Vor einigen Tagen ging die Nachricht des 2024-Ausstiegs von REWE aus dem Payback Loyalty-Programm durch alle gängigen Publikumsmedien. Auch wir berichteten, dass REWE angeblich ein eigenes Kundenbindungsprogramm nach dem Payback-Rückzug plant. Der Lebensmittelhändler schließt sich auch anderen Händlern an, die sich aus übergreifenden Rewardsprogrammen verabschieden und dafür eine eigene in-House Lösung entwickeln. Kommen nun noch mehr Händlerapps auch zum Bezahlen?

Wir haben hier im Blog häufiger und ausführlich über Händlerapps vs Payback Pay und die Entwicklung von Payback Pay  berichtet. Unser „Nörgel-Kolumnist“ Nils Wischmeyer behauptete in seiner immer sehr zugespitzten Kolumne gar, dass diese keinen Mehrwert haben und sein Telefon „zumüllen“ würden. Trotzdem erkennt man einen klaren Trend von Händlern, sowohl die Kundenbindung als auch das Bezahlen der Stammkunden immer mehr in die eigenen Hände zu nehmen. Der Zauberbegriff heißt „Smart Checkout“ und Beispiele wie die Starbucks App, Lidl mit Lidl Plus inkl. Lidl Pay oder die App des Payback-Partners dm-Drogeriemarkt zeigen beispielhaft die Entwicklungen. Werden wir indessen auch eine REWE App sehen und gar ein REWE Pay? Die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr hoch, aber wem nutzt das etwas?

Vor- und Nachteile des Punktesammelns

Der Vorteil einer kombinierten Lösung von Loyalty-Punktesammeln, Couponing und Bezahlung in einem Prozess liegt auf der Hand. Es müssen nicht mehrere Karten präsentiert werden, sondern die Schritte werden zusammengefasst und auch der Zahlprozess verlagert bzw. vorgezogen. Starbucks machte es vor: Die Bestellung und Bezahlung erfolgt in der App und der Kunde kann im Starbucks an den Schlangen vorbei seinen Kaffee abholen. Bei Payback Pay und Lidl Pay hinterlegt der Kunde seine Zahlungsdaten, kann an der Kasse auf den Zahlprozess verzichten und hat mehr Zeit, die gekaufte Ware in den Wagen zu packen. 

Aber das Payment von händlereigenen Apps hat auch zwei gravierende Nachteile.

1) Risikomanagement und Zahlungsausfälle vs Kundenrealität

Sowohl Payback Pay am Anfang als auch dann Jahre später Lidl Pay hatten zum Start größere Probleme im Risikomanagement des Lastschriftverfahrens. Schwachstellen und Lücken im Risikomanagement wurden von findigen Betrügern gnadenlos ausgenutzt zulasten des Händlers. Wenn jeder Händler nun sein eigenes Payment baut, scheinen die Händler auch die gleichen individuellen Erfahrungen zu machen. Lidl arbeitet bis heute an niedrigen Limits zur Kontrolle des Missbrauchs. Nachteil für manche Kunden: Das Limit liegt unter dem Betrag des wöchentlichen Einkaufs. Wenn ein interessierter Kunde mal abgelehnt wurde, geht er wieder zurück zu traditionellen Zahlverfahren wie der (teureren) Karte.

2) Begrenzter Platz auf dem Homescreen – Top Kunden vs breite Kundenmasse

Es ist schon schwer genug als App überhaupt so wichtig zu sein um heruntergeladen zu werden. Noch schwerer ist es auf die erste Seite des Smartphones mit den allerwichtigsten Apps mit Tagesrelevanz zu rutschen. Je weniger Tagesrelevanz ein Händler hat, desto unwahrscheinlicher lädt sich der Kunde überhaupt eine App herunter. Oder der Händler muss die Nutzung der App incentivieren. Während Pendler täglich Bahn fahren, per App die Verbindungen checken und ggf. täglich auf dem Weg ins Büro noch einen Kaffee trinkt, ist der Kauf im Lebensmittelhandel oder der Drogerie seltener.

Hat REWE im umkämpften Lebensmitteleinzelhandel gegen Discounter und Lebensmittellieferdiensten wie Gorillas, Flink und Co genügend Tagesrelevanz, um eine eigene App in der Masse zu distribuieren? Ist eine Abkehr und somit eine App mit Loyalty und Payment-Funktion nicht vielleicht ausschließlich für das Segment der Stammkunden relevant und schließ, anders als Payback jene Gelegenheitskäufer, die alles paar Wochen zum Rewe gehen, aus? Payback hat eine stärkere Relevanz durch die Aggregierung von verschiedenen Händlerkategorien. Händlerapps haben dagegen einen starken Nachteil. Je mehr Händler den Weg der eigenen App gehen, desto stärker die Fragmentieren für den Kunden und desto höher die Hürden, um von den Kunden noch wahrgenommen und genutzt zu werden.

Händlerapps für kleine Händler nicht attraktiv

Wir wissen, Payment ist ein Massenmarkt und ist wirtschaftlich eigentlich nur dann interessant, wenn große skalierte Volumen abgewickelt werden. Der Trend zu eigenen Händlerapps und integriertem Payment gelingt ohnehin nur einzelnen, großen Händlern. Selbst diese haben dann eine Herausforderung auf nennenswerte Volumen zukommen aufgrund der oben ausgeführten Gründe. Anders als z.B. von Starbucks in-App-Payment kennen wir bis heute keine öffentlichen Zahlen zu den Payment-Volumen von Lidl Pay und Payback Pay.

In Zeiten vollmundiger PR-Versprechungen und stolzen Präsentationen über die eigenen Erfolge bei den einschlägigen Kongressen ist eine solche fehlende Aussage zu den Paymentvolumen der hauseigenen Apps auch eine klare, eindeutige Nachricht. Die Payment Volumen sind wohl im prozentualenualen Zahlungsmix der Händler als auch im Gesamtvolumen für die Anbieter noch immer zu vernachlässigen. Anders gesagt: Mit der großen globalen Ausnahme Starbucks App-Payment sind hauseigene Händler-Paymentverfahren via App in Deutschland wohl eher ein „nice to have“, aber keine wirkliche ernst zu nehmende Zahlmethode, die vom Kunden angenommen wurde.


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REWE hat traditionell eine starke Affinität zu hauseigenem Payment. REWE startete vor über 10 Jahren einen eigenen Girocard Netzbetrieb. Sie waren bei Yapital neben der Gründungsgesellschaft Otto der einzige wirkliche relevante externe Händler, der das gescheiterte QR-basierte Mobile Payment einführte. Mit Paymenttools als komplette eigenständige Zahlungsplattform ist REWE wieder stark in Payment-Themen integriert.  Wir können angesichts dieser starken Payment-Expertise bei REWE aber trotzdem davon ausgehen, daß nach dem operativen Payback und Payback Pay Ausstieg REWE wohl auch mit einem REWE Pay kommen wird. Lassen wir uns daher überraschen!

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