„Wero gewinnt jetzt so richtig an Tragweite”

Martina Weimert über die Pläne von Wero, dem Payment-Dienst der EPI.

Der Start des Bezahldienstes Wero der European Payment Initiative (EPI) ist über ein halbes Jahr her. Im Interview zieht deren Chefin Martina Weimert eine Zwischenbilanz und erklärt, wie sie Wero bekannter machen will. 

Nach vier Jahren Entwicklung startete EPI den Bezahldienst Wero in Deutschland. Deren Chefin Martina Weimert ist damit für die größte Hoffnung vieler europäischer Banken verantwortlich, einen unabhängigen Zahlungsdienst neben Paypal, Applepay, Visa und Mastercard zu etablieren. Wero bietet bisher aber nur Peer-to-Peer-Zahlungen an, die anders als bei Paypal direkt auf das Konto der Kund:in eingehen. Am Ende soll der Bezahldienst aber alle Funktionen der Konkurrenz in sich vereinen. 

Doch einige Banken verabschiedeten sich schon vor dem Start von dem Projekt und dann startete Wero so leise, dass es in Deutschland kaum einer mitbekam. Laut einer Umfrage des Vergleichportals Verivox aus dem November wissen 88 Prozent der Befragten nicht, was Wero ist und der Vorstand der DZ-Bank Thomas Ullrich mahnte zuletzt im Handelsblatt dazu, Wero schnell groß zu machen. Martina Weimert macht sich jedoch keine Sorgen, denn laut ihr legt Wero jetzt erst so richtig los. 

Frau Weimert, am 02. Juli 2024 ist Wero in Deutschland an den Start gegangen. Damals hatte man schon fast das Gefühl, dass Sie den Bezahldienst verstecken wollten, so wenige haben das mitbekommen. Warum diese Zurückhaltung?

Weil erstmal zunächst nur zwei deutsche Bankengruppen  in der Lage waren, Wero für ihre Kunden zu aktivieren. Das ist der Grund, weshalb wir nicht schon damals eine große Marketingkampagne gestartet haben. Die haben wir erst im November nach dem Start von Wero in Frankreich und Belgien begonnen – seitdem hat sich die Sichtbarkeit von Wero erhöht und wir hatten eine dritte deutsche Bankengruppe, die Wero anbietet. Darüber hinaus ist eine gewisse Testphase durchaus nützlich, wenn ein solches neues Produkt gelauncht wird. Man kann sicherlich vorher viele Dinge ausprobieren, aber wenn es dann einer breiten Masse zur Verfügung steht, ist das nochmal was anderes.

Gerade wird Wero zusammen mit dem digitalen Euro oft als die größte Chance gesehen, die Europa hat, um den US-Giganten, also Apple und Google, Visa und Mastercard und auch Paypal etwas entgegenzusetzen. Löst das bei Ihnen Druck aus?

Das ist natürlich ein großer Druck. Und deshalb wird unsere Leistung nicht wie die eines Start-ups bewertet. Ich glaube, dann würden alle schon sagen, dass es bis jetzt super Ergebnisse sind. Aber mit unserem Anspruch werden wir mit den bereits etablierten Lösungen verglichen. Natürlich, fünf Märkte sind nicht ganz Europa, aber sie stehen immerhin für 64 Prozent aller potenziellen Retail-Bezahl-Transaktionen in der Europäischen Union. Selbst das wird oft nicht als ausreichend angesehen. Aber ich glaube, wenn wir diese Märkte vereinigen können, haben wir es schon sehr weit gebracht und können so einen neuen Standard setzen. 

Welche Erfolge nehmen Sie aus dem ersten halben Jahr mit?

Wir sind mit den 36 Millionen Kunden, die wir mittlerweile auf der Plattform haben, sehr zufrieden – eine sehr stattliche Zahl, die sehr schnell wächst. Natürlich haben wir die Unterstützung einer erheblichen Anzahl von Kunden von Payconiq in Belgien und Paylib in Frankreich, deren Konten wir zu Wero als Nachfolgelösung migrieren. Über die Zahlen dieser Lösungen sind wir aber schon weit hinaus und gewinnen neue Kunden. Dann kommen nächstes Jahr die Migrationen von den Niederlanden und Luxemburg hinzu, die für uns sehr wichtig sind, weil daran 1,5 Milliarden Euro an Transaktionsvolumen im P2P-Bereich und E-Commerce hängen. Dazu kommen 240.000 Händler – das ist schon eine Herausforderung.

Wie sieht es in Deutschland aus?

Im deutschen Markt ist es natürlich schwieriger. Das war auch zu erwarten, weil man hier keine einheitliche, nationale Lösung hatte, von der man Kunden migrieren könnte. Zudem ist Paypal hier dominanter als in Frankreich oder den Benelux-Staaten. Wir müssen erst das Vertrauen der Konsumenten gewinnen. Und bei kleinen P2P-Transaktionen ist das viel einfacher, als mit einer E-Commerce-Lösung einzusteigen, so wie Paydirekt das gemacht hat. Trotzdem sind wir zufrieden mit dem, was wir bis jetzt erreicht haben, auch seit Ende 2024 die Postbank hinzugekommen ist. Jetzt müssen wir den Rhythmus halten, und haben schon jede Menge weitere Banken in der Pipeline. Zahlverhalten ändert sich nun mal sehr langsam, weil es um das Geld und letztlich das Vertrauen der Menschen geht. Wero gewinnt jetzt so richtig an Tragweite.

Das klingt jetzt aber sehr optimistisch. Was haben Sie in den nächsten Monaten geplant?

In den nächsten sechs Monaten kommen neun weitere Banken hinzu. Insgesamt haben wir eine Pipeline von 39 neuen Mitgliedern in unserem Netzwerk. Dazu zählen beispielsweise auch Acquirer wie Nexi und PayOne. Die Prüfung und die IT-Integration sind aufwändige Prozesse, die gerade auf Hochtouren laufen. Für den E-Commerce, der in der zweiten Jahreshälfte an den Start geht, haben wir einen ersten „Proof of Concept“ mit dem FC Kaiserslautern, VR Payments, zwei lokalen Volksbanken und der DZ Bank abgeschlossen. Nach dem Sommer soll es dann losgehen. Auch da werden die Teilnehmer wie bei den P2P-Zahlungen nach und nach angeschlossen, weil es unmöglich ist, alle auf einen Stichtag hin zu koordinieren.  

Welche Anwendungen sind noch geplant?

Parallel haben wir Peer-to-Pro-Zahlungen in der Vorbereitung, die für kleinere professionelle Dienstleister wie Handwerker, Yoga-Lehrer, Baby-Sitter oder Gärtner geeignet sind. Gezahlt wird dann per QR-Code oder über die Telefonnummer. Wero ist für sie eine attraktive Alternative, weil sie sofort das Geld auf ihr Konto erhalten und gut nachverfolgen können. Schon im ersten Monat wurden sechs Prozent der Transaktionen in Belgien mit P2Pro übernommen. Dort wird Wero in kleinen Geschäften und auf Märkten ganz viel benutzt. Es zeigt sich: Wenn Menschen verstanden haben, dass das möglich ist, nutzen sie das auch. Das ist also eine sehr natürliche Entwicklung und die ist gerade an Orten wie Wochen- und Flohmärkten zu beobachten, wo noch einiges an Bargeld genutzt wird. 2026 werden wir dann auch in den stationären Handel gehen. Wir wollen langfristig sowohl QR-Code- als auch NFC-Zahlung anbieten. Wir wollen aber jetzt erstmal so abliefern, wie wir es auch vorgesehen haben, weil wir glauben, dass E-Commerce jetzt erstmal einen größeren Bedarf an einer Alternative hat. Alles gleichzeitig geht nicht, damit überfordern wir alle Teilnehmer und es muss ja auch mal durchsickern beim Kunden. Paypal ist auch nicht in einem Jahr groß geworden und Apple Pay schon mal gar nicht.

Sind die Banken aus ihrer Sicht dafür verantwortlich, ihnen Nutzerinnen und Nutzer zuzuspielen oder muss dort Wero die Überzeugungsarbeit leisten?

Wir müssen den Markt von beiden Seiten angehen: Wenn wir alleine die Trommel schlagen, würde der Kunde im Zweifelsfall nicht verstehen, dass seine Bank dahintersteht. Wenn es nur die Bank macht, versteht der Kunde nicht, dass es eine bankenübergreifende, europäische Lösung ist. Deswegen müssen wir den Kunden von uns zentral, aber auch besonders lokal über die eigene Bank ansprechen. Ich glaube nur so, bekommen wir die Aufmerksamkeit der Kunden und bringen ihn dazu, Wero konkret zu nutzen. 

Es gibt schon Dienste, in anderen Ländern die erfolgreich sind wie Twint in der Schweiz, Bizum in Spanien oder Vipps in Norwegen. Werden Sie mit ihnen nicht früher oder später konkurrieren?

Nationale Lösungen gibt es schon jede Menge, aber keine wird über ihre eigenen Grenzen wirklich akzeptiert. Interoperabilität macht für mich keinen Sinn, weil sie keine Synergien schafft. Tatsächlich müssen sie die gleichen Investitionen in jedem Land machen. Letztendlich würde man nur wieder dahin kommen, eine gemeinsame Lösung anzustreben. Nehmen wir den Fall von Bizum: Das spanische Restaurant oder die spanische Bar, die auf Tourismus angewiesen ist, wird sich letztendlich zwischen Visa, Mastercard und einer Lösung wie Wero entscheiden müssen. Und mit der Masse an Kunden, die wir jetzt gewinnen, werden wir dahin kommen, dass Wero für diese und weitere Anwendungen eine attraktive Alternative wird. Deswegen mache ich mir ehrlich gesagt keine Sorgen, ob Wero langfristig zu einer breiten Akzeptanz kommt. 


Erlebt Martina Weimert live auf der Payment Exchange – PEX 2025 im Fireside Chat „Hans im Glück:

Wird Wero zum Glücksbringer im europäischen Zahlungsverkehr?“

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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