Warum Geldwäscheverdachtsmeldungen aktuell Blödsinn sind  

Geldwäscheverdachtsmeldungen im Bankensektor und ihre geringe Effektivität

Fintechs und Banken melden oft wie die Blöden, ob eine Transaktion nun auffällig war oder nicht. Doch es hilft nichts, wenn das sowieso keiner kontrolliert. Lasst es einfach sein. 

Jede Fintechgründerin und jeder Fintechgründer kann davon ein Lied singen, besonders die im Bankbereich. Spätestens nach ein paar Monaten oder Jahren im Geschäft rückt die Finanzaufsicht Bafin an und macht was? Genau. Sie prüft leidenschaftlich gerne und gut, ob die Neobank vor Ort denn auch brav alle Geldwäscheverdachtsmeldungen abgegeben hat. Ist das nicht der Fall, drohen erst ein paar Sanktionen und ist das systematisch nicht der Fall, kommen die Höchststrafen: Neukundendeckel und Sonderprüfer. Liebes N26-Team, we feel you! 

Doch ich sage: Das ist Quatsch. Fintechs und Banken sollten von nun an keine Geldwäscheverdachtsmeldungen mehr abgeben, um ein deutliches Zeichen in Richtung Politik und Behörden zu schicken. Bringt ja eh nichts. Nutzt die Zeit lieber, um Gelder festzuhalten, Überweisungen zu überprüfen, mal wirklich sinnvolle Produkte zu entwickeln (mehr dazu) – oder macht doch mal ein bisschen Urlaub. Die meisten armen Schweine im Transaction-Monitoring dürften sowieso total überarbeitet und müde sein. Ich sage: Klappt die Laptops zu, geht an die frische Herbstluft – und gönnt euch einfach mal ein paar Tage am Meer oder in den Bergen. Das Leben ist schön und Geldwäscheverdachtsmeldungen nicht so wichtig. 

Verdachtsmeldungen sind wichtig – oder doch nicht?

Ich will damit nicht die Verdachtsmeldung an sich kritisieren. In einem geregelten Rechtsstaat ist es sogar unerlässlich, dass es solche Meldungen gibt. Denn sie sind ein Mittel, um kriminelle Gelder, die teilweise in sekundenschnelle über Landesgrenzen hinweggeschickt werden, noch aufzuhalten. Sie sind eine Möglichkeit, Betrug frühzeitig aufzudecken. Und sie sind ein Mittel, Betrüger, Gangster und Verbrecher da zu treffen, wo es ihnen am meisten weh tut: beim Geld. Doch dafür muss aus so einer Meldung eben eine Handlung folgen. Solange das nicht geschieht, kann man die Dinger auch einfach verbrennen. Es kommen ja jetzt wieder die kalten Tage. 

Das mag auf den ersten Blick alles ketzerisch klingen, doch ist es wirklich so absurd? Bei einem vertraulichen Gespräch erzählte mir zuletzt ein Banker, dass er mal bei einem großen Start-up gearbeitet hat in Deutschland. Das schickte zwar laufend Verdachtsmeldungen, doch bekam in mehreren Jahren nur einige wenig Dutzend pünktlich zurück. Der Rest wurde zu spät bearbeitet, verschlampt oder ist einfach vergessen worden, man weiß es nicht. Was ihm passiert ist, passiert auch vielen Banken und gerade Fintechs. Sie alle müssen auf kurz oder lang sowieso feststellen, dass all die braven Meldungen an die Financial Intelligence Unit (FIU) am Ende doch nichts bringen.

Denn die Financial Intelligencer, ach was ein hochtrabend moderner Name, sind viel zu langsam für das moderne Bankwesen. Fintechs und Banken geben dort regelmäßig Meldungen über merkwürdig anmutende Überweisungen ab, flaggen diese – und müssen das Geld ja dann doch nach 72 Stunden freigeben, weil sie keine Rückmeldung aus Köln bekommen haben. So sind nun einmal die Regeln, die nur leider niemandem helfen. Das frustriert. Und das frustriert zurecht. 

Die FIU hat viele Probleme: Die muss sie erst einmal lösen

Deshalb erneut mein Appell: Stellt die Geldwäscheverdachtsmeldungen ein, bis die FIU endlich so modern aufgestellt ist, dass sie damit auch etwas verhindern kann – und nicht nur Akte, um Akte, um Akte produziert. Dass das noch nicht der Fall ist, dürfte allen Marktteilnehmer:innen klar sein. Zwischen 2017 und 2020 schaffte es die Einheit laut der Tagesschau gerade einmal einunddreißig Fälle an die Strafverfolgungsbehörden innerhalb der Frist weiterzuleiten. Das ist eine solch beachtliche Leistung: Da kann man auch mal klatschen. Zwar wird alle Jubeljahre versprochen, dass die FIU genau JETZT eine tolle neue Ausstattung und genau JETZT ganz viele tolle Mitarbeiter bekommt. Am Ende wird daraus aber meistens doch nichts. Zwar soll dann bald das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) kommen. Doch das arbeitet bis 2025 sowieso noch nicht. Entsprechend würde ich nochmal auf meinem Tipp vom Anfang zurückkommen: Laptop zu, ab in den Herbst. Bald gibt es schon die ersten Kastanien. Die kann man so wunderbar sammeln, trocknen, aufhängen und irgendwann einfach wegschmeißen. So wie die allermeisten Geldwäscheverdachtsmeldungen im aktuellen System.

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Autor

  • Nils Heck (geb. Wischmeyer) ist Gründer des Journalistenbüros dreimaldrei und seit März 2024 Redaktionsleiter bei Payment and Banking. Er ist zudem Autor der monatlichen Kolumne „Nils nörgelt“, in der er sich kritisch mit aktuellen Trends in der Payment- and Bankingbranche beschäftigt.

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