Für Franziska Schmid sind Ökonomie und Ökologie kein Wiederspruch. Im Gegenteil: Künftig kann es nur noch zusammen gehen! In ihrer monatlichen Kolumne „Let’s think! Green!“ kommentiert sie nachhaltige Entwicklungen im Banking und Payment-Sektor und fordert mehr Umsetzungswille ein!

Europa soll 2050 klimaneutral sein. Dafür werden verschiedene politische Instrumente mobilisiert. Die EU-Kommission nimmt den Kampf gegen die Klimakrise ernst. Erst in den vergangenen Tagen verkündete Ursula von der Leyen, innerhalb von zehn Jahren die CO2-Emissionen auf mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren zu wollen. Diese neu angedachte Verschärfung von bislang 40 auf 55 Prozent soll dabei Hilfe leisten, das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die weltweite Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, umzusetzen.

Bereits 2018 lieferte die EU starke Impulse mit dem Aktionsplan. Dieser fordert erstens die Neuausrichtung der Kapitalflüsse hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft, zweitens die Integration von Nachhaltigkeit in das Risikomanagement von Banken und drittens die Förderung von Transparenz und Langfristigkeit.

Anteil nachhaltiger Investments wächst - aber nicht schnell genug

17 SDGs definieren die Ziele bis 2030

Ein zentrales Element, eine sozialere und nachhaltigere Zukunft für alle zu erreichen, sind die 17 Sustainable Development Goals (SDGs). Die SDGs wurden von der UN aufgesetzt und befassen sich mit den globalen Herausforderungen, vor denen wir stehen: Armut, Ungleichheit, Klimawandel, Umweltzerstörung, Frieden und Gerechtigkeit. Die SDGs sollen bis 2030 erzielt werden. Allerdings schreitet die Umsetzung dieser Ziele noch nicht in dem erforderlichen Tempo und Umfang voran.

green leafed glass

Doch nicht nur auf EU-Ebene wird die Umsetzung einer klimafreundlichen Wirtschaft angestrebt. Auch die Bevölkerung wird immer lauter. Fridays for Future und andere ökologische Stimmen warnen die Bevölkerung vor den Folgen des heutigen Wirtschaftens in der Zukunft, wenn sie ihr Verhalten nicht jetzt ändert.

Um die beschlossene Senkung der Durchschnittstemperatur und der Klimaziele 2030 zu erreichen, fehlen aktuell jährlich 180 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen. Gelder müssen mobilisiert und dringend in klimafreundliche Projekte angelegt werden. An was fehlt es, dass eine derartige Investitionslücke entsteht? Ist es durch einen Mangel an finanziellen Mitteln oder einen Mangel an Möglichkeiten zu begründen?

Anteil nachhaltiger Geldanlage stieg um 23 Prozent an.

Nachhaltige Geldanlagen sind 2019 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent gewachsen und umfassen nun ein Volumen von 269,3 Milliarden Euro. Betrachtet man die Anlegertypen, dann sind die stärksten Treiber die institutionellen Investoren mit einem Marktanteil von rund 89 Prozent. Obwohl der Anteil der privaten Investoren im vergangenen Jahr deutlich gewachsen ist, haben diese noch viel Luft nach oben. Worin liegen die Gründe dafür, dass überwiegend institutionelle Investoren nachhaltig investieren? Allein am deutschen Investmentmarkt bieten immer mehr Banken und andere Finanzplattformen nachhaltige Finanzprodukte an.

Vor diesem Hintergrund kann die momentane Investitionslücke in Bezug auf die Klimaziele weder mit fehlenden finanziellen Mitteln noch mit fehlenden Investitionsmöglichkeiten begründet werden. Zudem fordern weite Teile der Öffentlichkeit vermehrt nachhaltige Investments. Ist privaten Investoren bewusst, dass auch ihre Geldanlage eine entscheidende Rolle in ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen spielt?

macro photography of snow on green pine tree

Man könnte provokant festhalten: offensichtlich nicht. Es bleibt jedoch noch die Frage, inwiefern eine ausreichende Auswahl an nachhaltigen Geldanlagen derzeit am deutschen Investmentmarkt existiert. Investmentanbieter sind jedenfalls nicht unkreativ. Von ethischen über sozialen bis hin zu grünen Geldanlagen ist alles dabei. Viele AnlegerInnen stehen vor der Herausforderung, welche nachhaltige Geldanlage denn nun genau zu ihren Ansprüchen und Wertvorstellungen passt.

Deutsche Banken müssen erst sich, dann den Kunden sensibilisieren

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, sich von einer der zahlreichen deutschen Banken zu nachhaltigen Geldanlagen beraten zu lassen. Jedoch werden ambitionierte Klimaretter hier häufig enttäuscht. Fragt man im Beratungsgespräch näher nach, hat man oftmals nicht den Eindruck transparente Informationen zu bekommen. Kein Wunder, dass Privatkunden wieder auf das gute alte Sparbuch oder Tagesgeld setzt. Dieses Geldanlageverhalten trägt aber wenig zum Erreichen der Klimaziele bei.

Im Ausland gibt es dort bereits wesentlich ansprechendere nachhaltige Investmentmöglichkeiten für Privatanleger. Die USA, UK und auch die Schweiz kombinieren nachhaltiges und mobiles Investment. Mit einer nachhaltigen Investment-App bieten sie Kunden an, nach ihren persönlichen Werten zu investieren. In wenigen Schritten können die Themen ausgewählt werden, die mit der persönlichen Geldanlage unterstützt werden sollen und was nicht. Das Ergebnis sind mögliche Geldanlageprodukte, die zum einen mit den persönlichen Zielen und Werten übereinstimmen und zum anderen die Klimaziele unterstützen.

Wäre es nicht an der Zeit, dass deutsche Banken das konventionelle Investmentportfolio über Bord werfen, ausschließlich nachhaltige Investmentprodukte anbieten und ihre Kunden entsprechend dafür sensibilisieren? Dies würde nicht nur helfen, die Investitionslücke zu schließen, sondern auch den erhöhten regulatorischen Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit und von der Leyens Plänen entgegenkommen.

Schlagwörter
Newsletter
open close

Der beste Newsletter ever.

Wir versorgen dich täglich mit News, ausgewählten Artikeln und Kommentaren zu aktuellen Themen, die die Finanz-Branche bewegen. Jetzt anmelden!