Tech is key und kein Nebenjob mehr
Als über Ostern dieses Jahres die Apobank Ihr Kernbanksystem migrierte, war vielen Menschen sehr plötzlich noch einmal klar, wie wichtig Technik inzwischen für Banken geworden ist und in der Zukunft ist. Leider ist diese Migration für Kunden der Bank weiterhin ein relatives Desaster (spreche aus Familienerfahrung). Als dann diese Woche der Privatkundenvorstand der Bank seinen Abschied verkündete, dachte man…ups. Und dann…ups warum eigentlich der Privatkundenvorstand und nicht der CTO – also der Chief Technology Officer?
In derselben Woche kam die Meldung, dass ein guter Freund des Hauses, Arnulf Keese, bisher CDO der DKB in den Vorstand der DKB aufrücken soll. Klingt nach einer Stärkung der Techkompetenz auf Top-Level der Bank.
Auch von der Aufsicht hört man seit einiger Zeit immer wieder, dass neben den bankfachlichen Skills, mehr und mehr auch Technikwissen und Erfahrung bei einem Vorstand vorhanden sein muss.
Allen in der Industrie ist klar, dass Technik für die Branche nicht mehr nur ein Mittel zum Zweck, sondern Kern und Treiber des Systems ist.
Ich habe das erweiterte Team gefragt, ob nicht jede Bank einen echten CTO im Top-Management braucht, wie man Ihn aus den erfolgreichen Tech-Unternehmen unserer Zeit kennt?
Miriam Wohlfarth
Die Digitalisierung der Banken ist kein einzelnes Projekt, sondern ein übergeordneter Wandel, bei dem die Zeit drängt. Daher sollte der digitale Kopf einer Bank, im Idealfall nicht ein externer Change Manager, sondern der CEO selbst sein oder zumindest ein Mitglied der C-Runde, das als enger Berater der Führung agiert. Dieser sollte sich nicht nur für Innovation aussprechen, sondern ein tatsächliches Tech-Verständnis, das heißt IT- und Digitalwissen und vor allem Erfahrungen mitbringen. Man kann keine digitale Vision implementieren, wenn diese nicht von der Spitze gestärkt, gelebt und verstanden wird. Der „Tone on the Top“ ist entscheidend. Nur, wenn dieser an eine digitale Zukunft glaubt, kann der Innovationsgeist auf das gesamte Unternehmen übergehen.
Klaus Igel
Auch Banken/Finanzdienstleister müssen die digitale Transformation weiter umsetzen, sofern sie in einigen Jahren noch wettbewerbsfähig sein wollen. Die Auswahl geeigneter Technologien / Plattformen ist dabei Grundvoraussetzung für ein solides Fundament, auf dem sich künftig leistungsstarke digitale Produkte und skalierbare Services aufbauen lassen. Das Schaffen eines solchen Fundaments ist eben kein leichtes Unterfangen und erfordert neben hoher technischer Kompetenz im Management und bei Mitarbeitern auch eine ausgeprägte Bereitschaft für Veränderungen. Wie man an den Beispielen PayPal oder Stripe sehen kann, haben erfolgreiche Firmen im Finanzsektor die Position des Chief Technology Officers schon frühzeitig mit Top-Leuten besetzt, die neben umfassendem Technologie KnowHow auch den „Blick fürs Ganze“ besitzen.
Eine ganz spezielle Herausforderung bei vielen etablierten Banken besteht darin, die Vielzahl an vorhandenen und teilweise sehr komplexen Anwendungen zur Zufriedenheit der Kunden und ohne Rückbau der Funktionalität in moderne IT-Strukturen zu überführen. Weder funktioniert eine erfolgreiche Digitalisierung mit Technologie allein, noch kann sie nebenbei betrieben werden. Von daher gehört für mich der visionäre Technologieexperte mit Realitätsbezug auch in das Management einer modernen Bank.
Nicole Nitsche
Die Digitalisierung muss in den obersten Ebenen ankommen. Deshalb ist es wichtig, dass sie auch mit einer Funktion in der Geschäftsführung und Vorstandsebene festgemacht wird. Wie der damit verbundene Wandel im Unternehmen gestaltet wird, hängt nämlich sehr stark von dem jeweiligen Management ab. Ich glaube das ein guter CTO, aus Sicht eines technologischen Treibers und jemand der generell dafür zuständig ist, die Vision, die das Management eines Unternehmens verfolgt, in die IT-Struktur zu tragen und voranzutreiben, fähig ist, aus dieser Rolle heraus ein Unternehmen auch zu führen. Digitalisierung und das dafür technische Verständnis sollte in jeder DNA von Banken und nicht nur Tech-Organisation fest verankert sein. Ein guter CTO kann helfen, komplexe Konzepte schnell verständlich zu machen, sie zu vereinfachen und sie dann einem breiten Publikum zu vermitteln. Außerdem muss er aus diesen Fähigkeiten heraus eine Vision für die technische Gruppe des Unternehmens entwickeln können und transparent als Führungspersönlichkeit agieren, sozusagen den Bogen von der Technologie zum Business zu schlagen.
Ein CTO im Vorstand kann helfen die tiefen Prozesse an die Teams weiterzugeben, denn er kennt sowohl das Tagesgeschäft als auch die technischen Mittel und das IT-Netzwerk des Unternehmens, kann die Verbindung zwischen Kundenproblemen und Technologien herzustellen und zwischen verschiedenen Technologien innerhalb des Unternehmens.
Maik Klotz
Ich glaube nicht, dass man das so schwarz / weiß sehen muss oder darf. Braucht es Technik-Expertise? Ja bestimmt. Braucht es aber ein generelles Verständnis darüber was in der inzwischen digitalisierten Welt passiert? Ja, noch mehr. Deshalb glaube ich das ein CDO wichtiger ist. Und ist Tech tatsächlich der Schlüssel zu allem? Auch das glaube ich nicht. Ich gehe einen Schritt weiter und halte es für gefährlich zu glauben, man könne alles mit Technologie lösen. Und damit komme ich zu meiner persönlichen These und Meinung: Es fehlt ein grundsätzliches Verständnis für User Centered Development und Design. Schaut man sich erfolgreiche Tech-Giants an, fängt es nie mit der Technologie an, sondern mit der Fragestellung wie man ein Problem für den Kunden lösen kann. Da steht die Technik an zweiter Stelle. Wir dürfen nicht den Fehler machen und Technologien einsetzen, um ein Problem zu lösen, welches nicht existiert. Also nein, ich glaube nicht das CTOs im Vorstand sein müssen. Da sehe ich andere vorher.
Jochen Siegert
Produkt und Development rückten spätestens seit der Einführung von Agilität bei Grosskonzernen zusammen. Die “IT-Abteilung” ist kein lästiger In-House-Dienstleister mehr den man auch gerne mal auslagert. Technologie entscheidet über die Kompetitivität der Produkte und damit Marktanteile. Ergo sollte ein CTO auf Augenhöhe im Vorstand sein UND Menschen mit Tech-Kompetenz im Aufsichtsrat.