Ist es wirklich immer der große Angriff der GAFA’s von dem alle sprechen?
Nach dem „Nicht-Erfolg“ der FinTechs im Kampf gegen die Banken wurden nun die „Plattformen“ (GAFA) als neue Gefahr oder Gegner der etablierten Banken ausgerufen. Wir finden, dass die Finanzbranche und das deutsche Kreditwesen vor dem größten Umschwung der letzten Jahrzehnte steht und mahnen in Artikeln immer wieder, sich vor der bevorstehenden Entwicklung nicht zu verschließen und dementsprechend agil dem digitalen Wandel offen gegenüberzustehen. Während der Konsument nämlich immer digitaler agiert, tut sich die Branche vergleichsweise schwer auf diese Veränderung zu reagieren.
Wie Maik Klotz richtig sagte: „Während FinTech/Startups versuchen sich einen Stück vom Kuchen abzuschneiden, braut sich am Horizont etwas viel Größeres und Gefährlicheres zusammen und im Hintergrund laufen Vorbereitungen auf den eigentlichen Angriff.“ Einer, der entweder immer noch nicht wahrgenommen wird, oder man nicht weiß wie man darauf reagieren soll: Ein Angriff der globalen Plattformen Google, Apple, Facebook, Amazon (kurz: GAFA).
Dabei geht es jetzt nicht mehr nur um ein Stück vom Kuchen, sondern am liebsten um die ganze Torte, denn gegen einen Angriff von Google & Co wirken die Entwicklungen im FinTech Bereich bestenfalls wie die Krümel auf der vorhandenen Tortenplatte, ganz zugespitzt formuliert.
Schaut man sich die Entwicklungen der einzelnen Plattformen im Detail an, wird klar warum FinTechs das kleinste Problem der Branche ist. Die großen Vier – sie können alles. Fast kein Geschäftsmodell ist nunmehr vor ihnen sicher. Was heißt das, streben sie also schon sowas wie die Weltherrschaft an? Eine Frage der Zeit oder schon längst passiert?
Die Autoindustrie – kann in Rente gehen, Banken – kennt die noch wer, Retail – hat noch gar nicht gemerkt, dass keiner mehr dort einkauft?
GAFA Fails – Die können auch nicht alles
„Inspiriert“ von der eher lahmen Apple Keynote über die wir uns in den letzten Tagen ausgelassen haben und den ausgerufenen Entwicklungen die Apple umsetzt, versuchen wir mal einen neutralen nüchternen Blick auf die „Fails“ der großen zu geben. Wollen die ausgerufene Allmacht ein wenig relativieren ohne deren innovative Leistungen zu ignorieren. Denn die Relevanz der GAFA’s ist unbestritten und ergänzt, um die Asiaten ( z.B. WeChat), gibt es hier schon ein sehr großes disruptives Potenzial, dem man sich stellen muss.
Natürlich entsteht sofort der Eindruck des „pessimistischen Deutschen“, der eher alles schlecht redet, ständig nörgelt (und sich heimlich seit Monaten über den Dieselskandal freute, weil es nun endlich den „Großen“ an den Kragen geht….). Macht euch aber lieber selbst ein Bild, wie Ihr diese „möglichen“ Fails einordnet.
Wie immer wollen wir hier keine wissenschaftlichen Fakten präsentieren, sondern Gedankenanstöße liefern und gerne mit Euch diskutieren.
Google
Natürlich ist die Frage berechtigt: Wie definiert ihr Fail ? Nicht einfach und vor allem davon abhängig, was man als Ziel ausgegeben hat. Ist es ein Fail, wenn man No. 2 im Musik Markt nach Spotify ist? (wenn man vorher No. 1 war).
Klar, ein “Fail” kann auch bis zu einem gewissen Grad kalkuliert sein und im besten Fall lernt man auch daraus, nur dass ist weder transparent noch messbar… glauben wir an das Gute und dass die “Großen daraus lernen” und alles mit bedacht und Kalkül tun?
Wenn man sich diese Auflistung durch den Kopf gehen lässt, stellen sich für mich folgende Fragen:
Werfen die „Core Businesses“ so viel Geld ab, dass man sich diese „Fails“ leisten kann?
Ist der Ansatz „try fast, fail fast“ immer der bessere ? Braucht man nicht manchmal den Atem?
Sind diese vielen „Versuche“ nicht teilweise auch das Resultat der „Wir haben zu viel Geld“-Mentalität?
Eine Antwort haben wir hier immer noch nicht…. Meinungen schon!
Was hat das mit Payment and Banking zu tun – direkt nichts, aber es beschäftigt uns – und indirekt spielen die Plattformen überall rein vor allem bei Basisthemen und besonders bei fast allem was die Kundenschnittstelle betrifft.
Fazit:
Es ist wie so oft eine Frage des Kontextes, wie man “Fail” definiert. Man muss und sollte die Plattformen nüchtern betrachten und nicht Glorifizieren. Die machen auch nicht immer alles richtig und nur weil einer der GAFA’s im Spiel ist, ist es noch lange kein Erfolgsgarant bzw. “können alle anderen einfach einpacken”. Sie haben dasselbe Problem wie andere große Corporates, die in neue Märkte gehen. Es gibt oft schon “Nischenplayer”, die dort sehr aktiv und gut positioniert sind und die sich mit einem fokussierten Approach breit machen. (z.B. Spotify). Auch die “viel gerühmte” “Try fast, fail fast” Strategie muss man differenziert sehen, da sie oft schwer nachvollziehbar ist, ob und wie die GAFA’s wirklich lernen.
Sich jetzt auf die “faule Haut” legen, ist aber nicht die Aussage. Die Gefahr ist allgegenwärtig und es ist nicht vorherzusagen, wann ein Approach “failed” und wann nicht.
Kilian Thalhammer ist seit mehr als 15 Jahren im Bereich Payment/ FinTech/ eCommerce & Loyalty unterwegs. Nach seiner Rolle als CPO bei RatePay (Otto Gruppe) und Geschäftsführer bei PAYMILL (Rocket Internet) war Kilian Global EVP Produktmanagement bei der Wirecard und verantwortet nun die Business Unit Merchant Solutions (Issuing & Acuiqinrg) sowie das Globale Geschäft mit Tech, Fintech und Platformkunden bei der Deutschen Bank
Er ist Gründer & Gesellschafter von Payment & Banking und Mitinitiator der Konferenzen PEX & BEX.
Kilian ist aktiver Business Angel v.a. Im Fintech Umfeld (20+ Investments) und arbeitet aktiv mit Investoren und VC zusammen. [mehr]