Nach Funding: Fintech Qonto will Deutschlands Marktführer werden

Qonto macht wieder einmal von sich reden. Mit seinem frischen Funding in Höhe von insgesamt 486 Millionen Euro und einer Milliardenbewertung stieg das französische Banken-Fintech Qonto zuletzt in die Riege der Einhörner auf. Nach Daten von CB Insights dürfte Qonto damit zum wertvollsten Start-up Frankreichs aufgestiegen sein.

100 Millionen Euro sind für die weitere Expansion auf dem deutschen Markt vorgesehen. Nach eigenen Angaben haben die Franzosen auf alle Märkte verteilt 220.000 Kunden, viele weitere sollen folgen, darunter primär aus Deutschland. Qonto konkurriert hierzulande nicht nur mit traditionellen Bankhäusern, sondern vermehrt auch mit Start-ups wie Penta, Holvi, Fyrst oder Kontist. Das liegt unter anderem an der geschäftlichen Neuausrichtung und den Plänen nach dem Geldregen!

Wir sprechen mit dem Deutschlandchef Torben Rabe über den Verwendungszweck des Geldes, was die Expansionspläne für die hiesigen Mitbewerber bedeutet und ob nach den Fundings die traditionellen Banken wieder mehr um die Unternehmensgründer kümmern wird, bevor digitale Lösungen der Fintechs den Markt unter sich aufteilen.

Qonto hat insgesamt 486 Millionen Euro eingesammelt, davon soll, so das Unternehmen, über 100 Mio. Euro in den deutschen Markt investiert werden. Was heißt das konkret für den Markt, die Mitbewerber und für die Entwicklung von Qonto?

Wir wollen dieses Geld innerhalb der nächsten zwei Jahre investieren. Im Jahr 2021 sind wir in Deutschland um 170 Prozent gewachsen und haben die Kundenbasis knapp verdreifacht. Dieses Wachstum wollen wir 2022 fortsetzen und noch stärker unsere Marktführerschaft auch in Deutschland etablieren. Bis 2025 sollen laut Unternehmenszielen 75 Prozent der Neukunden von außerhalb Frankreichs kommen, Deutschland soll hiervon einen signifikanten Teil einnehmen.

Was bedeutet das konkret?

Ich sehe drei Ziele im deutschen Markt: Wir wollen die Produkte verbessern,neue Dienstleistungen anbieten und hierzulande die gesamte Bandbreite an digitalem Geschäftsbanking anbieten. Das umfasst Lösungen bin hin zur integrierten Buchhaltung und Zahlungsverpflichtung für Teams. Der Produktfokus liegt in Deutschland auf Gründern und kleinen Unternehmen, denn der Bedarf ist hierzulande besonders groß. Diese Gruppe macht aktuell etwa ein Drittel unserer Neukunden aus.

Hinzu kommt die Verbesserung der DATEV-Anbindung und darüber hinaus werden wir weitere Features beim Thema Buchhaltung und Ausgabenmanagement schaffen. Wir werden unsere aktuell 18 Partnerschaften in Deutschland weiter ausbauen und gleichzeitig künftig noch mehr aktiv im deutschen Ökosystem agieren, beispielsweise durch Events. Außerdem wollen wir unsere Mitarbeiterzahl von derzeit 25 um weitere 100 erweitern.

Grabt ihr mit diesem Fokus nun verstärkt am Kundenstamm von Kontist und anderen Wettbewerbern?

Der Markt ist sehr groß und noch nicht saturiert mit digitalen Wettbewerbern. Der Gesamtmarkt wird nach wie vor von traditionellen Banken beherrscht. Die digitalen Wettbewerber fangen jetzt erst wirklich damit an, einen größeren Teil des Marktes abzudecken. Aber ja, es gibt einige Wettbewerber, die ein ähnliches Geschäftsmodell anbieten.

Wie groß ist der Markt in Deutschland?

Nach einem deutlichen Rückgang der Gründungsquote innerhalb der letzten 15 Jahre liegt sie aktuell bei etwa 600 000 Gründungen im Jahr. Man sieht, dass die Rahmenbedingungen vielleicht noch nicht ideal sind. Wir unterscheiden zwischen Chancengründungen, darunter auch Startups, und Gesellschaftsgründung für eine Holding oder ähnliches. Das Angebot von Qonto kann beide abdecken, aber Chancengründungen begleiten wir von Anfang an, so dass der Kunde über die Jahre weitere Features hinzuziehen kann.

Zwei Drittel des Kundenstamms sind somit keine Gründer. Wer ist das und warum bekommen die so wenig von dem Geld ab? Welche strategische Entscheidung liegt dahinter?

Viele der Sachen, die wir uns vorgenommen haben für die nächsten ein bis zwei Jahre, werden vielen unserer Kundensegmente zugutekommen. Auf globaler Ebene gibt es die Bestrebung, dass wir auch stärker Tools für die Buchhaltung integrieren und mehr auf Ausgabenmanagement setzen. Es ist jetzt schon möglich, Karten an Mitarbeiter zu vergeben.

Will Qonto quasi eine Art all-in-one Lösung für KMUs werden, der klassische Dreiklang aus Banking, Accounting und Ausgabenmanagement?

Unsere strategischen Entscheidungen basieren darauf zu prüfen, was die Kunden wirklich brauchen und wollen. Im Gegenzug fragen wir uns, was wir derzeit leisten und anbieten können. Manchmal macht es Sinn, zunächst mit Partnern zusammenzuarbeiten. Aber natürlich wollen wir uns auch inhouse in unserer Produktentwicklung weiterentwickeln, um den Kunden mehr anbieten zu können. Man kann hier in viele Richtungen denken. Qonto ist eine Plattform für viele verschiedene Aspekte.

Qonto ist auch in anderen Ländern aktiv. Bekommen die genauso viel Geld vom Gesamtinvest wie Deutschland?

Ja, auch in den anderen Ländern wird investiert. Teilweise auch in der Höhe, allerdings liegt der Fokus klar auf Deutschland, denn es ist gemessen an der Anzahl der Unternehmen ein Markt mit sehr viel Potenzial und bekommt daher entsprechend viel Aufmerksamkeit innerhalb Qontos.

Welches Signal sendet ihr denn damit in die Branche?

Wir wollen in den nächsten Jahren Marktführer werden! Die Segmente, die wir ansprechen, sind ja gerade auch die, die traditionell von den ursprünglichen traditionellen Banken vernachlässigt wurden.

Nicht nur ihr habt diese Kundengruppe längst im Blick, weitere Wettbewerber, teilweise mit großen Fundings im Rücken, auch. Wachen die Banken endlich auf? Hören sie den Weckruf?

Ich glaube ja, es sollte ein Weckruf sein, aber bei traditionellen Banken ist es teilweise eben so, dass es schwierig ist, darauf zu reagieren. In gewisser Weise auch ein „Innovators Dilemma“. Dadurch, dass Banken auch andere profitable Geschäftssegmente haben, ist es intern vielleicht schwierig durchzusetzen. Traditionelle Banken decken weiterhin sehr viel ab, und dann kommen digitale Player, die Teilbereiche übernehmen und modular arbeiten. Ich bin gespannt, was die kommenden Jahre bringen werden, aber Qonto sehe ich gut aufgestellt.

Autor

  • Die studierte Soziologin und Medienwissenschaftlerin beobachtet, analysiert und schreibt als Journalistin seit vielen Jahren über die Startup- und Fintechszene. In der Vergangenheit arbeitete sie für führende on- und offline Gründer- und Wirtschaftsmedien im In- und Ausland, moderiert und schrieb mit Kollegen ein Buch über Unternehmen im Ruhrgebiet. Seit 2019 arbeitet sie für Payment & Banking, seit 2020 ist sie festes Redaktionsmitglied und ist in dieser Position verantwortlich für alle Themen Content, Planung und Entwicklung neuer Medienformate. In ihrer Zeit bei Payment & Banking ist sie zudem eine eifrige Podcasterin geworden.

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