N26, Bunq & Co. – die Featurephones im Banking

N26, Bunq & Co. - die Featurephones im Banking

Der oder die ein oder andere wird sich vielleicht noch an das Jahr 2007 erinnern. Das Jahr, in dem die Erde kurz still stand und das erste richtige Smartphone vorgestellt wurde: das Apple iPhone. Vor ziemlich genau 13 Jahren wurde mit dem iPhone das Ende der sogenannten Featurephones eingeleitet und damit auch das Ende der bis dahin erfolgreichen Mobiltelefonsparte von Herstellern wie Nokia, Siemens, Sony Ericsson und Co. Bis 2007 dominierten Featurephones oder “Handys“ den kompletten Markt allen voran Nokia, welches noch 3 Monate vor der Vorstellung des iPhones den Titel des Forbes Magazin mit der Schlagzeile ”CAN ANYONE CATCH NOKIA?” zierte.

Dabei galt das Featurephone als Ablöse der alten, analogen Welt der Telefone. Der Mobilfunkmarkt startete Anfang der 90er Jahre und bereits im Jahr 2000 hatte mit 48,15 Millionen Kunden im Grunde jeder deutsche Haushalt ein Featurephone im Volksmund Handy genannt. Jedes Jahr kam eine neue Gerätekategorie auf den Markt. Handys die noch mehr konnten als das vorhergehende Modell. Wie Schweizer Taschenmesser konnten die Telefone zwar viel, aber nichts davon richtig, geschweige denn bedienbar. Es musste erst ein auf kundenzentriertes Design-Unternehmen wie Apple und später Google kommen, die uns eine Revolution bescherten. Das Smartphone, welches wir heute kennen.

Im Banken-Markt passiert etwas Ähnliches. NEO-Banken sind gekommen um die alte Welt der alten, analogen Banken abzulösen. Fintechs wie N26, bunq, Revolut, Vivid und Co. haben in den letzten Jahren eine beachtliche Anzahl an Kunden gewinnen können, weil Sie die schwächen der traditionellen Banken sahen und anders bedienten. Soweit so schön. Wenn es da nicht zwei kleine Probleme gibt.

Problem Nummer 1: Der Versäumnisse traditioneller Banken sind lösbar

Die Unterscheidungsmerkmale der NEO-Banken lassen sich in einem Satz zusammenfassen. Besseres UX bei den (mobilen) Apps, eine schicke Kreditkarte, freches Marketing und ein paar Features für Nerds. Das reicht bei N26 immerhin für über 5 Millionen Kunden. Die Welt dreht sich aber weiter und die trägen Retailbanken sind zwar immer noch träge aber flotter als noch vor ein paar Jahren. Da sich die Innovationsgeschwindigkeit der Neo-Banken auch in Grenzen hält, wird der Abstand geringer. Was bleibt denn vom digitalen Vorsprung? Apple oder Google Pay? Machen inzwischen alle.

Bessere Nutzerführung? Da gibts große Unterschiede. Ob nun das UX von bunq besser ist als das der Sparkasse oder Deutschen Bank, da kann man ein großes Fragezeichen dran machen. Da ist N26 zweifelsohne an der Spitze, aber das ist ein lösbares Problem. Und vergleicht man die Internetfiliale der Sparkasse, also das Webbanking, mit dem von N26, ist der Unterschied auch nicht mehr so groß. Anders ausgedrückt: Neo-Banken sind bei der Kundenansprache und UX in vielen Teilen besser. Aber nicht alles ist Gold was glänzt.

„Neo-Banken sind bei der Kundenansprache und UX in vielen Teilen besser. Aber nicht alles ist Gold was glänzt.“

Bleibt noch die schicke Kreditkarte, welche man in Zeiten von Google und Apple Pay ohnehin nicht mehr groß sieht. Marketing? Nicht jede Kampagne der Banken war langweilig oder altbacken. Im Gegenteil. Bleiben noch die Features. Neo-Banken kommen mit einem anderen, zum Teil erweiterten Funktionsumfang. Das meiste davon sind Add-Ons. Goodies, die Nice-2-have sind, aber bei der Anzeige des Kontostands, eine Überweisung tätigen und schauen, wo das Geld hingegangen sind, eine untergeordnete Rolle spielen. Und die vermeintliche Stärke der NEO-Banks zu 100 % digital zu sein, wird zu einem Nachteil, wenn man ein Problem hat und dieses nicht in einem persönlichen Gespräch klären kann. Wer mal einen finanziellen Engpass hatte, weiß, wovon die Rede ist.

Problem Nummer 2: NEO Banken kochen mit dem gleichen Wasser

Jedes Konto, egal ob nun von der Filialbank vor Ort oder von der schicken Chai-Latte-Hippster-Bank aus Berlin-Mitte, ist am Ende das Gleiche. Da ist nichts Revolutionäres. Um bei der Metapher vom Anfang zu bleiben: es sind Telefone, was aber fehlt ist das Smartphone unter den Banken. Und wenn dieses kommt, sei es von Google, Apple, Facebook oder sonst ein Player der mutig genug ist neue Wege zu gehen, werden alle gleichermaßen aus der Wäsche gucken. Dann wird Banking neu definiert. Und die Anzeichen dafür sieht man. Zum einen bei Apple mit der Apple Card und zum anderen bei Google zusammen mit der Citigroup die ein Bankkonto launchen wollen. Denn eines steht fest: dann wird nicht mehr mit Wasser gekocht.

Fazit

Fintechs, wie Kontist, Solaris, Penta oder Qonto, die nicht im Endkunden-Segment unterwegs sind, brauchen sich keine Sorgen zu machen. Das sind Nischen, auch große Nischen, in die auf Endkunden fokussierte GAFAs dieser Welt in der Regel nicht gehen. Zu speziell und nicht so leicht zu skalieren. Retailbanken haben noch immer das Groß an Kunden und sind (wie Goldman Sachs in den USA oder Citigroup in den USA) auch groß genug für Kooperationen.

Autor

  • Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment, Digital Identity, E-Commerce und Retail mit starkem Fokus auf „mobile“. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Er wurde von der Süddeutschen Zeitung in der Serie „Impulsgeber“ der Branche portraitiert und moderiert und spricht auf vielen Branchen-Events. Maik ist Imker.Maik ist Co-Founder von Payment & Banking und ist im Team mitverantwortlich für Marketing, Strategie und Events, insbesondere der Transactions.io

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