Nun ist es also so weit. Etwas nicht wirklich Gewolltes und lange von der breiten Masse Bekämpftes, wird Realität: Dritte dürfen im Auftrag und im Sinne der Kunden die Bankeninfrastruktur in ihre Angebote integrieren. Aber führt das wirklich zu einer neuen Liebe zwischen Banken und APIs?

Kurz gesagt: Die lange diskutierte PSD2 wird Realität und die meisten Banken haben eine erste Version einer API-Sandbox.

Willkommen in der Realität der vernetzen Welt.

Für langjährige Marktbeobachter sind die Reaktionen schon lustig bis verwirrend. Unternehmen und Vertreter dieser Unternehmen feiern sich aktuell für die neue – durch Druck erzeugte – Offenheit.

Die selben Vertreter haben bis vor kurzem noch mit allen Mitteln gegen die Nutzung der Bankeninfrastruktur gekämpft.

Ist das Einsicht? Eine neue echte Offenheit und Verständnis für die Mechanismen in der digitalen Welt oder nur das ‚Feiern‘ von etwas, was man sowieso nicht mehr verhindern kann?

Werden wir jetzt echte Offenheit von Banken sehen und vielleicht sogar APIs die deutlich über das gesetzlich Vorgegebene hinausgehen? Ist jetzt alles geklärt und wir erleben ein neues Feuerwerk der Banking Innovationen?
Oder ist es gar ein perfider Plan? Endlich Kontrolle und eine Beschränkung der Datenquelle im Vergleich zum Status Quo der gerade in Deutschland durch das Vorhandensein von HBCI/FinTS sehr groß ist?

Was meinen die Experten zur Liaison Banken und APIs?

Cornelia Schwertner

Ich glaube, was der EU Markt jetzt braucht sind echte Open Banking Pioniere unter den Banken: Ein paar große Banken, die wirklich Entwickler-freundliche API-Portale anbieten und über die neue Offenheit das tatsächliche Potential von Open Banking für sich selbst und ihre Kunden entdecken.
Das heißt zum Beispiel auch, Premium API Produktideen nicht nur in Form von Delta-Listen zu PSD2-Pflichten zu formen, sondern unabhängig von jeder Regulierung Kontoinhaber-orientierte und wirklich innovative Ideen durch die Developer Community einzusammeln und gepusht durch diese umzusetzen.

Was in den kommenden Monaten allein durch die Medienpräsenz des Themas zunehmen wird, sind Sorgen und Kritik durch Verbraucher(-schützer).

Hier wird sich dann tatsächlich zeigen, wer API-Liebe nur vortäuscht. Open Banking Pionierbanken klären ihre Kunden und die Medien transparent und verständlich über die neuen Möglichkeiten und die neue PSD2-Sicherheit auf, um ihnen unnötige Sorgen zu nehmen.


Jochen Siegert

Interessant zu sehen, wie manche Protagonisten bzgl. API und PSD2 sich öffentlich vom Saulus zum Paulus bekehrten, oder zumindest diesen Eindruck stark erwecken. Schön, jedenfalls, dass APIsierung von Seiten der Kreditwirtschaft nicht länger bis aufs Messer bekämpft und dagegen lobbyiert wird, sondern, zumindest in der PR, die Chancen hervorgehoben werden. Werden sie auch genutzt? Wird eine Developer Community aufgebaut? Wird “mehr” geboten als nur das Minimum was auch gesetztlich vorgeschrieben wurde? Ich bleibe skeptisch und bin überzeugt dass eine rein technische API keine holistische Strategie und Open-Banking-Produkte ersetzt. Die Banking-Service Provider werden daher weiter gestärkt und gehen auch nicht mehr weg – so sehr der eine oder andere Saulus ähm Neu-Paulus dies auch wünschen würde :)

Kilian Thalhammer

An echte Offenheit glaube ich nicht, zumindest nicht im großen Stil. Einzelne innovative Player ja, die großen werden versuchen Gatekeeper zu bleiben. Nach dem Motto “Offenheit ja, aber nach meinen Regeln”. Apple et al ist da nicht viel anders. Die “Kleinen” werden Erkennen, dass sie mit der Offenheit viel gewinnen können. Die Frage ist eher in welcher Konstellation und mit welchem Partner zusammen? Offenheit ohne Netzwerkeffekt wird nicht die Wirkung entfalten, die wir brauchen (und in Teilen) auch wollen. Zum Thema “Doppelmoral”, so scheinheilig es ist, so passt es leider zum Daily Business und dass nicht nur im Bankenkontext – die Politik ist hier der Vorreiter.

Banken und APIs - eine neue Liebe?

Mit Ehrlichkeit gewinnt man nichts. Keine Bankvorstand wird sich hinstellen und “zugeben”, daß man sich strategisch nun etwas anders aufstellen wird und das Thema “Open Banking” bis dato eher blockiert, als gefördert wurde und man nun spät auf den Zug aufspringt. Von wem bekommt er dafür Kekse und Kuchen?

Klaus Igel

Wie so oft passt auch hier der Spruch „es gibt solche und solche“. Je näher der Stichtag (14.09.2019) rückt, umso deutlicher werden auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern. Vielleicht kann man die Banken bei ihren API Ansätzen grob in drei Kategorien einteilen:

1.) Banken, die seit langem moderne APIs in ihrer DNA haben und die jetzt nur noch nachjustieren müssen, z.B. bunq aus den Niederlanden

2.) Kreditinstitute, die die PSD2 APIs umgesetzt und diese gleich um echte Mehrwertfunktionen ergänzet haben. Die Deutsche Bank mit ihrer dbAPI ist hier gutes Beispiel.

3.) Anbieter, die zunächst nur die PSD2 APIs im vorgeschriebenen Rahmen umgesetzt haben – in diese Kategorie dürften die meisten deutschen Kreditinstitute fallen.

Banken und APIs - eine neue Liebe?

Nun ist es ja zumindest bei uns in Deutschland dank HBCI/FinTS schon eine Ewigkeit so, dass Softwarefirmen/Fintechs/Dienstleister usw. problemlos auf Bankdaten zugreifen und diese in ihren eigenen Lösungen integrieren konnten. So richtig kontrollierbar ist das alles auf Anbieterseite nicht mehr, wer genau (Kunde oder Drittanbieter) auf welche Bankdaten zugegriffen hat. Insofern werden viele Banken aus der Kategorie 3 erstmal dran interessiert sein, die Dinge wieder „unter Kontrolle zu bekommen“.

In naher Zukunft wird sich dann zeigen, ob die Angebote wirklich in Richtung offener APIs oder eher „Mautstellen/Grenzkontrollen“ gehen. Auf lange Sicht führt ohnehin kein Weg an offenen Schnittstellen vorbei, kurzfristig könnten sich die neue APIs für User und Drittanbieter noch wie ein Rückschritt anfühlen.


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