnittstellen zu einer sonst unmöglichen Plattform-Ökonomie beitragen), muss der Regulator nun also erneut einschreiten. Wie sich einige Marktteilnehmer hinstellen und auf der einen Seite nach Schutz vor den bösen Tech-Giganten wimmern und gleichzeitig Barrieren bei offenen Schnittstellen errichten, ohne vor Scham im Boden zu versinken, zeigt die Hilflosigkeit der Branche. Wer durch solche plumpen Versuche probiert den Fortschritt aufzuhalten, gehört in der Öffentlichkeit gescholten. Dies hat die BaFin nun in aller Deutlichkeit – und Peinlichkeit für die Beteiligten – getan. Bravo und weiter so!

War vor wenigen Jahren der deutsche Regulator aufgrund seiner manchmal recht engen und strengen Auslegung der Regulierungen noch gefürchtet, treibt er nunmehr die regulierten Unternehmen vor sich her. Die einzigen Unternehmen die damit bezeichnenderweise kein Problem haben sind die FinTechs und die Tech-Giganten. Das Grinsen in den Gesichtern dieser Marktteilnehmer müssen die Blockierer ertragen. Und: Sie müssen sich endlich an die Hausaufgaben machen und wieder wettbewerbsfähig werden. Sonst macht das bald der Markt.

Kilian Thalhammer: „Herr über die eigenen Daten“

PSD2 im Banking - die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

Der Regulator hat sich auf das zurück besonnen, wofür er da ist: den Kunden bzw. den Endverbraucher einerseits zu schützen, aber ihm andererseits auch zu ermöglichen, mit seinen Daten zu tun was er möchte. Und das ist gut so. Es ist gut, ihn nicht zu entmündigen und mit schlechten “Lösungen” abzuspeisen. Und dabei nicht den Markt und die entsprechenden Standards auszublenden. Warum ihm etwas nehmen, was er schon hat (und was er gut findet)?


Jetzt kann man die Position vertreten: „die armen Banken“. Und alle hauen drauf. Aber so einfach ist es nicht. Diejenigen, die auch jetzt schon den Schritt in eine offene technologisch getriebene Businesswelt getan haben, werden – profitierend von Ihrem Vorsprung – gut positioniert sein. Andere werden schimpfend hinterherlaufen . Aber der „Zug hält nicht“. Er hat längst andere mitgenommen. Oft auch in der 1. Klasse.

Miriam Wohlfahrt: „Die Aufsichtsbehörden müssen jetzt unbedingt handeln“

Die Idee der PSD2 ist wirklich gut: Der Zahlungsverkehr soll sicherer werden, alte Strukturen sollen aufgebrochen werden, Wettbewerb soll entstehen. Im Moment herrscht aber noch einiges an Unklarheit im Markt.

Es freut mich sehr, dass die BaFin sich zum Thema Kontoschnittstellen auf die Seite der Fintechs gestellt hat und ein Machtwort gesprochen hat. Das wird den Wettbewerb fördern und dem Verbraucher zugute kommen!!

Bei den Onlinehändlern herrscht aber nach wie vor große Unsicherheit bezüglich der Umsetzungsfrist der 2-Faktor-Authentifizierung. Hier gilt in Deutschland im Moment noch der 14. September. Da die meisten Händler noch nicht bereit sind, wurde in den letzten Monaten viel Lobbyarbeit betrieben. Einige europäische Länder sind hier schon deutlich weitergekommen und haben Übergangsfristen beschlossen. Das führt nun aber dazu, dass die Harmonisierung auf der Strecke bleibt und das Chaos größer wird. Theoretisch müssen sich Händler nun von Land zu Land an den jeweiligen Umsetzungsstand anpassen.

PSD2 im Banking - die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

Das ist Irrsinn…Die Aufsichtsbehörden müssen jetzt unbedingt handeln und eine klare Richtung vorgeben…hoffentlich noch diese Woche!

Cornelia Schwertner: „lasst die Digitalabteilung ran und uns gemeinsam kämpfen!“

Ich will den Banken gar nicht absprechen, dass es Willige unter ihnen gibt, die gern mehr Ressourcen in die Umsetzung ihrer Schnittstellen gesteckt hätten. Leider ist das Budget von der Masse aber als Compliance-Budget (= Minimalumsetzung) verstanden worden. Ein Digitalbudget und eine proaktive Open Banking Strategie bzw. eine Nutzerzentrierung hätten es nicht notwendig gemacht, dass die BaFin auch bezüglich des Redirect, der manuellen IBAN Eingabe und der Dauerauftragsinfos ein verbraucherfreundliches Machtwort sprechen muss.

Und obwohl wir spätestens seit 2016 von den Open Banking Chancen der Banken sprechen, wird dieser Strategiewechsel auch weiterhin in den wenigsten Häusern passieren. Dies fällt insbesondere dann auf, wenn man im Sommer 2019 in Diskussionsrunden von Bankseite angeboten bekommt, sich nun an die nächsten Konferenztische setzen zu können, um Premiumschnittstellen (also die, die über die gesetzlichen Pflichten hinaus gehen) zu definieren.

Und das kann nur im Wettbewerb unter Euch Banken funktionieren. Und nicht wie bisher im “wir gegen die”

PSD2 im Banking - die BaFin sagt was, die DK ist erstaunt und der Markt so: Endlich

Ich möchte das nicht diskutieren! Und empfehle Banken dies auch nicht unter sich zu tun. Ich will als Drittdienstleister-Kunde spätestens gestern Eure Hochglanzwebsite sehen, die mir die geilsten Features als B2B-Service schmackhaft macht! Und das kann nur im Wettbewerb unter Euch Banken funktionieren. Und nicht wie bisher im “wir gegen die”. Und vielleicht beginnt ihr einmal ganz simple damit, Euch anzuschauen, welche Use Cases Euer Haus schon heute im Einsatz hat oder plant und welche Daten ihr bzw. Eure Nutzer daher von Drittbanken brauchen. D.h. lasst die Digitalabteilung ran! Dann können die Lobby-Ressourcen für Dringenderes, wie OpenX, also die Öffnungspflichten für andere Industrien verwendet werden und wir können dafür gemeinsam kämpfen.

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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