Nao war Pionier bei Private Markets. Doch Trade Republic erregt mit seiner Kampagne viel Aufmerksamkeit und die Deutsche Bank will auch mitmischen. Droht das junge Fintech nun von den Großen überrollt zu werden?
Trade Republic hat ein neues Produkt und dafür direkt die ganz großen Marketinggeschütze aufgefahren: Deutschrapper Luciano wirbt seit einigen Tagen ebenso für das neue Private-Markets-Angebot des Neobroker wie auch Ökonom und Autor Maurice Höfgen, der sich an seine Follower:innen (223 Tsd.) sonst eher mit Themen wie der Erbschaftssteuer oder der Schuldenbremse richtet. Jetzt wirbt er offenbar für Private-Equity-Investments durch Privatpersonen. Schon diese Verpflichtungen zeigen: Trade Republic meint es ernst mit seinem Einstieg in das Segment der Private Markets und das unterstrich auch Gründer Christian Hecker: „Jetzt entwickeln wir Trade Republic vom Brokerage zum Wealth Manager weiter.“
Die Aussagen von Hecker lassen sich nicht nur wie ein Versuch lesen, eine neue Phase in der Entwicklung der Neobroker einzuläuten, sondern auch als eine Kampfansage an Anbieter, die bereits Investments in Private Markets anbieten. Robin Binder, Gründer von Nao, war mit der Idee, Private Markets auch Retailkunden anzubieten, einer der Pioniere im deutschen Markt. „Dass Trade Republic in den Markt eintritt, ist eine Bestätigung unseres Geschäftsmodells”, sagt Binder, der mit Nao vor ein paar Wochen in die Niederlande expandierte. Schon als er das Fintech vor dreieinhalb Jahren gründete, sei ihm klar gewesen, dass Private Equity der nächste große Trend für den Retail-Markt sei und das große Firmen aufspringen. „War schon logisch, dass sie früher oder später auch mit dem Angebot kommen werden”, sagt Binder. Doch nur weil etwas logisch ist, muss es nicht weniger angsteinflößend sein. Immerhin hat NAO viel Arbeit, Geld und auch Pionierarbeit in den Aufbau der Assetklasse gesteckt, hat überall dafür getrommelt. Und jetzt kommen die Großen und nehmen dem Start-up das Geschäft weg. Oder, doch nicht? .”
Wie Trade Republic einen ganzen Markt anschiebt
Die Erwartungen der Branche an die Assetklasse sind groß: Seit dem Eintreten der neuen ELTIF-Verordnung der EU im vergangenen Jahr, die geschlossene Fonds für Privatanleger zugänglicher machte, stieg das Volumen der insgesamt 133 ELTIF-Fonds bis Ende 2024 um über 38 Prozent auf fast sechs Milliarden Euro, zeigt eine Analyse der Ratingagentur Scope. Durch Anbieter wie Scalable Capital und Trade Republic und Deutschland als neuem Wachstumsmarkt dürfte das Fondsvolumen weiter steigen: Demnach könnte es bis Ende 2027 auf 65 bis 70 Milliarden wachsen. Trade Republic will davon profitieren, NAO will davon profitieren und sogar die Deutsche Bank. Die verkündete gerade, mit der Investment-Tochter DWS und dem Private Equity Unternehmen Partners Group einen ELTIF-Fonds aufzulegen. Zwar liegt die Mindestanlage mit 10.000 weit über dem symbolischen Euro, ab dem man bei Trade Republic einsteigen kann, aber immer noch weit unter den üblichen Einstiegsgrenzen im Privat Equity Markt.
Es gäbe zwar theoretisch genug Markt für alle drei Anbieter. Vielleicht gibt sich Binder auch deshalb so gelassen, wenn man ihn fragt, ob er Angst habe, dass er von ihr nun überholt werden könne. „Ich bin da sehr selbstbewusst, dass wir die beste Lösung haben”, sagt Binder. Im Gegenteil: Über den Einstieg von Trade Republic freue er sich: „Wir können für uns jetzt auch den Hype nutzen und davon profitieren.“ Seit dem Start von Trade Republics Private Equity Kampagne ziehen laut Binder auch bei Nao die Zahlen an: In der Woche der Ankündigung von Trade Republic habe man rund doppelt so viele Downloads verzeichnet, wie im Durchschnitt: „Ohne dass wir mehr für Werbung ausgeben.” Doch, reicht das, um langfristig zu überleben und mehr zu sein, als nur der Nischenanbieter? Was kann NAO, was Trade Republic nicht kann?
Wettbewerbsvorteil Kundenservice: Kann NAO hier punkten?
Binder möchte vor allem dort auftrumpfen, wo Trade Republic seit jeher viel Kritik einstecken muss: beim Kundenservice. Erst vor wenigen Tage machte der Neobroker von sich reden, weil er nach dem Aktiensplit von NVIDIA falsche Steuerzahlungen einzog und diesen Fehler über Monate nicht behob. Für Binder und Nao könnte dieser Ruf gerade bei einer Anlageklasse, die möglicherweise viel Kommunikation und Kundensupport erfordert, ein Vorteil sein. Und so mancher Kunde fremdelt mit der Auswahl der Markenbotschafter: “Alleine durch den Kerl, den TR sich da als Testimonial geholt hat, ist für mich klar, dass mein Geld da nicht mehr gut aufgehoben ist”, schreibt ein User auf Reddit.
Private Markets: Alles ein bisschen anders
Auch wenn diese Marketingstrategie des Neobrokers und Neo-Wealthmanagers nicht nur auf Begeisterung stößt, lässt sich daraus ablesen, wie Hecker den Markt sieht. Die Ansprache per Rapper und Politik-Influencer zeugt von dem großen Vertrauen, dass die jungen Kund:innen, die in den vergangenen Jahren Geld in ETF und Aktien gesteckt haben, in großer Zahl den Schritt in die Privatmärkte wagen werden: Diese Zielgruppe soll nicht nur in eine (für die meisten) neue Assetklasse investieren, sondern sich auch noch die Mühe machen, diese zu verstehen. Mit den Erklärvideos, die in der App hinterlegt sind und einem Quiz, mit dem die Kaufoption freigeschaltet wird, möchte Trade Republic seine Kund:innen aufklären. Aber reicht das?
Das sieht Robin Binder als Konkurrent nicht so: „Die Demokratisierung hat am Aktienmarkt mit ETFs wahnsinnig gut funktioniert”, sagt er. „Ich glaube, bei den Private Markets ist es anders. Hier muss man die Leute mehr an die Hand nehmen.” Private Equity sei deutlich komplexer und benötige auch mehr Aufklärung und Wissen über die Assetklasse als bei den ETFs. Etwa können die Anteile an Privatfonds nicht jederzeit verkauft werden und den tagesaktuellen Blick auf den Chart gibt es nicht. „Es gibt das Risiko, dass viele Menschen Private Equity gar nicht verstehen und trotzdem kaufen, weil der Zugang jetzt so einfach ist.”
Mindestinvestment: Schon ab einem Euro
Nao biete Lerninhalte als Podcasts, Blogs, persönliche Telefonate und Live-Events an. Zudem sei die Geeignetheitsprüfung umfangreicher. Einen Deutschrapper als Markenbotschafter zu engagieren, sei ein cleverer Zug, der viel Aufmerksamkeit schaffe, doch angesichts der Kritik am Kundensupport wäre es sicherlich hilfreich, wenn ein Profi die Aufklärungsarbeit übernehme, stichelt Binder.
Im Unterschied zu Trade Republic ziele man auf Gutverdiener mit einem Vermögen zwischen 100.000 Euro und einer Million Euro. Trotzdem senkt auch Nao die Einstiegshürden. Seit August bietet das Fintech Investments in Private Equity schon ab einem Euro an, bis dahin war ein Investment nur ab 1000 Euro möglich. Sah man sich zu dem Schritt gezwungen? Der wesentliche Treiber sei gewesen, dass man Kund:innen ermöglichen wollte, das Investment mit kleinen Beträgen auszuprobieren, sagt Binder. Auch Gutverdiener wollten erst mit kleineren Beträgen ausprobieren. Dass sie bald in Massen in den neuen Markt investieren, ist aber auch dank der Kampagne von Trade Republic wahrscheinlicher geworden. Von einem Erfolg des selbsternannten Neo-Wealthmanagers dürfte dann auch Nao profitieren.





