Wenn Händler ohne Zahlungsdiensteerlaubnis tätig sind – was passiert?

Beitrag von den Gastautoren Dr. Florian Lörsch von Annerton und Dennis Lange

Wie eng die Felder eCommerce und Zahlungsdienste miteinander verbunden sind, zeigt bereits der vergangene Artikel über die regulatorischen Anforderungen in der Welt des eCommerce. Insbesondere dann, wenn Händler nicht nur ihre eigenen Waren oder Dienstleistungen anbieten, sondern auch Drittanbieter auf ihrem Marktplatz zulassen, kann der Händler als Plattform-Betreiber einen erlaubnispflichtigen Zahlungsdienst betreiben.

Dass es wichtig ist, sich mit der Thematik und möglichen Erlaubnispflichten zu beschäftigen, ist auf den ersten Blick einleuchtend. Die Praxis zeigt jedoch, dass Händler nicht immer mit der erforderlichen Erlaubnis am Markt tätig sind und mögliche Konsequenzen in Kauf nehmen, da ihnen das Entdeckungsrisiko gering erscheint. Dieser Umstand kann jedoch Folgen für das Geschäft und den Händler persönlich haben. Der Artikel soll ebendarum aufzeigen, welche Folgen für Händler und Geschäft im Einzelfall drohen und in welchen Szenarien das Thema hochkocht.

Welche Folgen hat ein Handeln ohne Erlaubnis?

Eine Motivation dafür, sich mit den in Betracht kommenden Erlaubnispflichten auseinanderzusetzen, könnten die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen für das betroffene Unternehmen und den Händler selbst sein. Neben regulatorischen und wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen, können schlimmstenfalls auch strafrechtliche Folgen eintreten.

Strafbarkeit des Handelns ohne erforderliche Erlaubnis nach dem ZAG

Mögliche persönliche Konsequenzen ordnet etwa § 63 Abs. 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) an. Hiernach wird mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer ohne die erforderliche Erlaubnis Zahlungsdienste erbringt. Erfasst wird nicht nur ein bestimmter, wirtschaftlicher Taterfolg, sondern jegliches Tätigwerden ohne Erlaubnis. Ob dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis vorliegen würden, ist für die Strafbarkeit zudem unerheblich.

Auch wenn es in der Vergangenheit durchaus schon Verurteilungen zu Freiheitsstrafen gab, dürfte in den meisten Fällen eine Geldstrafe im Raum stehen. Es besteht jedoch auch immer die Möglichkeit der Vermögenseinziehung derjenigen Vermögenswerte, die durch die unerlaubt erbrachte Tätigkeit erlangt worden sind. Je nach erzieltem Gewinn im betreffenden Zeitraum können dabei beträchtliche Summen zusätzlich zur Geld- oder Freiheitsstrafe hinzukommen.

Tätigwerden der BaFin bei unerlaubten Zahlungsdiensten

Für die unternehmerische Tätigkeit selbst kann dagegen schon der bloße Verdacht einer fehlenden Erlaubnis zu aufsichtlichen Maßnahmen durch die BaFin führen, sollte diese auf den Händler aufmerksam werden. So kann die BaFin Auskunft über sämtliche Geschäftstätigkeiten einfordern, aber auch selbst die Geschäfts- oder Privaträume der Betroffenen durchsuchen lassen und Geschäftsunterlagen beschlagnahmen sowie relevante Datenträger sicherstellen. Gelebte Praxis ist zudem die öffentliche Nennung von Unternehmen, die unter dem Verdacht der unerlaubten Erbringung von Zahlungsdiensten stehen, auf der Internetpräsenz der BaFin.

Bestätigt sich der Verdacht einer fehlenden Erlaubnis, so ist die BaFin befugt, die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebs und die unverzügliche Abwicklung der Geschäfte nach Maßgabe von § 7 ZAG anzuordnen. Dabei besteht zum einen die Möglichkeit, dass die BaFin dem Unternehmen selbst die Möglichkeit der Abwicklung einräumt. Sie kann aber auch einen externen Abwickler hiermit auf Kosten des Unternehmens beauftragen. Dieser kann mit geschäftsführerähnlichen Befugnissen ausgestattet werden und alle erforderlichen Maßnahmen eigenständig vornehmen. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Einstellungsanordnung sofort vollziehbar ist und Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung entfalten. Ein nachgeschobenes Erlaubnisverfahren ist zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, wird im Regelfall jedoch wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Mögliches Tätigwerden von Mitbewerbern oder Verbraucherschützern

Bedacht werden sollten auch die Möglichkeiten, die das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Mitbewerbern oder Verbraucherschutzorganisationen einräumt. Schon binnen einer Woche kann gegen den unliebsamen Konkurrenten ein Unterlassungsanspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, um dessen unerlaubtes Erbringen von Zahlungsdiensten zu unterbinden.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, entdeckt zu werden?

Insbesondere weil Händler mit ihrem eigenen eShop kaum regulatorischen Vorgaben unterliegen, geraten mögliche Erlaubnispflichten auch bei einer Erweiterung des Geschäfts zum eCommerce-Marktplatz schnell in Vergessenheit. Für einige Händler am Markt scheint das kein größeres Problem darzustellen, schließlich gibt es im eCommerce-Geschäft diverse Anbieter und die Wahrscheinlichkeit entdeckt zu werden, erscheint gering. Doch stimmt das? Wer überwacht Händler und wie kann eine fehlende Erlaubnis zum Problem werden?

1. Hinweise zu fehlender Erlaubnis gelangen direkt zur BaFin

Zuallererst besteht die Möglichkeit, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf den Händler und seine Geschäftstätigkeit aufmerksam wird. Hierfür betreibt die BaFin selbst ein aktives Marktmonitoring mit dem Ziel, präventiv adäquate Maßnahmen ergreifen zu können, wenn sie unerlaubte Zahlungsdienste feststellt. Neben eigenen Ressourcen kooperiert die BaFin aber auch mit den verschiedenen Verbraucherschutzorganisationen. Die BaFin-Verbraucherschutzabteilung ist die Schnittstelle für Verbraucherschützer, wenn es darum geht, unlautere oder ohne Erlaubnis erbrachte Tätigkeiten zu melden. Nicht zuletzt spielen auch Kunden und Mitbewerber eine Rolle. Gerade letzteren ist es ein Anliegen, unliebsame Konkurrenten vom Markt zu drängen und Missstände bei den zuständigen Behörden anzuzeigen.

Ist die BaFin auf einen Händler aufmerksam geworden, kontaktiert sie diesen in der Regel schriftlich und bittet um Erläuterung des Geschäftsmodells. Im Rahmen dieser Überprüfung besteht endgültig das Risiko, dass fehlende Erlaubnisse auffallen und zum Gegenstand weiterer Maßnahmen werden. Gleichwohl Erkenntnisse auf verschiedenen Wegen zur BaFin gelangen können, zeigt die Erfahrung, dass es weniger wahrscheinlich ist, dass eine fehlende Erlaubnis auf diesem Weg entdeckt wird. Auch wenn sich die BaFin des Problems bewusst ist, fehlen ihr schlicht die personellen Ressourcen, um zeitnah eine Vielzahl von Händlern zu überwachen und entsprechend zu reagieren.

2. Aufdeckung bei einer Due Diligence im Rahmen einer Finanzierungsrunde

Im Rahmen einer Finanzierungsrunde wird möglicherweise das Geschäftsmodell auch regulatorisch geprüft. In diesem Zusammenhang kann die fehlende Erlaubnis aufkommen. Je nach Situation verlangt der Investor dann, dass das Start-up sich das Thema noch genauer rechtlich anschaut und macht Auflagen als Bestandteil der Finanzierungsrunde. Denkbar ist auch, dass der Investor sich aufgrund dieser Risiken zurückzieht. Nach unserer Erfahrung werden regulatorische Themen im eCommerce eher bei größeren Finanzierungsrunden aufgebracht.

3. Garantiefall

Im Rahmen von Finanzierungsrunden oder Unternehmenskaufverträgen werden den neuen Investoren/Käufern Garantien gewährt. Eine Standardgarantie ist die Garantie, dass das Unternehmen sämtliche Erlaubnisse für den Betrieb des Geschäftsmodell hält. Es besteht das Risiko, dass durch die Genehmigung für Zahlungsdienste ein Garantiefall ausgelöst wird.

4. Problematisierung durch den Zahlungsdienstleister oder die kontoführende Bank

Nicht zuletzt besteht auch immer die Möglichkeit, dass der Zahlungsdienstleister oder die kontoführende Bank, mit der der Händler kooperiert, aufgrund der Zahlungsströme auf das Thema aufmerksam wird. Sowohl Zahlungsdienstleister als auch Banken sind geldwäscherechtlich Verpflichtete. Zu ihren Sorgfaltspflichten gehört nicht nur die initiale Identifizierung des Händlers, sondern auch die fortlaufende Überwachung der Geschäftsbeziehung. Das schließt bestimmte im Verlauf der Geschäftsbeziehung durchgeführte Transaktionen ein.

Überprüfung immer erforderlich

Auch wenn das Entdeckungsrisiko gering erscheinen mag und von einzelnen Händlern in Kauf genommen wird, sind die Konsequenzen bei einer Entdeckung nicht zu unterschätzen. Daher lohnt es sich, das eigene Geschäftsmodell stets dahin gehend zu überprüfen, ob möglicherweise ein erlaubnispflichtiger Zahlungsdienst erbracht wird. Nicht immer bedarf es in der Folge kostspieliger Erlaubnisverfahren. Welche weiteren Möglichkeiten es gibt und ob diese sich im Einzelfall lohnen, ist im ersten Teil dieser Artikelreihe nachzulesen.

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Autoren

  • Dr. Florian Lörsch berät als Rechtsanwalt am Annerton-Standort Berlin schwerpunktmäßig nationale und internationale Unternehmen aus den Branchen Kredit- & Finanzwirtschaft, Factoring-Unternehmen, Zahlungsdienste und E-Commerce sowie Kundenbindung & Gutscheine, Blockchain & DLT. Dabei hat er sich auf Zahlungsdienste- & Zahlungsdiensteaufsichtsrecht, Bank- & Bankaufsichtsrecht, Geldwäscherecht, sowie Fonds und Gesellschaftsrecht spezialisiert.

  • Dennis Lange, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main

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