Béatrice Cossa-Dumurgier wird neue Chefin für Westeuropa und soll das Wachstum der Neobank fortsetzen. Dabei stammt die Französin aus der Welt der traditionellen Banken.
Mit der Verkündung des zweiten europäischen Hauptquartiers in Paris setzte Revolut ein deutliches Zeichen. Westeuropa ist für die Neobank zu einem der am stärksten wachsenden Märkte geworden. Die Neobank bewirbt sich außerdem gerade um eine Banklizenz der französischen Aufsichtsbehörde Autorité de Contrôle Prudentiel et de Résolution
(ACPR), obwohl man über den ersten Sitz in der EU in Litauen bereits Bankdienstleistungen in der EU anbieten kann.
Der Schritt hin nach Frankreich soll also für Aufsehen sorgen. Und den Gefallen tat der Bank dann sogar Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der die Nachricht über Revoluts Schritt nach Paris auf einem französischen Wirtschaftsgipfel verkündete. Der Name dieses Gipfels hätte mit „Choose France“ nicht passender sein können. In Deutschland mag manch einer enttäuscht sein, dass die aufstrebende Neobank ihr Glück im Nachbarland sieht. Dabei habe die Entscheidung für Paris mehrere Gründe gehabt, sagt Wiktor Stopa, Head of Growth von Revolut im Gespräch mit Payment & Banking: „In den vergangenen zwei Jahren war Frankreich unser am stärksten wachsender Markt.” Dort hat Revolut laut eigenen Angaben mehr als fünf Millionen Kund:innen. In Paris hat man bereits eine starke Niederlassung mit etwa 250 Mitarbeitenden aufgebaut.
Neue Chefin aus der alten Welt
Nun ist auch klar, wer das Festlandgeschäft der Bank verantworten wird. Entsprechend der neuen Fokussierung auf die Grand Nation ist es eine Französin geworden: Béatrice Cossa-Dumurgier stammt aus der Welt der traditionellen Banken. Nun tritt sie gegen die alte Welt der Banken an: „Revolut führt das derzeit ehrgeizigste Bankprojekt in Europa an, und ich bin stolz darauf, dass ich die Möglichkeit habe, dabei eine Schlüsselrolle zu spielen”, sagt sie.
Ihre Karriere begann Cossa-Dumurgier als Associate bei McKinsey. 2000 trat sie ins französische Finanzministerium ein, wo sie Schulden von Entwicklungsländern an Frankreich und die staatliche Beteiligung an France Telecom (nun bekannt unter dem Namen Orange) betreute. Danach ging sie zur BNP Paribas, wo sie schließlich Leiterin des Retail-Investitions-Geschäfts wurde und den Online-Broker der Bank verantwortete. Zuletzt war sie COO von Blablacar und vom digitalen Musikunternehmen Believe. Bei Revolut wird ihre Aufgabe sein, die Regulierung und die Entwicklung der Geschäftstätigkeit in Westeuropa zu beaufsichtigen.
Revolut setzt auf französischen Innovationsgeist
Dort seien die Aufsichtsbehörden sehr offen für Innovationen, sagt Stopa. „Wir beobachten hier auch eine wesentlich größere Bereitschaft, neue digitale Lösungen zu übernehmen.” Manche Kund:innen seien mit der litauischen Lizenz nicht vertraut. Ihnen möchte man mit der französischen Lizenz zusätzliches Vertrauen geben und der Verlagerung des Wachstums nach Westeuropa auch regulatorisch entsprechen.
„Unser Produkt hat dort bereits eine große Relevanz und kann mit den großen Playern konkurrieren”, sagt Stopa über den französischen Markt. Cossa-Dumurgier wird also hier den Wettbewerb mit anderen Vollbanken wie ihrem alten Arbeitgeber, der BNP Paribas, vorantreiben. Dazu gehört auch, mit der Strahlkraft von Revolut junge qualifizierte Talente aus dem Arbeitsmarkt des Landes anzuziehen, so Stopa.
Deutschland: Der kleine Bruder-Markt
Aber auch in Deutschland sieht Revolut noch viel Potential. Als ursprüngliche Banklösung habe man hier den Vorteil, nicht aus einer Nische wie dem Broker-Geschäft zu einer Vollbank zu werden, sagt Stopa. „Wir sind die derzeit umfassendste Lösung”, so der Wachtstumsverantworliche. Doch er sieht den deutschen Markt auch kritisch. „In Deutschland gibt es immer noch eine Menge manueller oder analoger Verfahren.” In Westeuropa und besonders in Deutschland seien Bankgeschäfte für Menschen ein emotionales und persönliches Thema. Deshalb wolle man hier Menschen besonders ein Gefühl der Sicherheit geben, indem man ihnen wichtige Entscheidungen so transparent wie möglich mache. Sollte Revolut auch in Deutschland ein ähnliches Wachstum wie in Frankreich erfahren, könnte die Neobank dann vielleicht bald bei den deutschen Aufsichtsbehörden anklopfen.