Trade Republic Visa-Karte – was ist dran am Hype?

Trade Republic Karte

Über 1 Million Anmeldungen für die neue Visa-Karte von Trade Republic – ein seltener Fintech-Hype.

Selten – oder vielleicht noch nie – habe ich einen solchen Hype um ein deutsches Fintech-Feature erlebt, wie wir ihn aktuell rund um die Karte von Trade Republic sehen.

Glaubt man den Zahlen in der Trade Republic App, haben sich inzwischen mehr als 1.000.000 Nutzerinnen und Nutzer auf die Warteliste für die Trade Republic eigene Visa-Karte angemeldet. 

Natürlich sind die Hürden zur Bestellung der Karte niedrig. Die Kartennutzung ist kostenlos, nur die physische Karte wird einmalig in Rechnung gestellt. Ähnliche Angebote gab es in der Vergangenheit auch bei anderen Fintechs – aber mir ist keine Lösung bekannt, in der so viel FOMO entstand.

Was sind die Gründe für den Hype der Visa-Karte?

Liegt es an der Karte selbst – es gibt unter anderem eine sehr robuste ‚Mirrorcard’ (ein Schelm wer dabei Bilder im Kopf hat) aus Metall? Sind es die besonderen Funktionen im Zusammenspiel mit dem Trade Republic Account (Cash-back und Round-Up)? Oder ist es ein genialer Marketing-Hack, der ein Word of Mouth und FOMO entstehen lässt. Klar ist, das Interesse ist kein Bubble-Effekt allein.

Haben wir dafür eine Erklärung?

Jochen Siegert

Wow! Ich wundere mich, wie die gute alte Karte doch noch so einen Buzz generieren kann. 1 Mio. Kunden auf der Warteliste ist noch kein Garant für die gleiche Zahl herausgegebener Karten, aber vermutlich wird das einer, wenn nicht der erfolgreichste Launch eines Kartenprogramms in Deutschland. Große Gratulation an das Team, das als Broker damit sämtliche Issuer in Deutschland alt aussehen lässt. Jetzt muss Trade Republic aber noch beweisen, wie sie das unter dem Strich in den Profit pro Kunde drehen. Die Kombination aus 4 % Verzinsung auf dem Verrechnungskonto und 1 % Cashback der Karte ist jeweils stark subventioniert. Generiert die Company genug Profit aus dem Trading, um sich diese Loss-Leader dauerhaft leisten zu können?  

Vermutlich wird das einer, wenn nicht der erfolgreichste Launch eines Kartenprogramms in Deutschland

Es bestätigt aber, trotz allem, auch wieder eindrucksvoll die Debatte, die wir hier oft führen: Ist eine Idee eigentlich ein Feature, ein Produkt oder gar eine Company? Erinnert ihr Euch noch an Vantik und die Vantikcard? Vantik, ein ETF-Robo-Altersvorsorge-Fintech aus Berlin, wurde 2017 gegründet und schlitterte 2022 in die Insolvenz. Das, was Trade Republic jetzt mit der Karte anbietet, hatte Vantik so 1:1 damals umgesetzt. Anders als Vantik startet Trade Republik mit dem gleichen Feature durch. Das zeigt den Weg. Gute Ideen setzen sich am Ende durch, aber oft anders als geplant. Single-Use-Case-Unternehmen haben es oft viel, viel schwerer. Wenn Trade Republic so weiter macht, überholen sie die produktseitig dauerhaft stagnierenden Kollegen von N26 noch von links. 

André Bajorat

Das Interessante für mich ist, dass hier viele bekannte „Fintech-Ideen“ der vergangenen Jahre zusammenkommen. Eine schöne Kreditkarte kennen wir – eine Round-Up-Funktion haben schon andere gebaut und versucht, diese im Markt zu platzieren. Und auch Cashback auf Bezahlen ist nichts Neues. Es scheint aber, dass die Kombination der Funktionen in einem bestehenden Produkt „anders“ wahrgenommen wird und man vielleicht auch den erfolgreichen Machern von Trade Republic hier mehr zutraut. 

Für mich hat die Karte von Trade Republic das Potenzial, das zu sein, was ich mir von der Apple Card erhofft habe. 

Der Gamechanger schlechthin ist aber, dass hier kein Start-up mit einer neuen Idee daherkommt und mit einem Feature ein Unternehmen bauen will, sondern dass Trade Republic diese Funktionen den Bestandskunden at scale bereitstellen kann. Das Timing scheint optimal zu sein! 

Etwas Ähnliches könnte natürlich auch jede bestehende Bank oder Broker tun. Aber da sind wir halt im Konjunktiv. 

Für mich hat die Karte von Trade Republic das Potenzial, das zu sein, was ich mir von der Apple Card erhofft habe. 

Maik Klotz

Hype passt ganz gut. Zweifelsfrei eine schöne Karte und schöne Idee, aber für mich persönlich „yet another debit card“. Ich will das nicht schmälern, aber das Rad neu erfunden hat man sicher nicht. Und ob im Jahr 2024 eine physikalische Karte, so schön sie auch sein mag, funktioniert – dazu kann man geteilter Meinung sein. Ich gratuliere zur Media Coverage, die Trade Republic erzeugt hat, gratuliere zu einem schönen Produkt. Ein Fanboy bin ich aber nicht. Muss ich ja auch nicht sein. 

Für mich persönlich ‚yet another debit card‘

Nicole Nitsche

Der Hype um die Trade Republic Karte ist mehr als nur ein Marketingphänomen. 

Die verspiegelte Karte soll zeigen: „Es geht hier um meine Finanzen und mich.“ So weit, so marketingklug. Mit über einer Million Menschen auf der Warteliste setzt sie auf den ersten Blick erst mal neue Maßstäbe. Was auffällt, ist die gelungene Kombination aus attraktivem Design, innovativen Features wie Cashback und Round-Up, und einem offensichtlichen starken Vertrauen in die Marke.

 Der langfristige Erfolg und die Nachhaltigkeit dieser Karte werden von der Fähigkeit abhängen, die attraktiven Konditionen aufrechtzuerhalten. 

Diese Elemente haben zusammen ein beispielloses Interesse aka FOMO geweckt, das über das hinausgeht, was wir bisher und vor allem im letzten Jahr bei anderen Fintech-Produkten gesehen haben. 

Allerdings dürfen wir nicht vergessen, dass der langfristige Erfolg und die Nachhaltigkeit dieser Karte von der Fähigkeit abhängen werden, die attraktiven Konditionen aufrechtzuerhalten. 

Der anfängliche Hype ist beeindruckend, aber die wahre Herausforderung wird sein, diese Begeisterung in dauerhaften Erfolg umzusetzen. Trotz einiger offener Fragen ist der momentane Erfolg der Karte jedoch unbestreitbar und zeigt, wie auch eine „kleine“ Innovation im Finanzsektor immer noch Überraschungen bereithalten kann.

Wie das mit jedem Hype ist, versuche ich zunächst durchzuatmen und Ruhe zu bewahren. Und mich dann später auf die Warteliste setzen zu lassen, wenn sich die Hysterie abgekühlt hat. 

Miriam Wohlfarth

Meine Beweggründe, mich für die Karte anzumelden, waren deutlich schlichter. Die Funktionen jenseits des Bezahlens interessieren mich weniger. Mit dem Auslaufen der Amazon-Visa entstand bei mir unerwartet Bedarf, und das Mailing von Trade Republic kam genau zur rechten Zeit. Leider befinde ich mich nun auf Wartelistenplatz 28.900, was die Vorfreude etwas dämpft. Doch das ansprechende Design macht das Warten erträglich ;-)

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Autor

  • André M. Bajorat ist seit fast 30 Jahren in der deutschen Digitalwirtschaft zu Hause. Über die Stationen SK Online, Star Finanz, giropay und Number Four kam er 2012 als Business Angel zu figo. Das Unternehmen führte er von 2014 bis September 2019 als CEO von einer b2c App zu einem von der BaFin regulierten Banking as a Service Provider. Seit 2020 ist er Teil des deutsche Bank Konzerns und seit Mitte 2022 Managing Director bei einem deutschen Assetmanager. Er ist zudem Gründer und Herausgeber des erfolgreichen Branchen-Portals paymentandbanking.com, Podcaster, Investor (figo, Finleap, Loanlink, Sparkdata, Weddyplace, nufin, portify, moss, compa, brygge, embeddedcapital, PlanetA, Naro), Mitglied im Digital Finance Forum des Bundesfinanzministeriums, aktives Mitglied im Bitkom, Herausgeber des Buches “Köpfe der digitalen Finanzwelt” und international gefragter Speaker. Inhaltliche Schwerpunkte sind Banking, Payment, FinTech, API-Banking, digital Assets und Crypto. Außerdem ist er Mit-Initiator und Ausrichter der Wahl zum „FinTech des Jahres” sowie der Eventreihen Bankathon, Payment Exchange, Banking Exchange und Transactions.io.

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