Strategiewechsel: Warum Wero jetzt doch mit Bizum kooperiert

Martina Weimert über die Pläne von Wero, dem Payment-Dienst der EPI.

Gegenüber Payment & Banking schloss EPI-Chefin Weimert vor wenigen Wochen eine Zusammenarbeit aus. Mittlerweile hat sie die Strategie geändert. Und das hat mehrere Gründe. 

Lange Zeit war für die European Payments Initiative (EPI) eine Kooperation mit anderen Bezahlsystemen ein rotes Tuch. Schließlich beanspruchte EPI mit Wero für sich das Ziel, in ganz Europa zur Nummer eins bei P2P-Zahlungen zu werden. Noch kurz vor der PEX 2025 bekräftigte EPI-CEO Martina Weimert im Interview mit Payment & Banking noch einmal, dass eine Zusammenarbeit derzeit nicht geplant sei: „Interoperabilität macht für mich keinen Sinn, weil sie keine Synergien schafft”, sagte sie. „Tatsächlich müssen sie die gleichen Investitionen in jedem Land machen.” Dies würde nur wieder dahin führen, eine gemeinsame Lösung anzustreben. 

Diese Haltung mag auch dadurch geprägt sein, dass 2022 einige Banken EPI verließen, bevor Wero überhaupt an den Start ging, unter ihnen auch die Banken hinter dem spanichen Dienst Bizum wie die Caixabank, die BBVA und Banco Santander sowie ein Zusammenschluss von zwölf kleineren spanischen Banken. Diese Ausstiege waren für EPI ein herber Rückschlag. 

Druck zu neuer europäischer Zahlungssouveränität

Doch inzwischen hat sich die Haltung der Initiative gegenüber diesen Abtrünnigen geändert. Kurz nach Ostern veröffentlichte EPI einen Brief, in dem man sich von der bisherigen Ablehnung von Zusammenarbeiten verabschiedete. „In vielen Märkten gibt es weitere erfolgreiche digitale Zahlungslösungen, die heute bereits von mehr als 120 Millionen Kunden genutzt werden, und diese kombinierte Nutzerbasis wächst schnell”, heißt es in der Mitteilung von EPI. Was sind also die Beweggründe für den Strategiewechsel von Wero?

Ein Grund ist der eskalierende Handelskrieg mit den USA, in den auch die EU geraten ist. EZB-Chefin Christine Lagarde warnte in den vergangenen Wochen vor der Marktmacht der amerikanischen Zahlungsanbieter. „Wir müssen diese Verwundbarkeit mindern und sicherstellen, dass es ein europäisches Angebot gibt – für alle Fälle“, sagte Lagarde. „Es ist wirklich wichtig für uns alle, dass digitale Zahlungen unter unserer Kontrolle bleiben.“ Dem schließt sich EPI gegenüber Payment & Banking auf Anfrage  an. Die aktuelle gesamtpolitische Entwicklung seit März habe dem Thema nochmal eine deutlich stärkere Bedeutung verliehen: „Wir glauben, dass es jetzt Zeit zum Handeln ist und haben daher die Europäischen Zahlverfahren und die Banken in Europa zur Geschlossenheit und Zusammenarbeit aufgerufen.“

Wero könnte durch die Kritik an den amerikanischen Tech-Riesen in der Bevölkerung zunehmend als ethische Alternative wahrgenommen werden, sagt Gijs ter Horst, CEO des Zahlungsverkehrsdienstleisters Ximedes. Dabei stehe man im War of Wallets nicht unbedingt auf verlorenem Posten, meint er. Denn man könne etwas anbieten, was Paypal und Apple Pay nicht haben: Die Möglichkeit von kostengünstige Echtzeitzahlungen zwischen europäischen Bankkonten. 

Aber auch Paypal rüstet sich und kündigte gerade an, mit einer Wallet für kontaktlose Zahlung an die Ladenkassen zu gehen. „Die jüngste Ankündigung von PayPal in Deutschland erhöht nun den Handlungsdruck – die Konkurrenz feilt an eigenen Ökosystemen”, sagt Thomas Walkner, Experte für Zahlungsverkehr bei der Unternehmensberatung Capco. 

Wero muss schnell groß werden

Das erhöht den Druck auf Initiativen wie EPI, die Nutzung von Wero im Sinne der europäischen Zahlungssouveränität schnell voranzutreiben – auch wenn das bedeutet, Ressentiments gegen Aussteiger und Kernstrategien hinter sich zu lassen. Die politische Rückendeckung könnte Weimert derweil gelegen kommen, auch wenn das Interesse an einer Kooperation vorher gering schien. „Wichtig war zunächst, die Lösung überhaupt für Nutzende verfügbar zu machen – der Weg dahin war durchaus holprig”, sagt Thomas Walkner. Nun sei Schnelligkeit von entscheidender Bedeutung. 

Mögliche Kooperationen könnten hier ein Mittel der Wahl sein, findet er. „Dies ist wahrscheinlich der einzige realistische Weg, um etwas wie Wero in ganz Europa zu verbreiten”, meint auch Gijs ter Horst. Das sei kein Zeichen von Schwäche, sondern von Reife und Verständnis für die Dynamik des Marktes, meint er. „Interoperabilität scheint die einzige praktikable Option zu sein.”

Ein Zahlungsdienst für Mallorca-Touristen?

Bizum mit seinen über 27 Millionen Nutzer:innen könnte hier ein erster Schritt sein. „Um eine umfassende Lösung in Europa erfolgreich zu gestalten, ist natürlich die Akzeptanz der Nutzenden Voraussetzung”, sagt Experte Walkner. „Diese wollen nach Möglichkeit eine Lösung, die beim Bäcker um die Ecke genauso funktioniert wie im Lokal am Urlaubsort.” Hier liege momentan die Schwäche von EPI, weil Südeuropa aktuell nicht Teil des Verbreitungsgebiets sei. „Insofern macht die Kooperation aus Kundensicht auf jeden Fall Sinn.” 

In Spanien akzeptieren immer mehr Restaurants und kleine Geschäfte Zahlungen über den Dienst. „Das spanische Restaurant oder die spanische Bar, die auf Tourismus angewiesen ist, wird sich letztendlich zwischen Visa, Mastercard und einer Lösung wie Wero entscheiden müssen”, sagte Martina Weimert gegenüber Payment & Banking. „Und mit der Masse an Kunden, die wir jetzt gewinnen, werden wir dahin kommen, dass Wero für diese und weitere Anwendungen eine attraktive Alternative wird.” Das scheint nun weiterhin zu gelten, nur wagt Wero nicht mehr den Alleingang. 

Interessant wird hier noch, wie die technische Interoperabilität funktionieren wird. Dazu wollte sich EPI aktuell nicht im Detail äußern. Wero und Bizum können hier beide auf SEPA Instant Credit Transfer und Eurosystem’s TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) zurückgreifen, die auf den Nachrichtenstandard ISO-20022 basieren. Die Kooperation hat also das Potential, ein echter Erfolg einheitlicher europäischer Regulierungsstandards zu werden. EPI betont, dass ihre Bereitschaft für eine Zusammenarbeit für alle europäischen Institutionen gelte. Weitere Details dazu werde man zeitnah kommunizieren.

Autor

  • Lukas Homrich ist freier Journalist und Mitarbeiter des dreimaldrei Journalistenbüros. Er schreibt über Wirtschafts- und Finanzthemen. Besonders Spaß macht es ihm, über Geschäftsmodelle zu philosophieren.

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