Fintechs und Banken wollen hipp sein und zeigen das auch in Webanwendungen und Apps. Doch mit jedem Update werden sie schlechter. Es ist zum Heulen.

Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Ihr hattet eine ruhige Zeit und einen wundervollen Start ins neue Jahr – denn ich hatte ihn nicht. Ich möchte daher heute mit euch über Apps, Webanwendungen und die absoluten Frechheiten sprechen, die deutsche und europäische Banken und Fintechs mir hier seit Wochen vor den Latz knallen.

Post von der Bank: Ich glaube, ich möchte weinen

Am Wochenende war es wieder so weit. Fassungslos las ich auf dem Laptop die Nachricht ein erstes Mal, dann ein zweites Mal… und dann pfefferte ich die Klappe des Macbooks zu und weinte heimlich in meinem Wohnzimmer. Eigentlich wollte ich ja nur mal schauen, ob mein Geld noch da war, aber die App meines Anbieters zickte rum und, hier kommt Aufreger Nummer 1, die Online-Anwendungen kann ich nur mit der App öffnen. Tolles System. Also schmiss ich die App einmal vom Smartphone runter, installierte sie neu und tadaaaa: Ich war geliefert. Die App sagte mir jetzt, ich könne mich nur anmelden, wenn ich das im Web bestätigen würde, aber ins Web kommt man ja nur mit App. Zwei Klicks später dachte ich, dass ich das Problemchen gelöst hatte und klickte auf: „Pin-Code zuschicken”.

Die Nachricht, die mich dann so frustriert zurückließ, war so einfach wie herzzerreißend: ‘Wir schicken Ihnen den Pin-Code gern zu. Er kommt in drei bis fünf Werktagen per Post.’ Per…was? Post? In einer Woche? Wie gesagt, ich war fassungslos.

Digitales Banking in Deutschland: Es funktioniert nicht

Nun könnte man sagen, dass dies ein tragischer Einzelfall im absolut Einhorn-tastischen Universum der Fintechs und Banken ist, aber Pustekuchen. Je länger ich Apps und Webanwendungen benutze und umso mehr ich ausprobiere, desto entsetzter bin ich. Die eine Anwendung funktioniert sowieso eigentlich nur in der App und nicht mehr auf einem großen Bildschirm, die andere verschlimmert mit einem Update alles und eine dritte ist so unübersichtlich aufgebaut, dass ich regelmäßig einen Schreikrampf bekomme.

Deswegen mal eine Frage nach Frankfurt, München, Berlin und alle anderen Metropolen des Geldes: WOLLT IHR MICH EIGENTLICH VERARSCHEN?

Wie schwer kann es denn verdammt noch einst sein, eine vernünftige digitale Anwendung zu programmieren, bei der ich bei der Benutzung keinen Schreikrampf bekomme?

Trade Republic: Eine App wie ein Labyrinth

Ich denke, das absolute Highlight unter den Horror-Updates hat gerade Trade Republic durchgemacht. Einst war die App übersichtlich und clean, nach einem kompletten Relaunch brauche ich – ungelogen – eine Anleitung, um bestimmte Dinge zu finden. Allein die Anleitungen in den FAQs sprechen Bände: Beispiel Depotauszug. Um den überhaupt zu bekommen, muss ich zunächst auf „Cash” klicken statt „Portfolio”. Dann weiter zu Transaktionen scrollen, von dort aus weiter scrollen, um dann den Reiter “Dokumente” zu finden und dort nach meinem Depotauszug suchen zu dürfen. Kommt, wer hat sich das ausgedacht? Da hat sich doch jemand einen Spaß erlaubt, oder?

Alle großen Apps haben Schwachstellen – und zwar Große

Andere machen es aber auch nicht besser. Bei Scalable Capital suche ich bis heute den Reiter, der mir anzeigt, wie hoch der Zinssatz auf die 13,50 Euro sind, die ich da mal vergessen habe. Bei Bitpanda werden mir meine Gewinne oder Verluste im Depot bis heute im Vergleich zum Tag vorher angezeigt als wäre ich Jordan Belfort persönlich. Warum ist sowas nötig? Ich weiß es nicht.

Merkwürdige Updates: Die Liste ist unendlich

Die Liste könnte ich übrigens ewig weiterführen. Die ING hat in ihrem neuesten Update beispielsweise entschieden, dass man Überweisungen nur noch Schritt für Schritt machen kann. Erst die IBAN, dann die Kohle, dann den Verwendungszweck, was es absolut unübersichtlich macht, auch nur fünf Euro durch die Welt zu schicken, wenn man nicht alles auf einem Bildschirm, sondern in zehn Einzelschritten hat. Bei der DKB meinten sie, die dumme Idee direkt kopieren zu müssen und gleich auch noch zwei Web-Anwendungen gleichzeitig laufen zu lassen. In der einen sieht es jetzt aufgeräumt aus, aber die kann nichts – und die andere sieht aus wie Windows 1995, aber ich finde immerhin meine Dokumente. Argh!

Fintech-Gurus spart euch die Mühe: Ich lade nicht noch eine Super-App herunter

Ihr seht schon, an Beispielen mangelt es nicht. Und nur, weil ich Euer missglücktes Angebot einer App nicht erwähnt habe, liebe Fintech-Bros und Banker-Bosse, seid euch zu 99 Prozent sicher: Sie ist allenfalls mittelmäßig, ich habe sie nur aus anderen Gründen gerade nicht griffbereit.

Offenbar ist es vollkommen unmöglich, eine vernünftige App- und Web-Anwendung für eine Bank zu programmieren.

Und ja, ich weiß: Spätestens nach all diesen Absätzen wird mir irgendein Fintech-Guru oder Blogger der ersten oder zweiten Stunde bestimmt eine Nachricht schreiben. „Hey, probiert doch mal diese oder jene App aus. Die ist wirklich klasse, benutze die jeden Tag.” Und natürlich kann ich diese App probieren. Aber ich habe einfach keinen Bock darauf. Ich will nicht schon wieder in der Warteschlange für einen Authentifizierungsprozess hängen, der dann zwei Mal abgebrochen wird. Ich will nicht drei Tage darauf warten, dass Ihr mir irgendeinen Pin-Code für mein Online-Banking zuschickt. Ich will nicht die sechste oder siebte Kreditkarte in die Brieftasche stecken, nur weil ich mal wieder irgendeine App runterladen muss, die jetzt irgendwie gerade ganz gut ist.

UX-Designer lachen bestimmt über mich

Ich kann Euch genau sagen, wie es laufen wird, weil es offenbar immer so läuft. Ich lade die App herunter, quäle mich durch die Anmeldung und finde sie dann irgendwie ganz praktisch. Aber dann, liebe Fintechs, liebe Banken, liebe Sparkassen, kommt dieser Moment, in dem mein Smartphone mir mitteilt, dass ihr ein Update produziert habt. Das lade ich das herunter, weil ja immer auch verkündet wird, dass das Ding viel sicherer wird. Und dann habe ich den gleichen Bockmist wie zuvor: Irgendwelche Funktionen wurden maximal verschlimmbessert, andere abgeschafft, wieder andere sind jetzt vollkommen woanders. Irgendwo in Berlin lacht dann in einer Bar ein völlig überbezahlter UX-Designer , während er den anderen Dudes stolz erzählt, dass das alles total viel Sinn macht. Und wisst Ihr, wie diese Erklärung dann aussieht? Genau so:

Probleme mit Banking-App Updates
Probleme mit Banking-App Updates

Und jetzt verzieht Euch in Eure schicken Co-Working-Hightech-Kicker-Büros zurück und baut verdammt nochmal eine vernünftige App. Kann doch nicht so schwierig sein.


P.S.: Wer mir N26 empfiehlt, weil die so einfach ist, wird sofort geblockt.

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