CBDCs, der digitale Euro und die EPI – eine Liaison mit Fragezeichen, Teil 2

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Überall auf der Welt beschäftigen sich die Zentralbanken mit der Herausgabe staatlich gedeckter digitaler Währungen. Manche digitalen Währungen sind nur für den Geldtransfer zwischen Banken gedacht, während sich andere an den Endkunden wenden. Was hat das mit EPI zu tun?

Einen hervorragenden Überblick über den weltweiten Stand gibt die interaktive Karte des Atlantic Council. Die Europäische Zentralbank (EZB) startete 2019 mit den Evaluierungen zur Einführung eines digitalen Euros.

Die EZB und ihre geldsystemischen Mischform: intermediated CBDC

Weltweit werden vor allem zwei Versionen eingesetzt: Die direct und die indirect CBDC. Die EZB beschäftigt sich aktuell mit einer Mischform aus beidem. Bevor ich diese Modelle im Einzelnen vorstelle, sollten wir einen kurzen Blick auf die geldsystemischen Hintergründe rund um Zentralbankgeld, Buchgeld und Kryptowährungen werfen:

Zentralbankgeld wird von der Europäischen Zentralbank ausgegeben. Bargeld gehört zum Zentralbankgeld. Das gesamte Zentralbankgeld ist durch die EZB, also durch das Vermögen des EU-Wirtschaftsraums, gesichert.

Buchgeld wird von den Geschäftsbanken (Hausbanken) im Verhältnis 1 zu 100 erzeugt. Für jeden Euro, den eine solche Bank bei der Europäischen Zentralbank hat, darf sie 100 Euro Buchgeld „schöpfen“, also an den Kunden ausgeben. Das Geld, das der Endkunde auf dem Kontoauszug seines Girokontos bei der Hausbank sieht, ist somit Buchgeld. Buchgeld bei einer Bank ist in Deutschland bis zu 100.000 € pro Konto pro Bank durch den Staat gesichert.

Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum agieren losgelöst vom staatlich kontrollierten Geldmarkt und funktionieren letztlich nur aufgrund der Akzeptanz durch einen signifikanten Anteil der Bevölkerung. Die meisten Kryptowährungen/-projekte erwecken den Anschein, als seien sie dezentral aufgesetzt, doch am Ende sind sie weitestgehend (berühmte Ausnahme ist der Bitcoin) durch eine externe Partei gesteuert bzw. im Besitz eines Unternehmens und von diesem entsprechend gemanaged. Kryptowährungen sind nicht durch eine staatliche Stelle gesichert oder reguliert.

Der spannende Punkt ist nun, dass der digitale Euro nicht wie die Kryptowährungen losgelöst vom Bankensystem sein soll, sondern als durch die EU reguliertes Zentralbankgeld ausgegeben werden soll. Dies bringt einige Herausforderungen mit sich, auf die im Folgenden eingegangen werden soll.

Sehen wir uns die drei Ansätze zur Umsetzung dieses digitalen Zentralbankgeldes an: Direkt CBDC, indirekt CBDC und die Mischform aus beidem, die intermediated CBDC.   

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Direct CBDC (Central Bank digital Currency)

In diesem Szenario für die Umsetzung des digitalen Euro hat sowohl der Endkunde als auch der Händler ein Konto bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Dieses Konto verwaltet ausschließlich den digitalen Euro und nicht den „normalen“ Euro. Daher ist weiterhin ein reguläres Girokonto bei einer Bank nötig, um Buchgeld in den digitalen Euro umzutauschen. Das direct CBDC-Konto müsste vom Kunden aufgeladen werden, ähnlich wie beim Prepaid Verfahren, das man z.B. vom Aufladen der Mobilfunkkarte kennt. Wenn der Kunde etwas mit dem digitalen Euro bezahlen möchte, so muss er dafür Sorge tragen, dass ausreichend Geld auf dem CBDC-Konto ist. Andernfalls muss er vom Girokonto „nachladen“.

Bei einem Einkauf mit dem digitalen Euro würde bei direct CBDC das Geld zwischen den Zentralbankkonten des Endkunden und des Händlers übertragen werden, sodass innerhalb der EZB eine reine Account to Account Transaktion verarbeitet werden würde. Sämtliche Zwischenhändler, wie wir sie aus bisherigen Geldtransaktionen kennen, könnten entfallen.

Indirect CBDC (Central Bank digital Currency)

Der Kunde hat in diesem Ansatz zwei Konten bei seiner Geschäftsbank: Ein reguläres Girokonto (mit Buchgeld) und ein CBDC-Konto (mit Zentralbankgeld). Die Hausbanken würden somit einen Teil des Zentralbankgeldes verwalten.

Das CBDC-Konto verhält sich in diesem Szenario ebenfalls nach dem oben beschriebenen Prepaid Prinzip.

Intermediated CBDC (Central Bank digital Currency)

Intermediated CBDC ist eine Mischung aus der direct und der indirect CDBC. Die CBDC-Konten werden in diesem Fall bei der Zentralbank geführt (wie bei der direct CBDC), aber durch Geschäftsbanken „vermittelt“ und bereitgestellt (wie bei der indirect CBDC). Der Endkunden bekommt also sein bei der EZB geführtes CDBC-Konto im System seiner Hausbank gespiegelt. Die Kontrolle über das digitale Zentralbankgeld liegt in diesem Szenario weiterhin bei der EZB.

Aktuelle Situation digital Euro

Die eingesetzten CBDC-Varianten sind je nach Land unterschiedlich, wobei derzeit nur in Europa die intermediated CBDC als Umsetzungsvariante geprüft wird.

Bei der Europäischen Zentralbank haben bisher nur Banken ein Konto. Die EZB hat also keine Erfahrung im Handling von „mass market“ Anwendungen. Mit der Einführung eines direct CBDC müsste sie jedoch zig Millionen KYCs, Zahlungsabwicklung und Endkundenkontoführungen bewerkstelligen, was eine enorme Herausforderung darstellen dürfte. Indirect CBDC und intermediated CBDC belassen dagegen die Kompetenzen der Massenmarktanforderungen wie KYC (know your customer, also Kundenindentifizierung), Zahlungsabwicklung und Endkunden Frontend bei den Geschäftsbanken und ließen sich daher besser ins europäische Setup integrieren.

Auf die Frage, welche der drei Versionen nun von der Europäischen Zentralbank umgesetzt wird, gibt es kein offizielles verbindliches Statement. Interpretiert man die Aussagen von Fabio Panetta (Mitglied des Direktoriums der EZB und verantwortlich für die Evaluation rund um den digitalen Euro), so erweckt es den deutlichen Anschein, als wäre die aktuell präferierte Umsetzungsvariante der EZB der intermediated Ansatz. Fakt ist: Bis Ende Oktober 2023 soll die Evaluationsphase abgeschlossen sein und über die nächste Phase entschieden werden.[2]

Einschätzung digitaler Euro

Nachdem wir soeben die verschiedenen Ansätze beleuchtet haben und sehen, dass die EU dem intermediated Ansatz zu folgen scheint, muss nun die Frage nach dem warum erlaubt sein. Wozu ist der digitale Euro gut? Welche Probleme löst er und welche Möglichkeiten schafft er?

Die Europäische Zentralbank beantwortet diese Frage wie folgt: Der digitale Euro soll die steigende Nachfrage nach sicheren und zuverlässigen elektronischen Zahlungsmitteln befriedigen und gleichzeitig für Stabilität im europäischen Zahlungs- und Währungssystem sorgen. Ein digitaler Euro würde außerdem die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken und den Wettbewerb sowie die Effizienz im europäischen Zahlungsverkehr fördern.

Den Wettbewerb stärken

Dass die EZB das Thema Sicherheit und Zuverlässigkeit bei den elektronischen Zahlungsmitteln als wichtigstes Argument nennt, verwundert mich, denn die bestehenden elektronischen Zahlungsmittel sind meines Erachtens bereits gut gesichert. Fraudfälle wie „Account-Takeover“ kommen zwar vor, das liegt jedoch in den wenigsten Fällen an den Systemen, sondern z.B. an Betrugsfällen wie intelligentem „phishing“ (Kartendetails oder Bankzugangsdaten werden über falsche Internetseiten erschlichen) oder grundsätzlich am unachtsamen Umgang der Endkunden mit ihren Sicherheitsschlüsseln. Ich wage zu behaupten, dass auch der digitale Euro davor nicht gefeit sein wird.

Die Frage, ob der digitale Euro Stabilität im europäischen Zahlungs- und Währungssystem bringen und die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken kann, ist vor allem geldtheoretischer und sicherlich auch politischer Natur. Man muss den europäischen Wirtschaftsraum weltweit attraktiv und konkurrenzfähig halten und mit den aktuellen Entwicklungen mithalten.

Einige Fragen bleiben bei der EZB offen

Das zuletzt genannte Argument, die Schaffung eines effizienten und wettbewerbsstarken europäischen Zahlungsverkehrs, halte ich für das Spannendste aus Händler- und Endkundensicht. Allerdings ist der digitale Euro hier im Hintertreffen, denn genau diese Anforderung will auch EPI lösen und das Unternehmen ist, wie oben beschrieben, kurz davor, europaweite digitale Zahlungen in ausgewählten Ländern möglich zu machen.

EPI und die EZB hatten bereits Berührungspunkte durch die Ausschreibung der Prototyping Cases für die Umsetzung des digitalen Euros. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die EPI Interim Company die Ausschreibung für den Prototyping Case „point of sale payments initiated by the payer“ gewann (ein Thema, in dem sie bisher wenig Erfahrungen hat – zum Vergleich: Gewinner der Ausschreibung des e-commercae cases war Amazon). Etwas später, mit der Neuausrichtung und der Übernahme von iDeal und payconiq, wäre EPI ein guter Partner für die cases „P2P online Payments“ (gewann die Caixa Bank) und „P2P offline Payments“ (gewann Worldline) gewesen.

Ansonsten kommt in der Argumentation der EZB meines Erachtens die Sicht der Endkunden, also der Personen, die den digitalen Euro letztlich nutzen sollen, zu kurz. Was hat der Nutzer davon? Welche Vorteile hat ein Händler oder ein Endkunde, wenn er künftig die Zahlungsvariante „digitaler Euro“ wählt?

Kund:innen wünschen sich Anonymität

Bei einer repräsentativen Umfrage kam die Sorge der Menschen zum Vorschein, mit der Einführung des digitalen Euros zum gläsernen Kunden zu mutieren. 43 % der EU-Bürger wünschen sich bei der Zahlung Anonymität, wie man sie von Kryptowährungen und vom Bargeldverkehr kennt, doch dieser Wunsch wird durch den digitalen Euro momentan nicht erfüllt.

Dafür soll der Umgang mit dem digitalen Euro einfacher sein, als der eher komplizierte Kauf einer Kryptowährung und es wird kein gesondertes Wallet dafür benötigt. Dennoch muss der Endkunde für die Nutzung des digitalen Euro zwei unterschiedliche Konten (eines fürs Buchgeld und eines fürs Zentralbankgeld) verwalten. Euro ist eben nicht gleich Euro.

Fazit:

Ich gehe davon aus, dass die Banken aus Gründen der Nutzerfreundlichkeit beide Konten auf einer Oberfläche darstellen werden. Dennoch ergibt sich aus regulatorischer Sicht ein interessanter Punkt, denn wenn ein Nutzer erst einmal verstanden hat, dass der digitale Euro als Zentralbankgeld deutlich besser abgesichert ist als das Buchgeld auf dem Girokonto, dann wird er sein Erspartes sicherlich lieber im digitalen Euro anlegen als – wie bisher – auf der Bank.

Der digitale Euro ist jedoch als Transaktionswährung konzipiert und nicht als Anlageklasse. Das bedeutet, dass er im Umlauf bleiben soll und die EZB mittels diverser Mechanismen und Limits dafür Sorge tragen müsste, den digitalen Euro nicht zu einem Vermögenswert werden zu lassen.

Für weitere Details hierzu und eine Bewertung aus der Krypto-Perspektive empfehle ich die Podcast Folge „Ein Update zum aktuellen Stand des digitalen Euro Projektes der EZB“ von Bitcoin Fiat & Rockn`roll.

Ich bin gespannt, ob sich der digitale Euro trotz der Einführung von EPI durchsetzen wird. Das hängt sicherlich stark vom Erfolg von EPI ab, auch ein Zusammenschluss beider Ansätze ist denkbar. Auf jeden Fall ist es wünschenswert, dass die EZB den digitalen Euro nicht vornehmlich als Prestigeprojekt betrachtet, sondern auch die Wünsche und den Nutzen der Endkunden im Blick behält.

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Autor

  • Björn Wessel arbeitet als freiberuflicher Berater im internationalen Payment mit dem Fokus auf Retail und Mobile Payment. Als Experte berät er interessierte Konzerne und Mittelständler. Vor seiner Beratertätigkeit war er CEO bei der transactiv GmbH, einem Payment Gateway Provider. Die Turbulenzen bei der Wirecard AG bekam er als Head of POS Global Payment Product in der ersten Reihe mit. Von 2015 und 2019 hielt Björn die Rolle des COO bei der TWINT AG, wo er beim Aufbau der mittlerweile beliebtesten Payment App in der Schweiz mitwirkte. Weitere Erfahrungen konnte Björn auch als Bereichsleiter bei Payback sammeln, sowie innerhalb der Loyalty Partner Group, z.B. in der Verantwortung des Miles & More Geschäftes. Wenn er nicht arbeitet, stürzt er sich in den Familientrubel mit seiner Frau und drei sehr lebhaften Kindern.

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