Das Geschäftsmodell der Universalbank hat ausgedient. In einer digitalen Finanzwirtschaft der Zukunft dominieren Plattformen und Spezialisten.

Knut zahlt bar liefert Einblicke in die Entwicklung der deutschen Finanzwirtschaft und formuliert konkret die Herausforderungen, denen sich die Banken, spätestens jetzt, stellen müssen. Das Geschäftsmodell der Universalbank hat ausgedient. Wie die Digitalisierung zur Chance wird, erfahren Sie in dieser Studie. HRSG. Arne Stoschek AUTOREN: Jonas Pieta und Clas Beese
Studie: Knut zahlt bar - Interview mit André M. Bajorat
Quelle: http://knutdigital.de
Namensgeber der Studie ist König Knut, einer der stärksten Könige des frühen Mittelalters. Knut hat für die Nachwelt eindrucksvoll demonstriert, wie nutzlos es ist, sich Naturgesetzen zu widersetzen. Und deswegen bemühen sich die Macher der Studie Mal um Mal und Branche nach Branche das Beispiel des alten Haudegens, um zu verdeutlichen, wie vergeblich alle Wirtschaftsstrategien sind, die darauf abzielen, den Tsunami der Digitalisierung aufzuhalten. André M. Bajorat hat den Initiatoren der Studie, neben vielen anderen Experten, Rede und Antwort gestanden: Wie erfolgreich geht die Deutsche Bankenlandschaft mit der Digitalisierung um?
  • Im Vergleich zu anderen Ländern ist Deutschland maximal Mittelmaß. Einer der Gründe ist sicherlich die besondere Situation mit der Masse an Banken (>1000 VR Banken und rund 400 Sparkassen), die aber über wenige zentrale IT-Dienstleister verfügen. Die heterogenen Anforderungen dieser Banken werden dort gebündelt und auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner priorisiert. Im Ergebnis führt dies oft zu maximal mittelmäßigen Ergebnissen. Zentrale Institute wie Deutsche Bank oder Commerzbank haben es da vermeintlich leichter. Ihr Anteil am hier im Fokus stehenden Retailgeschäft ist allerdings recht gering. Das führt in Summe dazu, dass es kein echtes Vorbild gibt, an dem sich der Rest abarbeiten und messen kann. Sicher einer der Gründe, warum Newcomer wie N26 vor allem von Banken sehr genau beäugt werden. Lange Rede kurzer Sinn: mittelmäßig.
In digitalen Märkte sind Kunden durch Vergleichbarkeit und Transparenz eher illoyal, im Bankwesen scheint das bisher lediglich eine Randerscheinung zu sein. Woran liegt das?
  • Ist das so? Ich denke, dass das alte Hausbankprinzip schon lange ausgedient hat und wir weit weniger loyal in der Summe aller Bankprodukte sind als angenommen. Nur weil wir das Commodity-Produkt Girokonto nicht ständig wechseln, würde ich hier nicht von Loyalität sprechen. Kredite, Kreditkarten, Versicherungen oder auch Anlageprodukte werden sehr stark außerhalb der Bank digital entschieden.
Bisher ist die Fintech Revolution bei Privatkunden ausgeblieben, es gibt zwar einige erfolgreiche Angebote, doch war bisher kaum ein Startup dabei, das den Markt der Banken droht zu disruptiren. Was ist der Grund dafür?
  • Wie bereits erwähnt, sehe ich das in Summe betrachtet gar nicht so. Es gibt zwar bis auf wenige Ausnahmen nicht den frontalen Angreifer auf das Prinzip Vollbank, allerdings spezialisierte Anbieter in jedem kleinen Vertikal von Bankdiensten. In Summe ist das viel gefährlicher, nachhaltiger und wohl auch disruptiver als jeder Frontalangriff.
Studie: Knut zahlt bar - Interview mit André M. Bajorat
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Jetzt kommt die PSD II Regelung, die Drittanbietern Zugriffe auf Kontodaten ermöglicht. Wer wird am meisten davon profitieren: Fintech Startups, Banken oder GAFA?
  • Ich denke vor allem Du und ich als Nutzer, da wir bessere Lösungen bekommen als wir heute haben. Für jeden Player in der Industrie bietet die PSD2 Chancen – Banken sind in der Lage, mehr über ihre Kunden zu erfahren, und können außerdem Wissen und Infrastruktur monetarisieren. Alle anderen genannten haben die Chance, mit Hilfe des Users und seiner Daten tolle Dienste zu schaffen, die bisher Banken allein hätten bauen können, es aber meist nicht getan haben.
Wer wird also neben uns Usern profitieren? Diejenigen, die den Nutzer im Blick haben und Daten als echten Wert sehen, verstehen und nutzen. In vielen Märkten, die auf digitalen Prozessen basieren, sehen wir starke Netzwerkeffekte und Tendenzen zur Bildung großer Cluster. Ist diese Modell nun auch im Privatkundengeschäft der Banken zu erwarten – für Girokonto-ähnliche Produkte zum Beispiel?
  • Nein, denke ich nicht. Das Konto wird Grundlage für ‘Business on Top’ und ist damit eher Mittel zum Zweck, ähnlich wie Internet oder WLAN. Dass einer dieses Angebot bündelt, macht aus meiner Sicht keinen echten Sinn.
Wie werden die Mobile Payment Angebote der GAFAs das Geschäft der Banken beeinflussen?
  • Payment ist Hygiene und Alltag, aber alleine keine Strategie. Ob ich zum Beispiel Apple Pay oder eine Mastercard der Bank nutze, macht für das Geschäft der Banken keinen entscheidenden Unterschied. Daher sehe ich im Mobile Payment allein keinen Einflussfaktor mit Relevanz, da im Hintergrund weiter die existierenden Rails der Bank genutzt werden. Ähnliches werden wir dank PSD2 jetzt auch im Banking erleben.
Studie: Knut zahlt bar - Interview mit André M. Bajorat
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Paypal hat so viel Marktwert wie die größten acht deutschen Banken zusammen! Der Grund dafür sind Netzwerkeffekte – der Treibstoff der Digitalisierung. Wird das Modell der Netzwerkeffekte bei den klassischen Banken hinreichend verstanden?
  • Nein, wohl nicht. Ich denke, dass das Prinzip der Universalbank überdacht werden und es eher Banken für bestimmte Themen und Aufgaben geben muss. Solche Banken können eher in Netzwerken denken – schau zum Beispiel auf die GLS oder apoBank. Beide haben klare Zielgruppen und direkt sind Effekte zwischen den Kunden sichtbar.
Bisher greifen Fintech-Startups nur in den Nischen an. Sie starten eigentlich immer als 1-Produkt-Unternehmen. Beim Themen Experience, Einfachheit, Verfügbarkeit und Qualität entstehen brandneue Produkte nach dem aktuellen State of the Art. Und sie schlagen in diesen Disziplinen ihre Konkurrenz der etablierten Banken. Kontoeröffnung, Kreditabschluss, Wertpapier-Order um nur drei Beispiele zu nennen. Allerdings eben meistens nur mit einem Produkt. Auf Dauer werden Kunden aber nicht 20 Finanz-Apps auf dem Handy haben wollen. Spricht das für eine baldige Konsolidierung im Fintech Markt, also für eine Entwicklung zum Rebundling der bisher so fragmentierten Dienstleistungen?
  • Ja, gut beschrieben. Und ein Rebundling wird es geben und findet schon statt. Aber vor allem am Frontend und an der Kundenschnittstelle. Beispiele wie aktuell von der Deutschen Bank oder auch CHECK24 zeigen, wie es gehen kann.
Wer wird in einer Finanzwirtschaft nach 2020 die besten Karten haben: Banken, FinTechs oder GAFA?
  • Es wird weniger Banken geben, diese werden sich fokussieren und damit bessere Banken sein als heute. Banking wird Bestandteil des digitalen Alltags, so wie Payment – und damit auch Teil der Angebote der GAFAs. FinTech-Lösungen sind dabei der Katalysator des Wandels und ein Bestandteil der Lösungen auf beiden Seiten.
Die ganze Studie mit vielen Hintergrundinformationen und Interviews anderer Experten findet ihr auf knutdigital.de

2 Kommentare

Mal wieder direkt auf die Punkte – Alles so klar, dass es der Durchschnittsbanker begreifen müsste. Aber der hat sich wohl völlig in Regulierung, Digitalisierung und föderalen Strukturen verloren und „auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner priorisiert.“ (Erfrischendes Realsatireschmankerl von André M. Bajorat). Was den meisten Banke(r)n fehlt, ist Konsequenz. Wer noch weiter geht und eine gewisse Radikalität wagt, kann im bösen deutschen Markt gute Zahlen schreiben – siehe GLS, Triodos & Co. Da besteht „CX/UX“ schon im guten/besseren Gefühl. Im Ausland geht das bei großen Banken schon sehr viel weiter: HSBC und die großen französischen Banke haben Nachhaltigkeit als geschäftspolitisches Kernthema. Hier = Nische

8. Dezember 2017

[…] Bild von der Weiterentwicklung des Sektors und legt dabei schonungslos einige Schwächen bloß: Studie: Knut zahlt bar. Prädikat „sehr […]

12. Dezember 2017
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