Der „Stocard Move“ zeigt, wie spannend Klarna längst geworden ist

Klarna hat Stocard aus gutem Grund übernommen. (Montage Payment & Banking, Originalbild Klarna)

Gestern machte die Nachricht die Runde, dass das Mannheimer Fintech Stocard ist in den Einkaufskorb von Klarna gewandert ist. Wie das Handelsblatt heute berichtet, hat sich das schwedische Einhorn den Deal 113 Millionen Euro  kosten lassen.

Stocard wurde vor zehn Jahren von Björn Goß und David Handlos als Kundenkarten-App gegründet. Mittlerweile zählt das Unternehmen eigenen Angaben nach weltweit rund 60 Mio. Nutzer. Zusätzlich hatte das Fintech in den vergangenen Jahren eine Bezahlfunktion integriert. Stocard Nutzer können damit fast überall bezahlen. Zur Umsetzung der Mobile Payment Funktion nutzt es eine virtuelle Mastercard, die rein digital in der App erstellt wird. 

In den letzten Jahren betonte Goß, aus Stocard eine Art neuer Super-App fürs bargeldlose Bezahlen bauen zu wollen. Aus diesen hochgesteckten Zielen wird vermutlich nun nichts mehr.

Was sagt das Payment and Banking Team von zu dem Merger?

André Bajorat:

War wohl nötig und wurde auch Zeit – allein ist Stocard aus meiner Sicht nicht relevant genug und hat zu wenige Revenue-Optionen. Eine tiefe Integration ins Shopping & Payment erscheint daher sinnvoll für das Produkt. Die eigenen Schritte im Payment haben das Potenzial sicher gezeigt, aber die Skalierung mit dem richtigen Partner wird ein anderes Level ermöglichen.

„Die Gründer sind in der Regel recht schnell raus aus ihrem Unternehmen, nachdem Klarna es übernommen hat.“

PayPal hat es mit honey vorgemacht und nun legt Klarna nach. Aus Payment Anbietern werden Shopping Plattformen (oder aus Shop-Infrastruktur eine Shop-App wie bei Shopify). Es wachsen also Dinge zusammen oder anders gesagt: Die Wertschöpfungskette wird verlängert. Mal sehen wie es funktioniert, da wir bei eBay und PayPal schon einmal das Gegenteil – also den harten Split – gesehen haben. Was spannenderweise eher eBay als Paypal geschadet hat. Ob also Paymentplayer nun dauerhaft zu echten Ökosystemen werden können, wird die Zeit zeigen.

Für die Historie: Es handelt sich um mindestens den dritten Deal von Klarna in Deutschland, nach der Übernahme von Sofortüberweisung und der p2p App Cookies in den letzten Jahren. Auffallend ist, die Gründer sind in der Regel recht schnell raus aus ihrem Unternehmen, nachdem Klarna es übernommen hat. Glückwunsch nach Mannheim an das Team von Stocard und die Investoren in der letzten Dekade. Mal sehen, wie lange die Kollegen Teil der neuen Story sein werden.

water fountain in the middle of the city during night time

Jochen Siegert:

Ein sehr sehr spannender Exit. Erst einmal eine wahnsinnig tolle Success-Story für Stocard, die sich gegen so viele Wettbewerber durchgesetzt haben und eine beeindruckende Entwicklung genommen haben, wie man auch in unserem Podcast nochmals nachhören kann. Aber auch für Klarna ist Stocard eine sinnvolle und tolle Ergänzung. Klarna hat sich längst vom alten Rechnungskaufmodell in eine universale Shopping-App gewandelt. Shopping, Payment und Loyalty gehören bekanntlich eng zusammen, auch wenn bisher kein westlicher Player in dieser Kombination das Thema wirklich „geknackt“ hat.

Ask me anything #14 – mit Björn Goß

Mit Stocard ist Klarna einen richtigen und sehr wichtigen Schritt weiter gegangen als viele der Wettbewerber. Während PayPal einen solchen Schritt zu einer universalen Shopping-App mal wieder nur angekündigt hat, macht Klarna einfach.

Klarna ist schon lange eine der spannendsten Fintechs überhaupt und nach dem Stocard Move haben sie das einmal mehr bewiesen.

Christina Cassala:

Quasi zeitgleich sitzen in Kalifornien und in Mannheim (irgendwie klingt das nach einem unfairen Wettbewerb) jeweils Gründer zusammen und tüfteln an ihren Geschäftsideen. Und während die Amerikaner ihr Unternehmen Honey unlängst an PayPal veräußern, werden wiederum fast zeitgleich die Mannheimer mit dem als Kundenkarten-App gestartete Stocard vom schwedischen Paymentanbieter Klarna übernommen. Zufall? Wohl eher System, denn sowohl für PayPal als auch für Klarna macht der Zukauf mehr als Sinn.

Zunächst herzlichen Glückwunsch an das Team von Stocard, die mit diesem Exit das Portfolio von Klarna bereichern werden. Dennoch wundert mich, dass die Gründer von ihren Zielen, die neue Super-App aus Europa zu werden, abgewichen zu sein scheinen. Fehlte es letztendlich doch an ausreichend Revenue, oder war der Kaufpreis so attraktiv? Schade ist, dass mit dem Verkauf an Stocard wieder ein vielversprechendes Unternehmen in die Hände großer Plattformen fällt, anstatt eine solche selbst aufzubauen. Hätte ich jedoch so viel Geld auf der hohen Kante, wie es Klarna aktuell hat, würde ich mir auch den Einkaufswagen füllen. Das Fintech aus Stockholm hat in den letzten Jahren einen beachtlichen Werdegang hingelegt. Klarna ist längst mehr als ein Paymentanbieter. Der Umbau hin zu einer vollumfänglichen Shopping-Lösung ist in vollem Gange und die Themen Kundenkarten und Rabatte sind da ein wesentlicher Baustein. Also PayPal – der Ball liegt jetzt bei dir!

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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