Ist es wirklich immer der große Angriff der GAFA’s von dem alle sprechen?

Nach dem „Nicht-Erfolg“ der FinTechs im Kampf gegen die Banken wurden nun die „Plattformen“ (GAFA) als neue Gefahr oder Gegner der etablierten Banken ausgerufen. Wir finden, dass die Finanzbranche und das deutsche Kreditwesen vor dem größten Umschwung der letzten Jahrzehnte steht und mahnen in Artikeln immer wieder, sich vor der bevorstehenden Entwicklung nicht zu verschließen und dementsprechend agil dem digitalen Wandel offen gegenüberzustehen. Während der Konsument nämlich immer digitaler agiert, tut sich die Branche vergleichsweise schwer auf diese Veränderung zu reagieren.
GAFA Fails - Die können auch nicht alles
Photo credit: Sylvia Fredriksson via Visualhunt.com
Wie Maik Klotz richtig sagte: „Während FinTech/Startups versuchen sich einen Stück vom Kuchen abzuschneiden, braut sich am Horizont etwas viel Größeres und Gefährlicheres zusammen und im Hintergrund laufen Vorbereitungen auf den eigentlichen Angriff.“ Einer, der entweder immer noch nicht wahrgenommen wird, oder man nicht weiß wie man darauf reagieren soll: Ein Angriff der globalen Plattformen Google, Apple, Facebook, Amazon (kurz: GAFA). Dabei geht es jetzt nicht mehr nur um ein Stück vom Kuchen, sondern am liebsten um die ganze Torte, denn gegen einen Angriff von Google & Co wirken die Entwicklungen im FinTech Bereich bestenfalls wie die Krümel auf der vorhandenen Tortenplatte, ganz zugespitzt formuliert. Schaut man sich die Entwicklungen der einzelnen Plattformen im Detail an, wird klar warum FinTechs das kleinste Problem der Branche ist. Die großen Vier – sie können alles. Fast kein Geschäftsmodell ist nunmehr vor ihnen sicher. Was heißt das, streben sie also schon sowas wie die Weltherrschaft an? Eine Frage der Zeit oder schon längst passiert? Die Autoindustrie – kann in Rente gehen, Banken – kennt die noch wer, Retail – hat noch gar nicht gemerkt, dass keiner mehr dort einkauft?
GAFA Fails - Die können auch nicht alles
Photo credit: hans.gerwitz via Visual Hunt

GAFA Fails – Die können auch nicht alles

„Inspiriert“ von der eher lahmen Apple Keynote über die wir uns in den letzten Tagen ausgelassen haben und den ausgerufenen Entwicklungen die Apple umsetzt, versuchen wir mal einen neutralen nüchternen Blick auf die „Fails“ der großen zu geben. Wollen die ausgerufene Allmacht ein wenig relativieren ohne deren innovative Leistungen zu ignorieren. Denn die Relevanz der GAFA’s ist unbestritten und ergänzt, um die Asiaten ( z.B. WeChat), gibt es hier schon ein sehr großes disruptives Potenzial, dem man sich stellen muss. Natürlich entsteht sofort der Eindruck des „pessimistischen Deutschen“, der eher alles schlecht redet, ständig nörgelt (und sich heimlich seit Monaten über den Dieselskandal freute, weil es nun endlich den „Großen“ an den Kragen geht….). Macht euch aber lieber selbst ein Bild, wie Ihr diese „möglichen“ Fails einordnet. Wie immer wollen wir hier keine wissenschaftlichen Fakten präsentieren, sondern Gedankenanstöße liefern und gerne mit Euch diskutieren. Google
  • Google Shopping
  • Google Payments
  • Google Apps for Business
  • Buzz – social media
  • Google Health
  • Google Compaire
  • Google Wave – messaging
  • Google Talk
  • Google Orkut – social media
  • Google Code – github replacement
  • Ara – modular phones
  • Google Chat
  • Google+
  • Wallet
  • Motorola
Apple
  • Apple Music
  • Apple Video
  • MobileMe (me.com)
  • iMessage
  • Apple TV
  • ping – social media
  • Maps
  • iCloud
Facebook
  • Facebook Phone
  • Project Titan – Facebook Mail
  • Deals – groupon clone
  • Beacon
  • Facebook Parse – mobile dev
  • Pokes
  • Facebook Home – neuer homescreen
  • Facebook Gifts
  • Facebook Offers
  • Facebook Credits
  • Slingshot – snapchat
  • Questions – polling
  • Stories
Amazon
  • Amazon Fire
GAFA Fails - Die können auch nicht alles
Photo credit: mrsdkrebs via VisualHunt.com

Was es anzumerken gilt

Natürlich ist die Frage berechtigt: Wie definiert ihr Fail ? Nicht einfach und vor allem davon abhängig, was man als Ziel ausgegeben hat. Ist es ein Fail, wenn man No. 2 im Musik Markt nach Spotify ist? (wenn man vorher No. 1 war). Klar, ein “Fail” kann auch bis zu einem gewissen Grad kalkuliert sein und im besten Fall lernt man auch daraus, nur dass ist weder transparent noch messbar… glauben wir an das Gute und dass die “Großen daraus lernen” und alles mit bedacht und Kalkül tun? Wenn man sich diese Auflistung durch den Kopf gehen lässt, stellen sich für mich folgende Fragen:
  1. Werfen die „Core Businesses“ so viel Geld ab, dass man sich diese „Fails“ leisten kann?
  2. Ist der Ansatz „try fast, fail fast“ immer der bessere ? Braucht man nicht manchmal den Atem?
  3. Sind diese vielen „Versuche“ nicht teilweise auch das Resultat der „Wir haben zu viel Geld“-Mentalität?
Eine Antwort haben wir hier immer noch nicht…. Meinungen schon! Was hat das mit Payment and Banking zu tun – direkt nichts, aber es beschäftigt uns – und indirekt spielen die Plattformen überall rein vor allem bei Basisthemen und besonders bei fast allem was die Kundenschnittstelle betrifft.
GAFA Fails - Die können auch nicht alles
Photo credit: Librarian Avenger via Visual hunt

Fazit:

Es ist wie so oft eine Frage des Kontextes, wie man “Fail” definiert. Man muss und sollte die Plattformen nüchtern betrachten und nicht Glorifizieren. Die machen auch nicht immer alles richtig und nur weil einer der GAFA’s im Spiel ist, ist es noch lange kein Erfolgsgarant bzw. “können alle anderen einfach einpacken”. Sie haben dasselbe Problem wie andere große Corporates, die in neue Märkte gehen. Es gibt oft schon “Nischenplayer”, die dort sehr aktiv und gut positioniert sind und die sich mit einem fokussierten Approach breit machen. (z.B. Spotify). Auch die “viel gerühmte” “Try fast, fail fast” Strategie muss man differenziert sehen, da sie oft schwer nachvollziehbar ist, ob und wie die GAFA’s wirklich lernen. Sich jetzt auf die “faule Haut” legen, ist aber nicht die Aussage. Die Gefahr ist allgegenwärtig und es ist nicht vorherzusagen, wann ein Approach “failed” und wann nicht.
Schlagwörter

1 Kommentar

Diesen Artikel finde ich erstklassig. Es ist wohl an der Zeit, über eine ganz andere Art von Plattform nicht nur nachzudenken, sondern sie auch zu bauen, die in jeder Hinsicht den Vorstellungen, Erwartungen und Anforderungen der Verbraucher entspricht.

Und genau das werden die Unternehmen, die hier mit der Abkürzung GAFA gemeint sind, nach meiner Einschätzung in Deutschland (wahrscheinlich innerhalb der nächsten zwei Jahre) nicht tun.

Weshalb?

Bislang hat m. E. noch keiner ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell gefunden, um einerseits konsequent die Verbraucherinteressen wahrnehmen und andererseits nachhaltig Gewinne durch den Betrieb einer solchen Plattform erzielen zu können … zumal die Kosten für ihren Bau, ihre laufende Weiterentwicklung sowie ihren Betrieb nicht zu unterschätzen sind. In Deutschland liegt das vermutlich vor allem an den zwei nachfolgend skizzierten Dilemmata, die für einen hohen Anteil der Privatkunden relevant sind.

Erstes Dilemma: in Deutschland möchte fast jeder Privatkunde zu seinen Finanz-, Vermögens-, Absicherungs-, Vorsorge-Angelegenheiten umfassend sowie kompetent beraten werden, sobald es um komplexe Fragen geht oder ein persönlicher Rat gewünscht wird (ansonsten immer mehr „Do-it-Yourself“) … aber kaum einer ist bereit, dafür ein Honorar zu zahlen.

In den letzten Jahren sind jedoch die in den Finanzprodukten enthaltenen Provisionen zum Teil drastisch verringert worden. Oder die Produkte, in denen – auch heute noch – verhältnismäßig hohe Provisionen einkalkuliert sind, lassen sich kaum noch verkaufen. Im Versicherungsbereich möchte ich hierzu die zwei Beispiele „gemischte Kapitallebensversicherung“ sowie „Private Krankenvollversicherung“ nennen. In den beiden miteinander verbundenen Themengebieten Sparen und Kapitalanlage dienen sicherlich „Investmentfonds mit hohen Ausgabeaufschlägen“ als gutes Beispiel.

Zweites Dilemma: wenn es nicht nur um ein einzelnes Thema geht (z. B. „Pflegebedürftigkeit“), bei dem sich viele Privatkunden eigene Gedanken machen und selbst recherchieren, sondern um eine umfassende Betrachtung (z. B. „Finanzplanung“), erwartet fast jeder eine individuelle ganzheitliche Analyse und Beratung … aber kaum einer ist bereit, die dafür notwendigen – umfassenden – Informationen selbst zu sammeln bzw. verfügbar zu machen.

Gleichzeitig soll „Alles“ mehr und mehr digital, sicher, bequem, einfach und schnell gehen. Das gilt insbesondere für die persönlichen Finanz-, Vermögens-, Absicherungs-, Vorsorge-Angelegenheiten.

Parallel dazu können zahlreiche Versicherungsunternehmen, Krankenkassen, Unternehmen (- betriebliche Altersvorsorge des Arbeitgebers und Arbeitszeitkonten -) oder Rentenversicherungsträger nahezu keine verbraucherrelevanten Daten mit ihren „Endkunden“ elektronisch austauschen.

Außerdem scheinen sich viele Versicherungs- bzw. Vorsorgeprodukte in Deutschland immer noch gegenseitig hinsichtlich ihrer Komplexität und Unverständlichkeit gegenseitig übertreffen zu wollen (z. B. die „Drei-Topf-Hybrid Lebensversicherung mit bedingter Höchststands-Garantie“), ganz abgesehen von den geltenden und kommenden gesetzlichen Regelungen (z. B. Datenschutz, Verbraucherschutz, Versicherungsrecht, Vermittlerrecht, IDD, Aufsichtsrecht, Sozialversicherungsrecht usw.). Und einige Versicherer versuchen nach wie vor eine direkte Vergleichbarkeit oder Einheitlichkeit gegenüber ihren Mitbewerbern zu vermeiden, lieber feilen ihre Juristen und Schaden-/Leistungsepxerten am Text einzelner Klauseln, insbesondere um vermeintlich ihre Ausschließlichkeits-Außendienstorganisation (AO) zu schützen.

Was müsste eine solche Plattform von den meisten existerenden Lösungen unterscheiden? Dem Verbraucher bzw. Privathaushalt muss eine freie Wahl und ein Wechsel seiner Vertragspartner des finanziellen Lebens (z. B. Banken, Versicherungsunternehmen, Kapitalanlagegesellschaften, etc.) offenstehen. Das Gleiche gilt für einen Wechsel seines Beraters (z. B. Versicherungsmakler, Steuerberater, Vermögensverwalter, Finanzberater), der die Finanz-, Vermögens- Absicherungs- und Vorsorgedaten des Verbrauchers bzw. Privathaushalts nutzen kann, solange der Verbraucher damit einverstanden ist.

Eine erneute Anlage von Vertrags-, Finanz- oder Vermögensdaten oder eine nochmalige Bereitstellung von bereits vorhandenen Dokumenten seitens des Verbrauchers, insbesondere bei einem Beraterwechsel, ist auszuschließen; Das will nämlich kein Verbraucher! Was muss ein Clark-Kunde heute tun, wenn er zu treefin oder zu Knip wechseln möchte? … teilweise nochmals von vorne anfangen!

Der Verbraucher bzw. Privathaushalt ist Eigentümer seiner Daten. Im Falle eines Berater- oder Vermittlerwechsels muss es künftig ausreichen, dass der Verbraucher die bisher erteilte Erlaubnis zur Verwendung seiner ausgewählten Finanz- und Vermögens-Daten beendet und sie einem anderen – neuen – Berechtigten gibt.

Beispielsweise gehören die Daten zu einem bestimmten Versicherungsvertrag nur zwei Parteien: [A] dem Versicherungsnehmer (und den versicherten Personen) und [B] dem Versicherungsunternehmen, d. h. sie gehören weder einem Versicherungsmakler noch einem selbständigen Versicherungsagenten (Handelsvertreter).

Viele Grüße, Jochem Schültke

15. September 2017
Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!