Der Markt ist groß: „Deutschland bietet noch reichlich Platz für weitere Neo-Banken“

Der Markt ist groß: „Deutschland bietet noch reichlich Platz für weitere Neo-Banken“

Wie viele Neo-Banken verträgt der Markt? Im Januar kündigte Qonto, die französische Business-Bank für KMUs und Freiberufler, ihren Start in Deutschland an. Getestet wurde das Produkt jedoch schon eine ganze Weile unter dem Radar. Mit seinem Service machen die Franzosen Mitbewerber wie Holvi, Kontist oder Penta direkt Konkurrenz. Auch Revolut und Fyrst, das Angebot der Deutschen Bank blasen in das gleiche Horn. Vor allem Fyrst kündigte unlängst eine massive Werbeoffensive an.

„Aber es ist noch viel Platz für weitere Anbieter. Vermutlich werden weitere folgen“, ist sich Qontos Country Manager Deutschland, Philipp Pohlmann sicher, der zunächst aus Berlin das hiesige Geschäft heraus aufbauen soll. Der Markt ist seiner Auffassung nach groß genug. Rund 3,5 Millionen KMUs gibt es in Deutschland. Qonto fasst seine Zielgruppe dabei sehr weit – vom Kleinstunternehmer bis hin zu Unternehmen bis mit zu 250 Mitarbeitern.

Philipp Pohlmann, Qonto

In Hamburg aufgewachsen studierte Pohlmann VWL in Maastricht und arbeitete zunächst bei Google in Dublin und zuletzt beim Anbieter für Marktdaten App Annie. Pohlmann brachte also genug Innensicht des Marktes mit, so dass der Aufbau des Deutschland-Geschäftes nach einem kurzen Austausch mit den Qonto-Gründern Alexandre Prot und Steve Anavi die logische Konsequenz ist.

Alle Mitbewerber sind auch in Berlin

Noch hat der 32-Jährige in der Hauptstadt kein eigenes Büro und pendelt derzeit noch viel zwischen Paris und Berlin hin und her, aber das soll sich – „auch wenn Paris ganz wunderbar ist“ – bald ändern. Bis Ende des Jahres soll es sowohl ein Büro als auch Mitarbeiter in der Hauptstadt geben. Andere deutsche Städte hingegen sind nicht geplant. Warum auch? Immerhin sitzen hier auf wenigen Quadratmetern alle relevanten Startups, die den gleichen Markt beackern. „Wir planen zunächst mit 20 Mitarbeitern und formal haben wir hier auch bereits eine Niederlassung“, sagt er. Mittelfristig denkt er aber schon heute viel größer.

Qonto hat ehrgeizige Ziele für Deutschland – es will nicht weniger, als den Erfolg in Frankreich wiederholen. Die Firma wurde 2016 gegründet und bereits im ersten Jahr am Markt konnte die Business-Bank 20.000 französische Kleinunternehmer überzeugen „Das mag sportlich sein“, sagt Pohlmann, „und einfach wird es sicher nicht, aber wir haben ein Produkt, das sehr stark trägt. Die geringen Marketingkosten zur Neukundengewinnung bestätigen das.“ 

„Qonto konnte im ersten Jahr bereits 20 000 französische Kleinunternehmer als Kunden gewinnen.“

Wiederholt sich der Erfolg aus Frankreich?

Länderübergreifend zählt das Unternehmen vier Jahre nach Gründung und drei Jahre nach Produkteinführung in Frankreich bereits 75.000 Kunden. Im vergangenen Jahr eröffnete Qonto sowohl in Spanien als auch Italien eine Niederlassung – Märkte, so sagt Pohlmann, die für Franzosen zunächst einfacher zu verstehen seien als Deutschland. In allen drei Märkten zusammen hat das Unternehmen 2019 Transaktionen im Wert von zehn Milliarden Euro umgesetzt.

Hinzu kommt, dass Qonto über ausreichend Polster für den langen Atem verfügt: Eigenen Angaben nach hat das Fintech 136 Millionen Euro einsammeln können, darunter 104 Millionen an frischem Kapital aus einer aktuellen Finanzierungrunde, darunter auch vom chinesischen Handelsriesen Tencent. „Daher können wir strategisch denken“, sagt Pohlmann. Heißt konkret: Qonto will sich keine Deadline setzen, sondern will langen Atem beweisen. Vermutlich auch deshalb, weil die Franzosen Deutschland als Schlüsselmarkt auf dem Weg zur europäischen Geschäftsbank verstehen. Daher ist der Name Qonto (gesprochen: ‚Konto‘) klug gewählt, denn Qonto wird universell tatsächlich als Konto verstanden.

Learnings aus der Marktanalyse

Bislang agiert die Firma als Zahlungsinstitut und lässt die Kundeneinlagen von der französischen Bank Crédit Mutuel Arkéa verwahren. Zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs nutzt sie aber bereits ein eigenes Kernbanksystem. Nächster Schritt: eine eigene Bafin-Lizenz, um eine lokale IBAN-Nummer anbieten zu können. Denn die so genannte IBAN-Diskriminierung sei für die Kunden häufig ein großes Problem, so der Deutschland-Manager.

Der Markt ist groß: „Deutschland bietet noch reichlich Platz für weitere Neo-Banken“

Viele Euros dieses Geldes wird in den kommenden Monaten in Online-Marketingkanäle investiert. Heißt konkret: eine massive Plakatierung der Straßenräume und U-Bahn Fenster soll es nicht geben. Stattdessen sucht Pohlmann nach alternativen Kanälen, um „dort zu sein, wo sich die Zielgruppe aufhält“, sagt er.

Das Thema Lokalisation wird bei Qonto hoch aufgehängt. Gleichzeitig werde man verstärkt in den Kundenservice investieren.

Manchmal ist es von Vorteil, nicht der First Mover zu sein. „Wir haben uns die Mitbewerber sehr genau angeschaut und können jetzt aus deren Fehlern lernen!“ Wichtige Learnings: „Qonto will dem Kunden schnelle Reaktionszeiten von 15 Minuten und eine hohe Servicequalität sicherstellen.“  Auch soll eine Schnittstelle für Accounting-Software kommen, um bei einer Anbindung zu den großen Anbietern gut aufgestellt zu sein. Gleichzeitig plant Qonto, Gründungswillige durch einen schlanken Prozess bei der Eröffnung des Geschäftskontos zu entlasten.

Als erste Amtshandlung führte Qonto in Deutschland jedoch erst einmal die X Card ein, eine Metal Card, die speziell für Unternehmen und Selbstständige entwickelt wurde. „Damit bieten wir unseren deutschen Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket und verbinden Flexibilität im Bankgeschäft noch stärker mit individuellem Produkterlebnis und Lifestyle.“, so Pohlmann.

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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