Schokolade hat mehr mit dem B-Corp Zertifikat zu tun, als man denkt

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Früher war alles einfacher. Die Kunden gingen in den Supermarkt, kauften ein, bezahlten ihre Ware und gut war’s. Aber heute? In den letzten Jahren ist die „mir doch alles egal“-Haltung gegenüber den Nahrungsmittelproduzenten gewichen. Kaffee? Bitte Bio! Schokolade? Nur mit Fair Trade Siegel! Und jetzt auch noch das: wie nachhaltig agiert die Bank? Das B-Corp Zertifikat will helfen, den Überblick zu behalten.

Weltweit 41 Finanzunternehmen zertifiziert

In den USA tragen schon viele Banken das Zertifikat tragen, in Europa sind es in Summe gerade einmal zwei: Die Triodos-Bank aus den Niederlanden und die hiesige Tomorrow-Bank tragen das B-Corp Siegel.

Eine Bank mit B-Corporation (abgekürzt: B-Corp) Zertifikat agiert laut Zielvorgabe ökologisch und sozial verträglich. Weltweit sind inzwischen 4000 Unternehmen B-Corp zertifiziert, darunter auch 41 Finanzunternehmen und Banken.

B-Corp ist eine Zertifizierung für Unternehmen und steht für „Certified Benefit Corporations“. Das Zertifikat geht auf eine Initiative der B Lab Foundation zurück. Unter dem Motto „Use business as a force for good“ möchte sie Unternehmen dazu inspirieren, freiwillig hohe ökologische und soziale Standards zu befolgen und will Stakeholdern Einblick in die Aktivitäten eines Unternehmens geben.

Score entscheidet über Zertifizierung

Damit ein Unternehmen B-Corp zertifiziert wird, muss es sich zunächst einmal einem Evaluierungsprozess unterziehen. Es wird geprüft, welche Auswirkungen die Aktivitäten eines Unternehmens auf seine Kunden, seine Mitarbeitenden und die Umwelt haben. Wenn das Unternehmen einen Score von mindestens 80 von insgesamt möglichen 200 erzielt, ist es ein B-Corp-Unternehmen.

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Der richtige Score entscheidet

Diesen Score jedes B-Corp zertifizierten Unternehmens kann auf der Homepage der B-Corporation eingesehen werden. B-Corporations könnten es Verbrauchern, Aktivisten und Forschern also leichter machen, Unternehmen zu vergleichen, indem sie standardisieren, wie Unternehmen über ihre Leistung berichten. In der Theorie super, oder? Aber wie sieht es in der Praxis aus und wie schneiden eigentlich die Banken dabei ab?

Was der Weihnachtsmann mit dem Score zu tun hat

Vergleicht man die Scores der Unternehmen aus der Finanzbranche, darunter beispielsweise Merkur Andelsklasse, tickr und HABITO, wird man aber ehrlicherweise auch nicht wirklich schlauer. Verglichen werden Paramenter wie beispielsweise Governance, Workers, Community und Environment mit bestimmten Unterindikatoren. Es bleibt jedoch völlig unklar, wie die Scores eigentlich vergeben werden. Wie kann es sein, dass etwa ein Unternehmen im Bereich Environment einen niedrigeren Score erzielt, als ein anderes. Keine Ahnung. Das Versprechen von B-Corp, einen Einblick in die sozialen und ökologischen Tätigkeiten zu geben, ist nicht sichergestellt.

Derzeit arbeitet die Europäische Union daran, nachhaltige Standards im Finanzsektor festzulegen. Künftig soll jede Bank jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Ob hier jedoch ein amerikanisches Zertifikat strengere Nachhaltigkeitsstandards verfolgt als die EU, ist zu zweifeln. Außerdem habe ich keine Beweise gefunden, dass B-Lab unabhängig von ihren Stakeholdern oder Spendern handelt.

Die Möglichkeit, sich selbst zu bewerten und ein Gütesiegel zu erhalten, um umweltbewusste Verbraucher anzulocken, ist ein Prozess, den wir mit einem kritischen Auge betrachten müssen. Man denke hier nur an die Schokoladensiegel großer Nahrungsmittelkonzerne, die so wenig Nachhaltig sind, wie Weihnachtsmann die Eier an Ostern versteckt.

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Der Weihnachtsmann verteilt keine Ostereier

Es gibt sinnvolle Alternativen zu B-Corp

Und auch bei einer Bank oder einem Unternehmen mit B-Corp Zertifikat ist kein langfristiges, ökologisches und soziales Wirtschaften sichergestellt, was eigentlich das Wort Nachhaltigkeit initiieren möchte. Vielmehr ist es bei B-Corp Unternehmen möglich auszusteigen und nicht nachhaltigen Investoreninteressen zu folgen. Zum Vergleich: Bei Unternehmen mit der Rechtform Gesellschaft in Verantwortungseigentum geht das nicht. Diese verpflichten sich langfristig nach dem Unternehmenszweck zu handeln.

Hinzu kommt, dass Verbraucher den Nachhaltigkeitsbericht ihrer Bank vermutlich genauso wenig durchlesen, wie sie das B-Corp-Zertifikat einer Bank einzuschätzen wissen. Viel hilfreicher wäre hier ein Rating für Banken, das es aber bislang nicht gibt. Es würde jedoch Verbrauchern einfacher machen eine Bank als nachhaltig einzustufen. B-Lab sendet hier zwar schon ein wichtiges Signal, aber was fehlt sind Transparenz, die langfristige ökologische und soziale Ausrichtung der B-Corp-Unternehmen sowie die Unabhängigkeit von Aktionären. Erst dann wird auch einem zusammengeschusterten Nachhaltigkeitsstempel auch ein glaubwürdiges Qualitätssiegel.

Siegel können Wandel vorantreiben

Doch wollen wir auch versöhnlich sein: Die B-Corporation-Standards können Einfluss haben, um den Wandel voranzutreiben, den wir brauchen, mit ein wenig Hilfe von bewussten Verbrauchern und vielleicht einem Schubs von einer fortschrittlichen Regierungsagenda, um einige der schlimmsten Auswirkungen abzuwehren, denen wir in den kommenden Jahren und Jahrzehnten gegenüberzustehen scheinen.

Für mich ist die B-Corp Zertifizierung kein Verlass, dass eine Bank unmittelbar nachhaltig handelt. Dennoch setzt sie durch ihre initiale Motivation ein wichtiges Signal ökologische und soziale Aspekte im Unternehmen voranzutreiben.


Autor

  • Franziska Schmid will den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Zukunft aktiv mitgestalten. Als Customer Experience Managerin bei CodingPassion beschäftigt sie sich intensiv mit den Bedürfnissen der Millenials, um einschlägige digitale Produkte zu entwickeln. Nachhaltiges, soziales und ökologisches Verhalten und Handeln vertritt sie aus Überzeugung beruflich wie auch privat. Mit ihrem Background im Corporate Banking bei der Sparkasse, der LfA und der Deutschen Bundesbank sowie Ihrem berufsbegleitenden Studium in Wirtschaftspsychologie mit Ergänzung internationaler Austauschprogramme versteht sie das Zusammenspiel aus Kundenbedürfnis, Finanzen und Nachhaltigkeit.

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