Das deutsche Payment Scheme – naht das Ende des Flickenteppichs?

Das deutsche Payment Scheme - naht das Ende des Flickenteppichs? / The German Payment Scheme - is the end of the rag rug approaching?

Vor gut acht Jahren habe ich es schon einmal gefordert: Bitte liebe Bank lass mich einfach nur bezahlen.
(https://www.deutsche-startups.de/2013/08/22/liebe-bank-bitte-lass-mich-endlich-bezahlen/amp/)

Fast eine Dekade später ist es nun soweit. Das Thema ist in der Politik, zentralen Instanzen und bei Fachleuten angekommen: Der Wunsch die verschiedenen Initiativen der deutschen Kreditwirtschaft im Payment zu bündeln, um schlagkräftige und zeitgemäße Angebote gegen neue Player anbieten zu können.

Ein paar ausgewählte Statements dazu:

Damals – also vor acht Jahren – war ich schon als Kunde und auch aus meiner Zeit als GF von giropay genervt von Begriffen und den Einzelaktivitäten von Angeboten wie der Geldkarte, ec Karte, Maestro, girocard, giropay, vpay, Visa etc. Inzwischen ist es nicht übersichtlicher geworden, sondern es sind weitere Initiativen wie paydirekt, yes, VERIMI, girogo, kwitt etc. hinzugekommen. Und was hat es im Ergebnis gebracht? Verstehen wir Menschen diese Angebote? Wissen wir wann wir was sinnvoll nutzen sollen? Sind die Verfahren und Vorteile transparent für uns? Oder wollen wir nicht einfach nur bezahlen oder uns zum Beispiel identifizieren?

Das deutsche Payment Scheme - naht das Ende des Flickenteppichs?

Ich habe unsere Runde gefragt und ein paar offene Fragen gestellt und würde diese gerne auch nach außen öffnen:

  • Hat eine neue Zentrale deutsche Payment-Lösung eine Chance?
  • Ist das nicht viel zu kurz gedacht?
  • Haben wir noch eine Chance, mehr als nur Infrastruktur zu sein?
  • Sind Visa, Master, Amex, PayPal auf der einen und Allipay auf der anderen Seite nicht schon zu stark?
  • Welche Rolle spielen Appel, Google und Facebook wirklich?
  • Sind die Shareholder der Initiativen sich einig oder ist dies überhaupt unmöglich?
  • Ist der politische Wille Fluch oder Segen?
  • Sind nicht alle Payment Assets der deutschen Banken schon verhökert?
  • Haben wir uns zu lange auf GER konzentriert?
  • Welche relevanten europäischen Schemes / Player gibt es überhaupt?
  • Ist der aktuelle girocard Fokus der DK richtig?

Auf dem Bundesbank Symposium war das Thema auch auf der Agenda – Andreas Krautscheid, GF des Bankenverbandes sprach über das Thema. Allerdings mit einer noch nicht ganz so klaren Aussage was den europäischen Approach einer solchen neuen Lösung angeht. Seine Aussagen klingen noch ein wenig wie: “Wasch mich, aber mach mich nicht nass!”

Jochen Siegert

Es wurde Zeit! Gut, wenn endlich erkannt wurde, daß das Flickwerk loser Enden von unterschiedlichsten paralleler und zum Teil direkt konkurrierender Zahlverfahren nicht im Sinne von Kunden, Handel und damit auch letztlich nicht sinnvoll für die Kreditwirtschaft selbst ist. Erschreckend ist jedoch die Tatsache, daß offenbar erst externer politischer Druck notwendig war, um die Kollegen aus Verbänden und Kreditinstituten in Bewegung zu versetzen, genau hier liegt auch die Krux.

Was passiert jetzt? Die bewährten Berater die schon immer “geholfen” haben, erarbeiten Konzepte der Zusammenlegung die dann von den bewährten Payment-”Experten” in den Häusern umgesetzt werden, die schon den Status Quo verantworten. Werden so endlich kompetitive Zahlverfahren entwickelt? Werden dann endlich die blockierenden internen politischen Zöpfe der Vergangenheit gekappt? Werden endlich die Silos durchbrochen und wir ein Verfahren erhalten was sowohl stationär, online als auch mobil genutzt werden kann?

Wird endlich unternehmerisch und vom Markt agiert mit klarer wirtschaftlicher Verantwortung und Konsequenzen? Denkt die DK gar endlich jenseits der nationalen Grenzen im Payment? Damit ist nicht gemeint, daß die anderen Länder unsere Lösungen übernehmen sollen, wie so oft insgeheim gewünscht.

„Wird endlich mit klarer wirtschaftlicher Verantwortung agiert?“

Schaut man sich die neu eingeführten digitalen kreditwirtschaftlichen Payment-Initiativen der letzten 20 Jahren an, so sind de facto alle gefloppt wie ich vor Monaten in einem Artikel zusammengefasst habe:

https://paymentandbanking.com/die-relevanz-von-applepay-und-googlepay-fuers-digitalpayment/

Betrachtet man die Marktbewertung der Aktien von Wirecard, Adyen, PayPal und Co vs unserer Grossbanken, lässt sich die finanzielle Konsequenz der falschen strategischen und operativen Entscheidungen der letzten beiden Dekaden in harten Euros messen. Stattdessen füllen die klaffenden Lücken beim Kunden Namen wie Paypal, Klarna, Ratepay und Co online und Apple, Google, Payback Pay mobil.

Lassen sich die falschen bzw. unter-lassenen produktpolitischen Entscheidungen der letzten 20 Jahre plötzlich zurückdrehen? Besteht 2019 überhaupt noch ein Bedarf nach einem nationalen Payment Scheme? Ich bin mir sicher: Die Antwort auf die Payment-Herausforderungen kann nur in einem europäischen Ansatz erfolgen der konsquent unternehmerisch getrieben wird.

Das deutsche Payment Scheme - naht das Ende des Flickenteppichs?


Wohlfarth Miriam

Ich glaube nicht mehr an eine deutsche Lösung. Das ist viel zu klein gedacht und auch zu spät. Es muss eine europäische Lösung her. Wie genau die aussieht, da möchte ich mich gar nicht festlegen. Ein aus meiner Sicht ideales europäisches Paymentscheme wäre eine Mischung aus Instant Payment und SEPA Lastschrift. In meinem Wunschdenken gibt eine europaweite One-Click-Bezahllösung, welche ohne Login Hürden und nerviges 3DS, nur mit IBAN Eingabe mit Real-time Kontocheck ( um Chargebacks mangels Deckung zu vermeiden) im Hintergrund abläuft.

Der Konsument wäre auf der sicheren Seite weil er bei etwaigem Missbrauch jederzeit die Zahlung zurückbuchen könnte. Die Voraussetzungen dafür sind theoretisch da. Vorgeschaltet bedarf es natürlich noch einer smarten Lösung für Ident- und Risk-Prozesse.

Es möchte ja niemand Fraud und Identitätsdiebstahl. Aber auch das kann man meiner Meinung nach in den Griff bekommen. Die DSGVO und die PSD2 helfen uns dabei, sie geben den Rahmen und das legal Framework für eine europaweite Lösung.

„Die DSGVO und die PSD2 geben den Rahmen und das legal Framework für eine europaweite Lösung.“

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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