Schlechte Zeiten für die Panzerknacker: digitale Schließfächer boomen

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Für die Panzerknacker brechen harte Zeiten an. Früher, so als echter Dieb sagen wir mal, half ein wenig Dynamit, eine Brechstange und der Jutesacke, in dem die gestohlenen Wertgegenstände weggeschafft werden mussten. Rein in den Laster und weg. Das Startup Trisor bietet digitale Schließfächer an und springt mit dem Angebot für die Banken ein.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Einer Analyse der Bundesbank zufolge sank die Zahl der Bankfilialen zwischen den Jahren 2009 und 2019 um 30 Prozent. Ein Trend, der sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Die Commerzbank verkündete etwa Anfang des Jahres, sein Netz an Filialen fast um die Hälfte zu verkleinern. Bei anderen Banken sieht es nicht anders. Wie viele Schließfächer es in Deutschland gibt, wissen weder Bundesbank noch Bankenverband. Selbst Schätzungen gibt es nicht.

Neue Startups profitieren von Filialsterben der Banken

Das Problem ist: Mit dem großen Filialsterben werden auch die Schließfächer geschlossen oder abgebaut. Wohin also mit den Wertgegenständen, die die Eigentümer nicht unter der Matratze, in Aktenordnern oder in der Schatulle im Nachtisch aufbewahren wollen? Privatsafe hinter dem Ölgemälde? Nicht ratsam.

Aus dem Problem entsteht ein Geschäftsmodell, das Start-ups für sich entdeckt haben. Sie positionieren sich als Alternative zum klassischen Bankenschließfach und profitieren letztendlich vom Filialsterben und bieten digitale Schließfächer. Hinzu kommt: Schließfächer gehörten nicht zum Kerngeschäft der Banken, und die sogenannten Neo-Banken hatten nie welche.

Schließfächer kein Kerngeschäft der Banken

Eines dieser Unternehmen nennt sich Trisor und hat seinen Sitz in Berlin-Tiergarten. Das Unternehmen ist unlängst eine Partnerschaft mit der Berliner Volksbank eingegangen. Deren Bereichsleiter Vertriebsmanagement der Berliner Volksbank eG, Andreas Schönfeld, sagt ergänzend: „Aufgrund des gestiegenen Überfallrisikos und des damit verbundenen hohen Risikos für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wir uns zunehmend aus dem Geschäftsmodell ‚Schließfach‘ herausziehen. Unseren Kundinnen und Kunden bieten wir durch die Kooperation mit Trisor ein Angebot, das dem aktuellen Stand der Sicherheitstechnik entspricht.“ 

Nur einen Steinwurf von der Königlichen Porzellan-Manufaktur entfernt, ist im letzten Jahr der erste Standort des Start-ups für digitale Schließfächer entstanden. Noch vor wenigen Jahrzehnten galt das Porzellan als Ausdruck von Wohlstand, heute „bewahren Kunden nicht nur Geld, Gold und Schmuck, sondern auch wichtige Dokumente, Urkunden oder Reisepässe in den Schließfächern“, weiß Trisor-Gründer Julian Treidler. Etwas über 5000 Schließfächer verwaltet Trisor am Standort Berlin.

Julian Treidler, Gründer von Trisor

Weitere Standorte in Planung

Bis 2024 sollen weitere Standorte erschlossen werden, dazu zählen zunächst Großstädte wie Hamburg, Düsseldorf oder München. Das Erschließen neuer Gebäude nicht ganz einfach, schließlich muss das Objekt passen. Ein Beirat hilft bei der Suche: ein Architekt, ein ehemaliger Bankenvorstand und ein Ex-Polizeipräsident.

Geld für die Expansion stammt unter anderem von der erfolgreichen Anleihe mit einem Volumen von 15 Millionen Euro. Die Anleihe ist mit einem Zinskupon von 7,5 % ausgestattet. Mit dieser Anleihe verschaffte sich Trisor Zugang zum Kapitalmarkt.

Pricing je nach Boxgröße

Die Kosten für die Sicherheitsboxen belaufen sich je nach Größe zwischen knapp 20 Euro bis 55 Euro. In der Registrierungsgebühr von 59 Euro ist zusätzlich eine Grundversicherung bis zu 5000 Euro enthalten. „Wer eine größere Summe absichern will, kann eine Zusatzversicherung abschließen“, sagt Treidler.

Doch statt Hochsicherheitstrakt erinnert das Entree bei Trisor eher an ein Hotel. Erst dahin wird es technisch und super digital. Wer noch kriminelle Energie verspürte, wird spätestens jetzt merken, dass der Gedanke an Einbruch sinnlos ist. Inhaber der Schließfächer erhalten Zugang nur mit einer Karte, die mehrfach per Pin und Fingerabdruck individualisiert ist. Vorbei am Wachschutz gelangen die Kunden in eine Ausgabekabine, erst dort wird ihnen die Wertbox durch einen Roboter ausgehändigt.

Der 24/7 Zugang zu den ditigalen Schließfächern von Trisor ist nur mit der entsprechenden Identifikation möglich

Es ist ein wenig wie bei diesen Süßigkeitenautomaten an Bahnhöfen mit dem Unterschied, dass die Schließfächer nicht sichtbar sind, sondern hinter mehrfach gepanzerten und geschützten Wänden. Sollte doch etwas passieren, ergeht sofort der Alarm sofort bei der lokalen Polizei. „Das Besondere an der Anlage, die wir verbauen, ist die Kombination aus dem Tresor, der Robotik und der Technologie für den 24-Stunden-Zugang“, erklärt Geschäftsführer Treidler.

Zeitgleich weiterer Anbieter in Berlin gestartet

Mit einem fast identischen Businessmodell ist das ebenfalls in Berlin gegründete Asservato gestartet. Erste Schließfächer wurden bereits am Potsdamer Platz eröffnet. Als  bankenunabhängiger Anbieter in Deutschland ermöglicht Asservato seinen Kunden ab sofort die Nutzung voll automatisierter Schließfächer.  „Wir grenzen uns mit unserem innovativen Angebot deutlich von Banken und Sparkassen ab“, sagt Colin Solberg, Geschäftsführer bei Asservato und kündigt zugleich die Eröffnung weiterer Standorte in Deutschland an.

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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