Warum PSD2 leider nicht gleich Open Banking ist – der Versuch einer Definition

Warum PSD2 leider nicht gleich Open Banking ist - der Versuch einer Definition

Ja, zu dem Thema ist in den letzten Wochen, Monaten und eigentlich schon von jeher eine Menge gesagt und geschrieben worden. Mir ist allerdings aufgefallen, dass weiterhin viel Unklarheit bzw. Irritation darüber besteht, was dieses Open Banking überhaupt ist. Getrieben durch die vielen Diskussionen rund um die PSD2, ist Open Banking zu einem nebeligen Buzzword geworden.

Zeit für uns einen Blick darauf zu werfen und uns an einer Definition zu versuchen.

Benutzt wird der Begriff vielfältig und so nutzt man ihn zum Beispiel:

  • als Synonym für die gesamte PSD2
  • als Produktnamen des API Standards in UK
  • als Revolution im Zahlungsverkehr
  • als neues Payment Scheme
  • als Produktmerkmal bei Finanz-Marktplatzunternehmen wie Deposit Solutions
  • als Grundlage von Plattform-Banking
  • etc.

Wie man sieht: eine Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungen für einen Begriff. Lasst uns mal schauen was typische und sinnvolle Merkmale und Ausprägungen von Open Banking sein sollten. Ich für meinen Teil sehe folgendes als Bestandteil von Open Banking:

Warum PSD2 leider nicht gleich Open Banking ist - der Versuch einer Definition
  • Open Banking ist von Partnerschaften und Kooperationen auf Augenhöhe geprägt
  • Dabei sind die Parteien eher offen als selektiv
  • Aus den Partnerschaften und der Offenheit entstehen vernetze Services im Sinne der Kunden
  • Dabei zeichnet sich Open-Banking als technisches Thema sehr developer-friendly aus und hat Entwickler als klare Zielgruppe
  • In den vernetzen Services im Sinne der Nutzer stecken Business Modelle für Bank und Partner und Open Banking stellt kein Free-Lunch dar
  • Der im Fokus stehende User ist der Souverän über seine Daten und entscheidet allein über das wo, wie und wann der Nutzung seiner Daten
  • Die für Open Banking erforderlichen APIs sind keine regulatorische Pflicht, sondern werden als Produkt / Service betrachtet und angeboten

Betrachtet man diese Merkmale und schaut auf den aktuellen Stand der PSD2-Umsetzung, so kann man aktuell leider nur zu dem Schluss kommen, dass PSD2 KEIN Open Banking darstellt, da die meisten der Merkmale heute nicht erfüllt sind. Vielmehr sind wir aktuell vielerorts an der regulatorischen Pflicht stehengeblieben und haben als Industrie in Bezug auf Open Banking, im Vergleich zur der vor-PSD2-Zeit, eher einen Schritt zurück gemacht als nach vorn.

Liebes Team – was ist für euch Open Banking? Wodurch zeichnet es sich aus und habt ihr eigene Erfahrungen mit der neuen Welt gemacht?

Kilian Thalhammer

Warum PSD2 leider nicht gleich Open Banking ist - der Versuch einer Definition

Für mich ist es ein Mindset. Der Ansatz, die Blackbox der Silos der Bankenwelt aufzubrechen und eine Offenheit, die neue Prozesse, User Journeys und Geschäfts-modelle ermöglicht. Banken schotten sich nicht mehr ab. Sie ermöglichen es Kunden und Partnern einfach mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Auf technologischer Basis ist die API basierte Infrastruktur ein elementarer Anteil des Open-Banking-Mindsets. Die PSD2 soll(te) dieses fördern. Hat sie aber “nicht erfunden”. Der Open-Banking-Ansatz schafft die Basis für Banken und Partner, integrierter Bestandteil eines “Non-Banking-Ökosystems” zu werden. Sie öffnet Türen – indem man selbst Türen öffnet.

Miriam Wohlfarth

Im Idealfall ist Open Banking für mich ein zentraler Ort, an dem man alle Finanzgeschäfte erledigen kann. Also eine Art virtuelles Einkaufszentrum, in dem der Kunde die Finanzdienstleistung auswählen kann, die zu seinen Bedürfnissen passt. Kunden möchten heute nicht mehr für alles eine eigene App, ein eigenes Log-in, ein eigenes Portal nutzen.

Nur was einfach, nutzerfreundlich und bequem ist und ein umfassendes Angebot bietet, hat in Zukunft eine Überlebenschance. Durch APIs besteht für Banken inzwischen die Option alles unter einem Dach anzubieten und zur Plattform zu werden. Um das aber erfolgreich zu betreiben, muss man bereit sein auch mit Fremdanbietern und evtl. auch Wettbewerbern zu kooperieren. Das stark verbreitete Inseldenken steht vielen großen Playern dabei aber häufig im Weg.

Jochen Siegert

Ich finde die Diskussion über Openbanking genauso befremdlich wie die Frage eines Senior Bankers Anfang 2015 was “API” ist, als ich ihm bei Finleap die Value Proposition “API-Banking” der späteren Solarisbank erklärte. Die Unternehmen, die heute “Bigtech” genannt werden, basieren auf einer Fülle von externen Schnittstellen. Seit 25 Jahren kann man bei eBay sowohl das Feedback der Nutzer/Händler abfragen als auch sämtliche Transaktionen (Einstellen von Artikel, Preisänderungen etc.) über Schnittstellen bedienen. Betriebssysteme (am Rechner oder Smartphone) basieren ebenso darauf wie etliche Services von Apple/Google und Co.

Ja, selbst im Firmen-kundengeschäft ist die Integration in vor- und nachgelagerte Buchhaltungsprozesse (Datev und Co.) ein gängiger Standard. Nur im Retailbanking haben wir irgendwie diese Probleme: Verbände, Institute, und einzelne, ewig gestrige Mitarbeiter der Kreditwirtschaft legen sich quer gegen den offensichtlichen Kundenneed und jeder definiert sich diesen Begriff “Open Banking” selbst so zurecht wie es ihm selbst passt. Lasst uns endlich “richtiges” Open Banking ermöglichen!

„Jeder definiert sich diesen Begriff ‚Open Banking‘ selbst so wie es ihm passt. Lasst uns endlich ‚richtiges‘ Open Banking ermöglichen!“

Fazit in Folien

Zusammengefasst nehme ich aus dem Team mit, dass Open Banking eben nicht PSD2, sondern etwas viel größeres ist, was strategisch die Grundlage für die Zukunft des Bankings sein kann.

  • Mindset-Silos aufzubrechen
  • Aufbrechen von Prozessen
  • Basis für Zusammenarbeit mit Dritten
  • Teil eines Non-Banking-Ökosystems
  • Ergebnis kann zentraler Ort für Finanzen sein
  • Bank als Plattform
  • Ankommen in der Moderne

Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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