Nachhaltige und saubere Geldanlage ein Megatrend? Klar. Nur: Wie nachhaltig muss es sein, um gutes Gewissen und gute Erträge miteinander zu versöhnen? Wie soll das funktionieren und machen die Anleger da eigentlich mit? Und wie viel trauen sich Anleger und Banken bei ihren Investments eigentlich zu?
Umweltaktivistin Greta Thunberg auf dem Cover der Modezeitschrift Vogue? In einem Interview erklärt die Schwedin hinterher, sie selbst habe seit Jahren keine Mode gekauft. Und auch der Umhang vom Cover sei nur geliehen.
Für die Umwelt ist das eine gute Nachricht – ohne Produktion auch keine Belastung. Für die Modeindustrie ist der Ansatz aber eher schwierig, denn sie lebt vom Verkauf und vom Umsatz ihrer Kollektionen. Doch was hat das Ganze mit nachhaltiger Geldanlage zu tun?
Differenzierung wird wichtig
Die Antwort ist einfach: Es zeigt, dass bestimmte Positionen aus Wirtschaft mit der Nachhaltigkeit miteinander vereint werden müssen. Ein nur scheinbarer Widerspruch. Vor allem aber eine Frage der Definition: „Was ganz wichtig ist, ist, dass wir bei nachhaltigen Geldanlagen auch in Zukunft genauer hingucken: Ist es irgendetwas, das keinen Schaden anrichtet oder ist es irgendetwas, das etwas Gutes bewirken wird? Das ist eine Differenzierung, über die wir in der Zukunft sehr viel reden werden,“ sagt Professor Christian Klein von der Universität Kassel, der an zum Thema nachhaltige Finanzwirtschaft forscht.
Seine Einschätzung zielt ab auf die Frage, ob der nachhaltige Investment-Ansatz gerade in Aktien nur bestimmte Aspekte wie Umweltverschmutzung vermeidet oder eben auch auf Unternehmen einwirken will und sie damit zu besseren und nachhaltigeren Wirtschaften bringen will.
Die schmutzige Frage: Macht Dreck Performance?
Ein umfassender Ansatz, in dessen Richtung sich einiges bewegt. „Die derzeitige Entwicklung zeigt eine vorsichtige Öffnung für die sogenannten ESG-Faktoren, da es schrittweise verstanden wird, dass soziale, ökologischen und auch Governance-bezogene und damit auch systemisch-haltungsseitige Fragestellungen relevant für die Finanz- und Wirtschaftsstabilität und damit für alle Akteure des Finanz- und Wirtschaftssystems sind“, sagt Jan Köpper, Leiter der Stabsstelle Wirkungstransparenz und Nachhaltigkeit in der GLS Bank.
Es bewegt sich also etwas; Nachhaltigkeit ist einer der Megatrends bei der Geldanlage. Nur: Wie nachhaltig soll die Nachhaltigkeit sein? Reicht ein grünes Mäntelchen, also eine verwässerte Strategie. Oder braucht es mehr? Anleger tun sich da schwer. Dabei gilt: Je nachhaltiger, umso besser – auch für die Zahlen.
„Sehr viele Studien zeigen, dass nachhaltige Geldanlagen weder schlechtere Renditen noch höhere Risiken als traditionelle Investments haben“, sagt Dirk Söhnholz, Honorarprofessor für Asset Management an der Universität Leipzig. „Das umfasst auch Investments, die bewusst bestimmte Anlagen ausschließen. Damit spricht alles für nachhaltige Geldanlagen.“ Bedeutet auch: es braucht keinen Dreck – nachhaltig bedenkliche Unternehmen – im Depot, konsequente Nachhaltigkeit nützt.
Anleger scheuen das Risiko vor Abweichungen
Das zeigt sich auch in der Praxis: „Börsennotierte Socially Responsible Investment Indexfonds (SRI ETFs) meist weniger Wertpapiere als andere nachhaltige ETFs“, so Söhnholz. „Ihre Rendite ist trotzdem oft besser als die von breiter diversifizierten ETFs.“ Mit anderen Worten: die Streuung ist dennoch gewährleistet. Trotzdem, so Söhnholz, scheuen viele Anleger das Risiko, von breit gestreuten Indizes abzuweichen. Vermutlich auch, weil sie damit vom Verhalten der Mehrheit abweichen und sich damit angreifbar machen, sollte sich das Investment nicht wie erwartet entwickeln. Hinzu kommt: „Und Anbieter, die viel Anlegergeld verwalten, wollen meist auch sehr breit diversifizieren.“
Kein Wunder also, dass eine lockere Definition der Nachhaltigkeit für Finanzhäuser verlockend ist. Denn damit ist der Raster gröber und die Auswahl investierbarer Papiere größer. „Dadurch fällt es leicht, einzelne Kriterien aufzunehmen, etwa geringere CO2-Emissionen – aber der wahre Wert dieser sozialen Fundamente und ökologischen Leitplanken für die Finanz- & Wirtschaftsstabilität wird noch lange nicht verstanden“, sagt Köpper. „Ein bisschen ESG reicht vielleicht kurzfristig für die Marktpositionierung, für eine langfristige Strategie aber brauchen wir ein gänzlich neues Verständnis.“ Vogue hin oder her.
Quellen:
Titelbild: RomoloTavani (istockphoto.com)