Warum Plattformen schon jetzt die besseren Banken sind

Warum Plattformen schon jetzt die besseren Banken sind

Plattformen gehört die Zukunft

Wenn man sich das rasante Wachstum der Plattformen in den letzten drei Jahren anschaut, wird eines schnell klar: Den Plattformen gehört die Zukunft. Das ist mittlerweile keine Plattitüde mehr, sondern Alltag, sowohl im eCommerce (mit z.B. Amazon, Zalando, Otto oder Wayfair), im Transportation-Bereich (mit z.B. Uber, Free Now oder Flixbus), bei Dienstleistungen (wie Helpling, Fivver oder MyHammer) aber auch im stationären Handel (z.B bei diversen Shop-in-Shop Konzepten) und sogar bei Finanzdienstleitungen (siehe Check 24 oder Deposit Solutions) dominieren plattformgetriebene Modelle immer mehr Märkte.

Die steigende Zahl der Plattformen bietet zwar eine hohe Vielfalt und Auswahl für den Kunden, doch bedeutet es für die Plattformbetreiber auch einen immer härter werdenden Konkurrenzkampf der Anbieter untereinander.  So mussten zwischen 2014 und 2019 auch einst bekannte Marktplätze wie Dawanda, Allyouneed, GartenXXL, Plus.de oder Ciao schließen.

Financial Services sind Wachstumstreiber und Stabilitätsanker

Finanzdienstleistungen scheinen einen essentiellen Weg darzustellen, einerseits attraktiver für Händler zu sein, diese gleichzeitig auch langfristig zu binden. So kann eine Plattform ihren Händlern zum Beispiel Wachstum durch das Ausgeben von Krediten ermöglichen, das Leben einfacher machen durch die Übernahme von Buchhaltung und Steuererklärung oder absichern durch das Vermitteln von Versicherungen. Gleichzeitig ist der Wechsel von einer Plattform zu einer anderen deutlich schwieriger, wenn Anbieter durch diese Angebote sich in einem richtigen Ökosystem befinden. Was vorher nur ein Vertriebskanal war, ist dann plötzlich ein großer Teil der ganzen Unternehmung, auf der Umsatz-, Kosten- und Finanzierungsseite.

Wie eine erfolgreiche Integration von Finanzdienstleistungen bei Plattformen ausehen kann, dazu haben wir uns vier Beispiele aus der Ecommerce-, Transport- und Paymentbranche genauer angeschaut:

  • Payment

    Alle erfolgreichen Ecommerce-Plattformen wickeln bereits das Payment für ihre Händler ab, viele aber zunehmend mit Mehrwerten. So launcht aktuell eBay sukzessive in immer mehr Ländern ihre Payment-Lösung, die auch das Anbieten neuer Zahlarten sowie ein einheitliches Settlement mit Zwischenfinanzierung anbietet. Zahlungsanbieter wie Stripe und Adyen sind durch ihre Marktplatzlösungen groß geworden, auch einzelne Zahlarten wie Ratepay oder Paydirekt haben entsprechende Lösungen.
Warum Plattformen schon jetzt die besseren Banken sind
  • Finanzierungslösungen

    Einen ersten Anlauf wagte vor Kurzem der BigTech Amazon in Kooperation mit der ING Bank. Seit Juli vermittelt Amazon in einer Pilotphase Kredite der ING an ausgewählte Amazon-Verkäufer. Dabei geht es um Darlehen zwischen 10.000 und 750.000 Euro mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren.

Obgleich diese Partnerschaften noch sehr selten sind, sehen wir hier einen zunehmenden Trend – nicht zuletzt auch getrieben durch FinTechs wie Banxware, die es Plattformen und Non-Banks ermöglichen, Finanzprodukte aller Art ihren Kunden anzubieten.

  • Bankkonten und Kreditkarten

Während die Ausgabe von Kreditkarten (zumeist mit entsprechend lizenzierten Partnern) für Endkunden von vielen Plattformen in Deutschland und international schon seit langem eine attraktive Erlösquelle darstellt, ist das Issuing in Richtung Händler noch seltener. Virtuelle Konten werden von größeren lizenzierten Plattformen oft schon geführt und lassen sich so relativ einfach zu einem Mehrwertdienst ausbauen.

  • Versicherungen

    In Kooperation mit dem Versicherungsunternehmen AXA bietet das Transportunternehmen Uber seinen Partnern einen sogenannten Partnerschutz an. Auf diese Weise sichert Uber zugelassene Partner-Fahrer gegen die Kosten lebensverändernder Ereignisse ab.

    Vier Ansatzpunkte, um als Plattform mithilfe von integrierten Finanzdienstleistungen Kunden einen zentralen Mehrwert zu bieten und auf diese Weise ihre Wettbewerbsposition im Markt zu sichern. Obgleich es sich um Finanzprodukte dreht, agieren Banken hierbei als reine Infrastruktur und sind für den Kunden absolut unsichtbar.

Und die Banken und FinTechs sind dann überflüssig?

Financial Services besitzen eine besondere Komplexität und stellen eine zentrale Herausforderung für die vertriebs- und marketingstarken Plattformen dar. Kompetenzen in Regulatorik und Compliance sowie in vielen Fällen (v.a. bei der Kreditvergabe) hoher Kapitalbedarf sind nötig.

„Kompetenzen in Regulatorik und Compliance sowie hoher Kapitalbedarf sind nötig.“

Während einige Plattformen diese Fähigkeiten inhouse entwickeln und eigene Finanztöchter aufbauen, partnern viele auch mit entsprechend offenen Banken, Versicherungen oder FinTechs. Gerade letztere sehen sich oft als Vermittler zwischen hochtechnologischen Plattformunternehmen und der nicht minder komplexen Bankenwelt.

Während embedded finance in den USA und China bereits ein gängiger Begriff ist, sind wir uns sicher, 2021 erobert der Trend den deutschen Plattformmarkt!  

Autor

  • Nicolas Kipp ist Chief Risk Officer bei Ratepay. Seine Hauptbereiche sind das Merchant Risk, Consumer Risk, Machine Learning und Business Intelligence. Hier ist er verantwortlich für die Weiterentwicklung der Methoden, Modelle und Prozesse in Bezug auf Scoring, Analyse, Prognosen und Betrugsprävention. Außerdem übernimmt er das Risikocontrolling sowie aufsichtsrechtliche Themen. Zuvor war Nicolas als Senior Consultant bei einer strategischen Topmanagement-Beratung mit Fokus auf der Finanzdienstleistungsindustrie tätig.

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