„Otto…find‘ ich gut“ – der Werbeslogan der Otto-Group, deren Aushängeschild viele Jahre der Versandkatalog war, gehört bis heute zu den bekanntesten Werbesprüchen. Mit seinem Online-Shop steht Otto felsenfest an zweiter Stelle der erfolgreichsten E-Commerce-Händler in Deutschland – direkt hinter Amazon. Zum 25. Jubiläum von Otto.de betrachten wir den digitalen Vertriebskanal etwas genauer und wagen einen Blick zurück in die Geschichte eines Konzerns, der 1995 unbekanntes Terrain betrat und den E-Commerce in den Anfangsjahren mehr forcierte als Jeff Bezos‘ Tech-Gigant.
Der Online-Handel boomt. Und das schon seit Jahren. 2019 betrug der Umsatz des Onlinehandels hierzulande 59,2 Milliarden Euro[1] (Zum Vergleich 2018: 53,4 Milliarden). Und ein Ende der Umsatzsteigerungen scheint nicht in Sicht, zumal die Corona-Krise dem E-Commerce nochmals Aufschwung gab. Bereits zum Ende des dritten Quartals 2020 belief sich die Zahl auf knapp 56 Milliarden[2] – dass 2020 ein neues Rekordjahr wird ist so gut wie sicher.
Vom reinen Katalog- zum Onlinehändler
Unter den umsatzstärksten Online-Shops steht Amazon.de klar an der Spitze. Fast zehneinhalb Milliarden Euro erwirtschaftete der allmächtige Tech-Gigant 2019 mit seinen E-Commerce-Angeboten in Deutschland. Die zehn erfolgreichsten Web-Shops bei uns sind:
Doch wäre es zu einfach und schlicht falsch, die Geschichte und den Erfolg des deutschen Online-Handels stets nur mit dem von Jeff Bezos gegründeten, börsennotierten US-amerikanischen Onlineversandhändler in Verbindung zu bringen.
Denn ein anderer Webshop darf sich damit rühmen, den E-Commerce bei uns entscheidend vorangetrieben zu haben. Eine Seite, die noch vor Amazon den Weg ins Internet fand und im September ihr 25-jähriges Jubiläum feierte: Otto.de. Branchenbeobachter und E-Commerce-Experten betrachten Otto als ein Paradebeispiel für ein Konzern, dem schrittweise die erfolgreiche digitale Transformation gelang. Vom angestaubten Katalog-Händler (der Katalog erschien als gedruckte Ausgabe dennoch bis 2018) hin zum innovativen, fortschrittlichen Online-Konzern, der zu den 20 umsatzstärksten, in Familienhand befindlichen deutschen Unternehmen gehört[3].
In diesem Beitrag blicken wir zurück auf den Wandel und die Erfolgsgeschichte des in Hamburg ansässigen Handelsunternehmens und lassen dabei auch die negativen Schlagzeilen nicht aus dem Blick – von denen es im Laufe der über 70-jährigen Firmengeschichte durchaus die ein oder anderen gab.
Frühe Firmengeschichte – die ersten Jahre
- 1949: der 40-jährige Brandenburger Werner Otto gründet in Hamburg-Schnelsen den „Werner Otto Versandhandel“
- 1951: der erste Otto-Katalog erscheint in einer Auflage von 300 Stück. In 14 (handgebundenen) Seiten werden 28 Paar Schuhe präsentiert
60er- bis 80er-Jahre: Von der inhabergeführten Firma zum Konzern
- 1960: Bezug des neuen, riesigen Betriebsgebäudes in Hamburg-Bramfeld. Die Zahl der Mitarbeiter wächst auf 2000, der Umsatz liegt bei 150 Millionen Mark
- 1969: durch die neu gegründete Hanseatic Bank haben Kunden nun die Möglichkeit, ihre Katalog- oder Telefon-Bestellungen zu finanzieren
- Ab 1974: Otto beteiligt sich an der Versandhandelsgruppe „3 Suisses International“ und entwickelt sich zum internationalen Konzern mit eigenen Warenhäusern
- 1982: mit der Otto Reisen GmbH steigt der Konzern in die Touristik-Branche ein. In jenem Jahr setzt Otto nur durch den Versandhandel fast vier Milliarden Mark um
- 1986: mit „Otto…find` ich gut“ etablieren die Hamburger einen der berühmtesten und populärsten Werbeslogans der Geschichte
1995: Otto geht online
1995 ist das Jahr, in dem sich der Konzern einen entscheidenden neuen Vertriebskanal erschließt: den Verkauf über die digitale Vertriebsplattform Otto.de. Otto wagt damit in einer Zeit den Schritt ins Internet, als dieses noch nicht einmal vier Jahre existiert und in den Kinderschuhen steckt. Die großen Handelskonzerne und Warenhäuser der damaligen Zeit trauen „diesem Internet“ bzw. dem neuen Medium hingegen lange nicht über Weg. Erst dreieinhalb Jahre nach dem Start von Otto.de geht die deutschsprachige Website von Amazon online.
Schon zwei Jahre später, 1997, machen Online-Bestellungen etwa sieben Prozent des Gesamt-umsatzes aus (450 Millionen D-Mark) und das Unternehmen investiert in den Folgejahren immer mehr Energie, Geld und Anstrengungen in:
- den Ausbau des Online-Angebots
- vielfältige Beratungs-, Service- und Bestellfunktionen
- nutzerzentriete Benutzeroberflächen sowie
- neue technologische Konzepte
Mit Erfolg, denn was zu Beginn niemals für möglich gehalten wurde, bewahrheitet sich am Ende der 00er-Jahre. Genau dreizehn Jahre nach dem Launch von Otto.de: 2008 übersteigt der E-Commerce-Umsatz zum ersten Mal den der traditionellen, klassischen Vertriebskanäle.
Negativschlagzeilen
Es sind allerdings auch die 2000er, in denen der Konzern zunehmend wegen angeblich miserabler Arbeitsbedingungen in Zuliefererbetrieben und dem Vorwurf einer lediglich vorgegaukelten „Schein“-Nachhaltigkeit immer öfter in die (Negativ-)Schlagzeilen gerät:
- 2005: auf Grundlage einer Studie vom „Südwind Institut für Ökonomie und Ökumene“ werfen Medien dem Unternehmen Versäumnisse vor. In chinesischen und indonesischen Zuliefererbetrieben sollen ähnlich schlechte Zustände und Arbeitsbedingungen herrschen wie in denen der Konkurrenz
- 2007: in einem Bericht des Reportage- und Nachrichtenmagazins „Stern“ ist über den indischen Zulieferer einer Tochter des Otto-Konzerns zu lesen, der Kinder für sich arbeiten lässt. Und nicht nur das – die Minderjährigen sollen in schlecht ausgeleuchteten Kellerverliesen im Akkord arbeiten
- 2011: unterdurchschnittliche Bezahlung, überlange Arbeitszeiten, extreme Belastung. So lautet die Kritik vieler, die sich gegen die unzumutbaren Arbeitsbedingungen beim Logistiker Hermes und dessen Subunternehmer wenden. Hermes, der einen Großteil der Otto-Produkte ausliefert, wurde einst als exklusiver Lieferdienst für den Versand von Waren des Otto-Konzerns gegründet.
Man kann Otto immerhin zugutehalten, dass das Unternehmen Kritik stets ernst nahm und Konsequenzen aus den Vorwürfen sowie der Negativpresse zieht: Otto kündigt die Zusammenarbeit mit in die Kritik geratenen Partnern und Zulieferern[4], setzt sich für faire Entlohnung ein und treibt Projekte in den Bereichen Verantwortung, Umwelt und Nachhaltigkeit voran.
Otto im Jahr 2020
Einkaufen zu jeder Zeit und auf allen Kanälen – so lautet das Grundprinzip des längst als Multichannel-Konzern agierenden Handelsriesen, der als wichtigste Online-Shopping-Konkurrenz von Amazon gilt. Otto.de ist heute eine moderne Plattform mit eigenem Marktplatz, auf dem auch andere Hersteller und Händler ihre Produkte anbieten (Anfang 2017 öffnete Otto seinen Shop für externe Anbieter). Zum Erfolg im digitalen Zeitalter trägt zudem die App für Android und iOS bei. Bestellungen über die Otto-App machen aktuell bereits über ein Drittel des Gesamtumsatzes aus.
Hinzu kommen die stationären Läden sowie Online-Shops all jener zur Otto-Gruppe gehörenden Firmen, Versandhändler und Gesellschaften: von myToys, Bonprix und shopping24 bis hin zur Quelle GmbH, About You und dem Baur Versand.
Otto.de in Zahlen:
- Bis 10 Bestellungen pro Sekunde gehen online bzw. über die App bei Otto ein
- Über drei Millionen Artikel und fast 7000 Marken finden sich auf Otto.de
- Die Facebook-Seite des Unternehmens hat 1,1 Millionen Fans
- Knapp 52 000 weltweit und rund 5000 Mitarbeiter*innen in Deutschland arbeiten für den Konzern
Quellen:
[1] Infografik: Die Top 10 Online-Shops in Deutschland | Statista
[2] Online-Handel – Umsatz in Deutschland 2020 | Statista
[3] Die 20 größten Familienunternehmen in Deutschland (capital.de)
[4] https://www.wiwo.de/technologie/green/kolumne-wie-nachhaltig-ist-der-versandhaendler-otto-wirklich/13545126.html
Infografik:
Infografik: Die Top 10 Online-Shops in Deutschland | Statista
Otto-Werbeslogan:
https://www.otto.de/newsroom/de/kundenfokus/25-jahre-otto-de