Definition dringend benötigt: Banking as a Service / Banking as a Platform

Definition dringend benötigt: Banking as a Service / Banking as a Platform

Immer mehr Berater und auch Banken reden über das Thema von kontextualisiertem / vertikalisierten Finanzdienstleistungen. Aber was genau ist das eigentlich? Und welche Rolle spielen dabei Banking as a Service – BaaS –  und Banking as a Platform – BaaP?

In den Diskussionen reihen sich leider oft Buzzword an Buzzword und wir müssen aufräumen, damit wir alle über das Selbe diskutieren und reden können. Oder um es anders zu sagen: Das Thema ist aus den Kinderschuhen raus und das Kinderzimmer braucht eine neue Ordnung. Es gab und gibt immer wieder Versuche eine passende Definition zu finden. Aus meiner Sicht sind diese aber entweder schon wieder überholt oder immer noch unklar. 

Auch wir haben im Blog und Podcast schon häufig über die Themen BaaS oder auch BaaP gesprochen. Rückblickend betrachtet sind diese Begrifflichkeiten nicht immer klar genug definiert und abgegrenzt. Klar ist: Merkmale wie „Offenheit“, „API“, „Technologie“, „Cloud“ spielen eine wichtige  Rolle in dem Thema. 

Welche Begriffe hören wir dabei immer wieder und werden in Teilen synonym oder als Abgrenzung genutzt?

  • Banking as a Service 
  • Banking as a Platform 
  • Contextual banking 
  • Vertikalized banking 
  • Open Banking 
Definition dringend nötig: Banking as a Service / Banking as a Platform

Und neu hinzukommen jetzt noch weitere „…as a Services“, darunter

  • Trading as a Service 
  • Crypto as a Service 

Um Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich ein paar Beispiele von im Netz auffindbaren Definitionen als Impuls rausgesucht:

Doch da ich nicht glücklich bin mit dem oben genannten, habe ich mich selbst an eine Definition gewagt und zusätzlich im KollegInnenkreis bei Payment and Banking und ExpertInnen aus der Branche gefragt.

Wie definiert das Payment and Banking Team das Thema “Banking as a Service?

Kilian Thalhammer

Bevor wir in die Definition von “BaaS” einsteigen müssen wir uns über den Begriff “Banking” einig werden. “Banking” heißt Bankgeschäft und damit “As a Service”, diese als Dienstleistung anzubieten.  Etwas Definition bei Gabler

https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/bankgeschaefte-28544

Stellt sich die Frage “Wem anbieten”? Etwas „naiv“ formuliert bietet jede Bank seinen Kunden – sei es B2C oder B2B –  „Banking as a Service” an. Wenn wir nun die Brücke in die Realität schlagen, liegt die Definition wohl eher im B2B Segment. “As a Service” suggeriert, dass man „Teile” anbietet. Man bietet somit keine Produkte, sondern schneidet das „Banking” in Prozesse (vom Begriff ist Service sehr nahe am Prozess – weniger am Produkt).

Die Unterscheidung zwischen “BaaS” (as a Service) und “BaaP” (as a Platform) liegt in der Wertschöpfungstiefe und Fokussierung. “BaaP” ist reines Technologiegeschäft und die regulatorische Komponente spielt keine Rolle. Es werden technologische Plattformen bereitgestellt, um „Banking” zu tun. “BaaS” ist der komplette Service – dazu ist meist auch eine Lizenz von Nöten. 

Heißt:
„BaaP” ==> Zielgruppe: Banken oder regulierte Institute

„BaaS“ ==> Zielgruppe: B2B Unternehmen. Das können, müssen aber Banken sein, sondern sogar auch Endkunden oder sehr „kleine B’S”.

Klaus Igel

Wahrscheinlich sind die Grenzen zwischen Banking as a Service und Banking as a Platform in der Praxis fließend. Die Abgrenzung würde ich wie folgt vornehmen: Bei einer Banking as a Service Lösung stellt der Anbieter für unterschiedliche Anwendungsbereiche (z.B. Kernbankfunktionen, Payments, Kredit-/Wertpapier-/Einlagengeschäft, KYC, Kryptohandel etc.) Services/Anwendungen zur Verfügung, welche durch die Kunden des Anbieters (z.B. andere Finanzinstitute oder Fintechs) aus einem Baukasten genutzt und individuell zusammengestellt werden können. Als prominenten Banking as a Service Anbieter sehe ich die Solarisbank.

Wahrscheinlich sind die Grenzen zwischen Banking as a Service und Banking as a Platform in der Praxis fließend. Die Abgrenzung würde ich wie folgt vornehmen: Bei einer Banking as a Service Lösung stellt der Anbieter für unterschiedliche Anwendungsbereiche (z.B. Kernbankfunktionen, Payments, Kredit-/Wertpapier-/Einlagengeschäft, KYC, Kryptohandel etc.) Services/Anwendungen zur Verfügung, welche durch die Kunden des Anbieters (z.B. andere Finanzinstitute oder Fintechs) aus einem Baukasten genutzt und individuell zusammengestellt werden können.

„Die Grenzen zwischen Banking as a Service und Banking as a Platform sind in der Praxis wahrscheinlich fließend.“

Als prominenten Banking as a Service Anbieter sehe ich die Solarisbank.

Demgegenüber umfasst die Banking as a Platform Lösung eine Entwicklungs-, Laufzeit- und Verwaltungsumgebung, die es Dritten ermöglicht, eigene Finanzanwendungen auf der Plattform/OS zu entwickeln und zu betreiben. Der Grad der Individualisierung und Komplexität ist hier für den Kunden des Anbieters höher als bei einer Banking as a Service Lösung. Im deutschsprachigen Raum sieht sich die Fidor Bank mit ihrem FidorOS als Plattformanbieter.

Open Banking beinhaltet die Möglichkeit für Drittanbieter via APIs auf Bankdaten zuzugreifen und Banktransaktionen zu initiieren. Voraussetzung herfür ist immer die Zustimmung des betroffenen Endkunden.

Beim Contextual Banking wird für den aktuellen Kontext in dem sich der Kunde befindet, ein passendes Banking Angebot eingespielt. Das kann z.B. im Rahmen des Autokaufs ein maßgeschneidertes Finanzierungsangebot oder, wenn der aktuelle Kontosaldo gerade für den Kauf des neuen MacBooks nicht ausreicht, eine spontane Erhöhung des Dispokredits sein .

Verticalized Banking zielt darauf ab, bestimmten Communities ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten, beispielsweise spezialisierte/optimierte/erweiterte Banking-Funktionen für Selbstständige, bestimmte Berufsgruppen oder Altersgruppen. Darüber hinaus findet man auch Banken, die sich nicht durch das eigentliche Banking-Angebot differenzieren, sondern vielmehr durch deren Werte, z.B. durch besonderes Umweltbewusstsein oder ethische Prinzipien, unterscheiden.

André M. Bajorat:

BaaS: 

Definition dringend nötig: Banking as a Service / Banking as a Platform

Eine Art von White Label Banking in der eine Bank ihre Bankprodukte und Prozesse Dritten – meist nicht regulierten Partnern – zur Verfügung stellt. Diese Dritten bauen auf Basis dieser Grundlage – meist auf Basis von APIs – ihre eigenen Produkte für Kunden. Beispiele dieser Kundenprodukte sind Penta, tomorrow oder Kontist.

Die eigentliche Bank selber steht im Hintergrund und ist nahezu unsichtbar. BaaS Anbieter sind zb die Solaris, die Sutor Bank oder die Baader Bank. 

BaaP:

Banken bringen ihre eigenen Bankprodukte in Prozesse / Oberflächen von Dritten. Auch dies API basierend. Die Bank selber bleibt aber sichtbarer Produktlieferant und nutzt den Dritten eher als weiteren Vertriebskanal. Beispiele sind zb Kredite direkt im Kaufprozess oder Konten und Karten die in den Prozess integriert werden. Beispiele sind zb der EasyCredit oder auch die Goldman Sachs Kreditkarte bei Apple. Die Bank selber fungiert also als Plattform. 

Eine andere Sicht von BaaP ist, dass ein Frontend Anbieter (mit oder ohne Lizenz) verschiedene Finanzprodukte unterschiedlicher Anbieter auf einer Platform aggregiert. N26 kann als ein Beispiel gelten, da Angebote von Raisin oder auxmoney integriert werden. Ein weiteres Beispiel könnte Google Plex sein oder besser werden. 

Open Banking:

Existierende Bankprodukte (Konto, Karte) werden in Angeboten von Dritten angezeigt oder zur Durchführung von Prozessen genutzt. Beispiel sind Multi banking oder Buchhaltungslösungen, in denen sowohl Konten angezeigt oder Überweisungen ausgeführt werden. 

Verticalized Banking 

Spezielle Zielgruppen erhalten eigene Frontends und Features die genau für sie gemacht sind. Hierzu werden oft BaaS Anbieter als Grundlage genutzt. Beispiele sind zb insha oder noch einmal Kontist. Ein weiteres Beispiel für vertikalisiertes Banking ist aber auch die apobank. 

Contextual Banking 

Ist oft synonym zu open Banking und banking as a Platform genutzt. Kunden erhalten im passenden Moment das passende Financial Service Angebot angezeigt und können dieses direkt nutzen. Anbieter sind Banken und nicht Banken. 

Und auch der geschätzte Harmut Giesen hat es mit einer Definition versucht:

Banking-as-a-Service = B2B-Angebot für Unternehmen, die Finanzprodukte anbieten/integrieren wolle, 

Banking-as-a-Plattform = B2C-Angebot, das Finanzprodukte verschiedener Anbieter bündelt (Marktplatz, Finanz-Amazon), Grenzen können fließend sein, wenn Plattform-Layer „fat“. https://twitter.com/hartmut_giesen/status/1375756969433300995?s=21

Hier findet Ihr einen Twitter Dialog zum Thema statt: https://twitter.com/ambajorat/status/1375754403509047301?s=21

Fazit

Auch hier wird klar, wir haben nicht die eine passende Definition für jeden Begriff. Bei Banking as a Service sind wir und alle noch weitestgehend einig. Beim Thema Banking as a Platform allerdings, sind wir nicht einig. Eine Sicht ist eine sehr technische, in der die Platform mehr oder weniger “tech” zur Verfügung stellt – eine andere Sicht ist, dass Banken selber Plattformen sind und ihre Produkte in weiteren Kanälen bereit stellen – und eine dritte Sicht ist, dass die Platform als Aggregator fungiert und die Bank-Produkte von verschiedenen Banken und Anbietern auf einem Frontend / Platform zusammenbringt. Sucht euch das Passende aus ;-)

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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