Um es vorweg zu nehmen: Es gibt diese Ideen, die sind richtig gut. Dann gibt es andere Ideen, die sind richtig gut aber sind leider richtig schlecht umgesetzt. So eine Idee die eigentlich gut, aber in der Umsetzung alles andere als gelungen ist – ist savedroid.
Es läuft scheinbar gut bei dem Frankfurter FinTech savedroid. Nach eigenen Angaben liegt die Unternehmensbewertung bei 20 Millionen Euro und die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) und Business Angels haben ihre Beteiligung aufgestockt. Der Bewertung liegt vor allem die wachsende Anzahl von Downloads der savedroid App zu Grunde, innerhalb von drei Monaten hat man die Downloads um 150.000 verdreifacht. Da darf man gratulieren. Zumindest wenn man diese Zahl als Maßstab nimmt – über die tatsächliche Nutzung sagen die Downloads nämlich erstmal garnichts aus.
Savedroid soll den Nutzern dabei helfen Geld zu sparen. Anders als einfach jeden Monat Geld zur Seite zu legen, nutzt savedroid “Wenn-Dann-Regeln”. Wenn z.B. ein bestimmter Betrag vom Konto abgebucht wird, kann savedroid diesen aufrunden und legt die Differenz zur Seite. Die Idee dahinter: Es fällt leichter innerhalb eines Monats immer mal wieder kleine Beträge zur Seite zur legen, als einmal einen großen Betrag. Die dafür geltenden Regeln, sogenannte smooves, kann sich der Nutzer selbst anlegen, einzig ein Sparziel, also die Summe die am Ende gespart werden soll, wird einmal definiert.
Die Idee hinter savedroid ist nicht neu. In den USA gibt es seit längerem vergleichbare Dienste wie z.B. QAPITAL oder Digit. Und diese Lösungen funktionieren gut: Im Digit-Netzwerk wurden inzwischen eine halbe Milliarde US Dollar gespart. Auch in Deutschland ist savedroid nicht alleine unterwegs, mit Clink soll in diesem Jahr eine weitere Lösung an den Start gehen.
Damit man mit savedroid Geld zur Seite legen kann, muss die App eingerichtet und gewisse Regeln definiert werden, nach denen gespart werden soll. Zur Einrichtung legt man das zu überwachende Referenzkonto an, von dem das Geld auf ein weiteres Konto bei der Wirecard zurückgelegt wird. Letzteres wird im Prozess neu angelegt. Sind die Schritte erledigt geht es auch schon los und savedroid fängt an, für dich zu sparen. Glaubt man zumindest…
Das größte Problem liegt allerdings in der Art und Weise, wie savedroid ein Referenzkonto überwacht. Die sogenannten smooves werden zwar erfasst aber nicht ausgeführt, wenn das Referenzkonto im Dispo, also überzogen ist. Ein Beispiel: Das Refernzkonto hat einen Dispo von 1.000 EUR. Im Rahmen dieses Dispos laufen ganz normal alle Buchungen. savedroid bekommt das mit, führt aber selbst keine Buchung auf das Sparkonto aus, erfasst aber alle smooves. D.h. gefühlt wird gespart obwohl kein Geld fließt.
Yassin Hankir von savedroid sagt dazu, dass es im Interesse der Nutzer sei und man teure Dispozinsen vermeiden will. savedroid findet sparen innerhalb des Dispositionskredit nicht nur kontraproduktiv, sondern auch moralisch bedenklich. Dadurch geht allerdings auch einiges an Potential verloren, denn wäre es zumindest optional möglich auch im Rahmen des Dispo zu sparen, könnte man savedroid auch dazu nutzen, den Dispositionskredit sukzessiv abzubauen. Als Regel müsste man wählen können: Wunsch “Dispo abbauen” und Sparbetrag in Höhe des Dispo anlegen.
Dadurch, das savedroid nur visuell Geld zur Seite legt, wenn man im Dispo ist, aber nicht reell, kommt es zu einem unschönen und völlig verwirrenden Effekt: savedroid bietet an Geld auf das Referenztkonto zu übertragen, obwohl keines vorhanden ist. Schlimmer noch, man kann beliebig oft Geld übertragen. Real fließt das Geld allerdings nicht. Insgesamt wirkt savedroid nicht nutzerfreundlich. So wird z.B. nach Erreichen eines gewissen Sparziels dem Nutzer ein Premium-Zugang angeboten. Was das genau bedeutet wird nicht erklärt, stattdessen startet direkt die Video-Legitimation. Auch kann laut App zwar eine Mastercard aktiviert werden, was aber in sofern verwirrend ist, als das ich als Nutzer gar keine bekommen habe – geschweige denn wollte. Das es sich um eine virtuelle Kreditkarte handelt wird ebenfalls nirgends erklärt.
Yassin Hankir, der CEO & Gründer von savedroid sagt dazu: “Wir verzichten ganz bewusst darauf savedroid mit Zusatzinformationen zu überfrachten. Unsere Nutzertests haben sehr deutlich gezeigt, das mehr Information oftmals zu einem schlechteren Nutzererlebnis führt. Deshalb haben wir uns bewusst dazu entschieden alle weiterführenden Informationen in unseren FAQs zu bündeln, die in der App aufrufbar sind.”
Fazit
Fernab einer guten Idee, kommt es vor allem auf die Umsetzung an. Diese ist bei savedroid einfach nur mittelgut, was schade ist, weil die Idee eigentlich ein Problem löst: Geld zu sparen, ohne das es weh tut. Anstatt dem konsequenten Ausbau des Themas und weiterführende Überlegungen wie man das ganze smarter gestalten könnte, bietet man jetzt Vertragsoptimeirung von bestehenden Laufzeitverträgen an. Ein neuer Algorithmus soll z.B. Überteuerte Stromverträge erkennen und günstigere Alternativen vorschlagen. Alt-Vertragskündigung und Neu-Vertragsabschluss finden direkt in der savedroid-App statt. Willkommen im Maklergeschäft.
Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io [mehr]